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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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eigen Tage der fruchtbarste Vertreter des Fortschritts in unserer Kunst ge¬
blieben" sei.

Vielleicht zu lange hat uns diese neueste modische Herausgabe beschäftigt;
doch galt es zu zeigen, daß alle die Untugenden, das; der ganze schrifstellerische
Leichtsinn, wie ihn die Biographie Beethovens zeigte, in dieser Briesammlung
wiederkehrt. Fährt Herr Professor Rost fort, in dieser leichten Manier
auch fernerhin Bücher zu machen, so mag er Kindern und Unwissenden damit
imponiren: eine wissenschaftliche Kritik wird weiter keine Notiz von ihm nehmen
können.




Dreiundachtzig neu aufgefundene Originalbriefe Ludwig van
Beethovens an den Erzherzog Rudolph. herausgegeben von
Dr. L. Ritter von Köchel. Wien, Beck. 186S.

Es ist wahrhaft wohlthuend, jenem Erzeugnisse anmaßender Nichtigkeit
eine Arbeit gegenüberstellen zu können, in der wir nicht allein eine wesentliche
Bereicherung unserer Kenntniß Beethovens, sondern zugleich eine Probe echter
wissenschaftlicher Sorgfalt zu erblicken haben.

Ritter von Köchel, der hochverdiente Verfasser des Mvzartkatalogs, bietet
uns hier 83 in dem Nachlasse des Erzherzogs Ludwig Joseph vorgefundene
Briefe Beethovens an Elzherzog Rudolph, seinen langjährigen Schüler und
wohlwollenden Freund; er fügt denselben noch drei an den Kammerherrn von
Schweiger gerichtete bei. Er schickt den Briefen eine Einleitung voraus, worin
er das Verhältniß des Künstlers zu seinem hohen Freunde und Gönner, wie
es diese Briefe zum ersten Male vollständig klar vor Augen stellen, in treffen¬
der Kürze schildert und daraus hinweist, wie sehr jenes Verhältniß kein blos
äußerliches, sondern aus der höchsten beiderseitigen Hochschätzung beruhendes
war. Dann zählt er die, für Beethovens Leben wichtigen Punkte auf. die in
denselben berührt werden; auch auf die in den Briefen erwähnten Compo-
sitionen macht er kurz aufmerksam; und so zieht er schon gleich selbst die
Summe dessen, was wir den Briefen neues verdanken und hat dadurch dem
künftigen Biographen in dankenswerther Weise vorgearbeitet.

Hierauf folgen nun die Briefe selbst (mit Weglassung der Ueber- und
Unterschriften, die sich in allen gleichmäßig wiederholen) im Allgemeinen in
chronologischer Folge; wo das nicht anging, und nicht deutliche Zeichen auch
ohne Datum auf die Zeit schließen ließen (was namentlich schwierig war bei
den vielen undatirten Entschuldigungsbillets), da hat er sich nicht auf haltlose
und unwahrscheinliche Vermuthungen eingelassen, sondern eine ganze Reihe der¬
selben am Schlüsse zusammengestellt, und auch in den früheren, wie S. 15 ge¬
sagt wird, mehr die Zusammengehörigkeit dem Inhalte nach, als das Datum


eigen Tage der fruchtbarste Vertreter des Fortschritts in unserer Kunst ge¬
blieben" sei.

Vielleicht zu lange hat uns diese neueste modische Herausgabe beschäftigt;
doch galt es zu zeigen, daß alle die Untugenden, das; der ganze schrifstellerische
Leichtsinn, wie ihn die Biographie Beethovens zeigte, in dieser Briesammlung
wiederkehrt. Fährt Herr Professor Rost fort, in dieser leichten Manier
auch fernerhin Bücher zu machen, so mag er Kindern und Unwissenden damit
imponiren: eine wissenschaftliche Kritik wird weiter keine Notiz von ihm nehmen
können.




Dreiundachtzig neu aufgefundene Originalbriefe Ludwig van
Beethovens an den Erzherzog Rudolph. herausgegeben von
Dr. L. Ritter von Köchel. Wien, Beck. 186S.

Es ist wahrhaft wohlthuend, jenem Erzeugnisse anmaßender Nichtigkeit
eine Arbeit gegenüberstellen zu können, in der wir nicht allein eine wesentliche
Bereicherung unserer Kenntniß Beethovens, sondern zugleich eine Probe echter
wissenschaftlicher Sorgfalt zu erblicken haben.

Ritter von Köchel, der hochverdiente Verfasser des Mvzartkatalogs, bietet
uns hier 83 in dem Nachlasse des Erzherzogs Ludwig Joseph vorgefundene
Briefe Beethovens an Elzherzog Rudolph, seinen langjährigen Schüler und
wohlwollenden Freund; er fügt denselben noch drei an den Kammerherrn von
Schweiger gerichtete bei. Er schickt den Briefen eine Einleitung voraus, worin
er das Verhältniß des Künstlers zu seinem hohen Freunde und Gönner, wie
es diese Briefe zum ersten Male vollständig klar vor Augen stellen, in treffen¬
der Kürze schildert und daraus hinweist, wie sehr jenes Verhältniß kein blos
äußerliches, sondern aus der höchsten beiderseitigen Hochschätzung beruhendes
war. Dann zählt er die, für Beethovens Leben wichtigen Punkte auf. die in
denselben berührt werden; auch auf die in den Briefen erwähnten Compo-
sitionen macht er kurz aufmerksam; und so zieht er schon gleich selbst die
Summe dessen, was wir den Briefen neues verdanken und hat dadurch dem
künftigen Biographen in dankenswerther Weise vorgearbeitet.

Hierauf folgen nun die Briefe selbst (mit Weglassung der Ueber- und
Unterschriften, die sich in allen gleichmäßig wiederholen) im Allgemeinen in
chronologischer Folge; wo das nicht anging, und nicht deutliche Zeichen auch
ohne Datum auf die Zeit schließen ließen (was namentlich schwierig war bei
den vielen undatirten Entschuldigungsbillets), da hat er sich nicht auf haltlose
und unwahrscheinliche Vermuthungen eingelassen, sondern eine ganze Reihe der¬
selben am Schlüsse zusammengestellt, und auch in den früheren, wie S. 15 ge¬
sagt wird, mehr die Zusammengehörigkeit dem Inhalte nach, als das Datum


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[0396] eigen Tage der fruchtbarste Vertreter des Fortschritts in unserer Kunst ge¬ blieben" sei. Vielleicht zu lange hat uns diese neueste modische Herausgabe beschäftigt; doch galt es zu zeigen, daß alle die Untugenden, das; der ganze schrifstellerische Leichtsinn, wie ihn die Biographie Beethovens zeigte, in dieser Briesammlung wiederkehrt. Fährt Herr Professor Rost fort, in dieser leichten Manier auch fernerhin Bücher zu machen, so mag er Kindern und Unwissenden damit imponiren: eine wissenschaftliche Kritik wird weiter keine Notiz von ihm nehmen können. Dreiundachtzig neu aufgefundene Originalbriefe Ludwig van Beethovens an den Erzherzog Rudolph. herausgegeben von Dr. L. Ritter von Köchel. Wien, Beck. 186S. Es ist wahrhaft wohlthuend, jenem Erzeugnisse anmaßender Nichtigkeit eine Arbeit gegenüberstellen zu können, in der wir nicht allein eine wesentliche Bereicherung unserer Kenntniß Beethovens, sondern zugleich eine Probe echter wissenschaftlicher Sorgfalt zu erblicken haben. Ritter von Köchel, der hochverdiente Verfasser des Mvzartkatalogs, bietet uns hier 83 in dem Nachlasse des Erzherzogs Ludwig Joseph vorgefundene Briefe Beethovens an Elzherzog Rudolph, seinen langjährigen Schüler und wohlwollenden Freund; er fügt denselben noch drei an den Kammerherrn von Schweiger gerichtete bei. Er schickt den Briefen eine Einleitung voraus, worin er das Verhältniß des Künstlers zu seinem hohen Freunde und Gönner, wie es diese Briefe zum ersten Male vollständig klar vor Augen stellen, in treffen¬ der Kürze schildert und daraus hinweist, wie sehr jenes Verhältniß kein blos äußerliches, sondern aus der höchsten beiderseitigen Hochschätzung beruhendes war. Dann zählt er die, für Beethovens Leben wichtigen Punkte auf. die in denselben berührt werden; auch auf die in den Briefen erwähnten Compo- sitionen macht er kurz aufmerksam; und so zieht er schon gleich selbst die Summe dessen, was wir den Briefen neues verdanken und hat dadurch dem künftigen Biographen in dankenswerther Weise vorgearbeitet. Hierauf folgen nun die Briefe selbst (mit Weglassung der Ueber- und Unterschriften, die sich in allen gleichmäßig wiederholen) im Allgemeinen in chronologischer Folge; wo das nicht anging, und nicht deutliche Zeichen auch ohne Datum auf die Zeit schließen ließen (was namentlich schwierig war bei den vielen undatirten Entschuldigungsbillets), da hat er sich nicht auf haltlose und unwahrscheinliche Vermuthungen eingelassen, sondern eine ganze Reihe der¬ selben am Schlüsse zusammengestellt, und auch in den früheren, wie S. 15 ge¬ sagt wird, mehr die Zusammengehörigkeit dem Inhalte nach, als das Datum

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/396>, abgerufen am 22.07.2024.