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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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mit seiner Ueberzeugung hervortreten können. Vielleicht, daß dann auch das
Mißtrauen in den Protestantenverein und die verwandten Bestrebungen sich
hebt, welche bisher, wesentlich aus den oben schon berührten Gründen, in
Sch /. waben nicht das mindeste Echo gesunden haben.




Zur preußischen Thronrede.

Die Regierung wie die Opposition in Preußen haben in dem letzten Jahre
Veranlassung gehabt, zu erkennen, wie verhängnißvoll der innere Conflict auf
die auswärtige Politik des Staates zurückwirkte. Es ist ein ernster Anruf des
preußischen Patriotismus, mit welchem die Thronrede schließt, und wohl ziemt
der liberalen Presse, darauf zu antworten.

Wenn die Thronrede eine Verständigung über die Heercsorganisation nicht
erwartet und doch eine Verständigung über wichtige Gesetzvorlagen und Credit¬
forderungen in Aussicht nimmt, so wünschen auch wir, daß das Abgeordneten¬
haus sich durch den ungcsühnten Zwist nicht abhalten lasse, die vorgelegten
Gesetzentwürfe unbefangener Würdigung zu unterziehen. Aber das gegenwärtige
Ministerium weiß auch sehr wohl, daß nicht die Militärfrage allein seine Ver¬
ständigung mit dem preußischen Volk verhindert. Es ist fast nur Zufall, daß
diese Frage als Erisapfel zwischen Volk und Krone geschleudert ward; würde
sie heute erledigt, so würde morgen unter dem gegenwärtigen System eine an¬
dere, nicht weniger aufregende, ein neues Schisma hervorrufen, die Frage über Mi¬
litärgerichtsbarkeit, über Zusammensetzung des Herrenhauses, über die ministerielle
Methode, administrative Gesetze in Liebe und Haß zu interpretiren, und vieles
Andere. Der Kampf geht nicht um eine einzelne Organisation, es ist ein tiefer
und unsühnbarer Gegensatz und dieser heißt: hier persönliches Regiment, dort
verfassungsmäßige Regierung. Nur ein gründlicher System- und Personen¬
wechsel vermag dem preußischen Staat den innern Frieden zurückzugeben. Wer
noch anderes hofft, verkennt die Größe des Conflictes und die Erbitterung der
Menschen.

Vorsichtig rührt die Thronrede auch an die Schleswig-holsteinische Frage.
Die Erfahrungen des letzten Halbjahres sind dazu angethan, dieselbe Vorsicht
auch den Abgeordneten zu empfehlen.

Daß der Vertrag von Gastein eine verhängnißvolle Maßregel war, welche
widerwärtige Schwierigkeiten dadurch beseitigt hat, daß sie eine Reihe von


mit seiner Ueberzeugung hervortreten können. Vielleicht, daß dann auch das
Mißtrauen in den Protestantenverein und die verwandten Bestrebungen sich
hebt, welche bisher, wesentlich aus den oben schon berührten Gründen, in
Sch /. waben nicht das mindeste Echo gesunden haben.




Zur preußischen Thronrede.

Die Regierung wie die Opposition in Preußen haben in dem letzten Jahre
Veranlassung gehabt, zu erkennen, wie verhängnißvoll der innere Conflict auf
die auswärtige Politik des Staates zurückwirkte. Es ist ein ernster Anruf des
preußischen Patriotismus, mit welchem die Thronrede schließt, und wohl ziemt
der liberalen Presse, darauf zu antworten.

Wenn die Thronrede eine Verständigung über die Heercsorganisation nicht
erwartet und doch eine Verständigung über wichtige Gesetzvorlagen und Credit¬
forderungen in Aussicht nimmt, so wünschen auch wir, daß das Abgeordneten¬
haus sich durch den ungcsühnten Zwist nicht abhalten lasse, die vorgelegten
Gesetzentwürfe unbefangener Würdigung zu unterziehen. Aber das gegenwärtige
Ministerium weiß auch sehr wohl, daß nicht die Militärfrage allein seine Ver¬
ständigung mit dem preußischen Volk verhindert. Es ist fast nur Zufall, daß
diese Frage als Erisapfel zwischen Volk und Krone geschleudert ward; würde
sie heute erledigt, so würde morgen unter dem gegenwärtigen System eine an¬
dere, nicht weniger aufregende, ein neues Schisma hervorrufen, die Frage über Mi¬
litärgerichtsbarkeit, über Zusammensetzung des Herrenhauses, über die ministerielle
Methode, administrative Gesetze in Liebe und Haß zu interpretiren, und vieles
Andere. Der Kampf geht nicht um eine einzelne Organisation, es ist ein tiefer
und unsühnbarer Gegensatz und dieser heißt: hier persönliches Regiment, dort
verfassungsmäßige Regierung. Nur ein gründlicher System- und Personen¬
wechsel vermag dem preußischen Staat den innern Frieden zurückzugeben. Wer
noch anderes hofft, verkennt die Größe des Conflictes und die Erbitterung der
Menschen.

Vorsichtig rührt die Thronrede auch an die Schleswig-holsteinische Frage.
Die Erfahrungen des letzten Halbjahres sind dazu angethan, dieselbe Vorsicht
auch den Abgeordneten zu empfehlen.

Daß der Vertrag von Gastein eine verhängnißvolle Maßregel war, welche
widerwärtige Schwierigkeiten dadurch beseitigt hat, daß sie eine Reihe von


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[0166] mit seiner Ueberzeugung hervortreten können. Vielleicht, daß dann auch das Mißtrauen in den Protestantenverein und die verwandten Bestrebungen sich hebt, welche bisher, wesentlich aus den oben schon berührten Gründen, in Sch /. waben nicht das mindeste Echo gesunden haben. Zur preußischen Thronrede. Die Regierung wie die Opposition in Preußen haben in dem letzten Jahre Veranlassung gehabt, zu erkennen, wie verhängnißvoll der innere Conflict auf die auswärtige Politik des Staates zurückwirkte. Es ist ein ernster Anruf des preußischen Patriotismus, mit welchem die Thronrede schließt, und wohl ziemt der liberalen Presse, darauf zu antworten. Wenn die Thronrede eine Verständigung über die Heercsorganisation nicht erwartet und doch eine Verständigung über wichtige Gesetzvorlagen und Credit¬ forderungen in Aussicht nimmt, so wünschen auch wir, daß das Abgeordneten¬ haus sich durch den ungcsühnten Zwist nicht abhalten lasse, die vorgelegten Gesetzentwürfe unbefangener Würdigung zu unterziehen. Aber das gegenwärtige Ministerium weiß auch sehr wohl, daß nicht die Militärfrage allein seine Ver¬ ständigung mit dem preußischen Volk verhindert. Es ist fast nur Zufall, daß diese Frage als Erisapfel zwischen Volk und Krone geschleudert ward; würde sie heute erledigt, so würde morgen unter dem gegenwärtigen System eine an¬ dere, nicht weniger aufregende, ein neues Schisma hervorrufen, die Frage über Mi¬ litärgerichtsbarkeit, über Zusammensetzung des Herrenhauses, über die ministerielle Methode, administrative Gesetze in Liebe und Haß zu interpretiren, und vieles Andere. Der Kampf geht nicht um eine einzelne Organisation, es ist ein tiefer und unsühnbarer Gegensatz und dieser heißt: hier persönliches Regiment, dort verfassungsmäßige Regierung. Nur ein gründlicher System- und Personen¬ wechsel vermag dem preußischen Staat den innern Frieden zurückzugeben. Wer noch anderes hofft, verkennt die Größe des Conflictes und die Erbitterung der Menschen. Vorsichtig rührt die Thronrede auch an die Schleswig-holsteinische Frage. Die Erfahrungen des letzten Halbjahres sind dazu angethan, dieselbe Vorsicht auch den Abgeordneten zu empfehlen. Daß der Vertrag von Gastein eine verhängnißvolle Maßregel war, welche widerwärtige Schwierigkeiten dadurch beseitigt hat, daß sie eine Reihe von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/166>, abgerufen am 22.07.2024.