Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.Münchener Kunst der Gegenwart. Das Kunstinteresse. Der Kunstverein und seine Genremalerei. Königsdenkmal und Seit einigen Jahrzehnten ist die Theilnahme des größeren Publikums für die Münchener Kunst der Gegenwart. Das Kunstinteresse. Der Kunstverein und seine Genremalerei. Königsdenkmal und Seit einigen Jahrzehnten ist die Theilnahme des größeren Publikums für die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0305" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/282546"/> </div> <div n="1"> <head> Münchener Kunst der Gegenwart.</head><lb/> <p xml:id="ID_839"> Das Kunstinteresse. Der Kunstverein und seine Genremalerei. Königsdenkmal und<lb/> Volkstheater.</p><lb/> <p xml:id="ID_840" next="#ID_841"> Seit einigen Jahrzehnten ist die Theilnahme des größeren Publikums für die<lb/> bildenden Künste in fortwährendem Zunehmen begriffen. Mit dem ihr eigenthüm¬<lb/> lichen historischen Sinn ist unsere Zeit auch in die Kunstgeschichte tiefer eingedrungen.<lb/> In dieser war sie bemüht, die künstlerische Anschauung und die Gcstaltungsweise<lb/> der vergangenen Epochen unserem Verständniß nahe zu bringen und damit eine<lb/> anschauliche Schilderung von der Art der großen Meister und ihren noch er¬<lb/> haltenen Werken zu verbinden. Indem sie die Vergangenheit aufschloß, hat<lb/> diese geschichtliche Kunstbetrachtung zur Belebung des heutigen Kunstinteresses<lb/> mindestens ebenso viel beigetragen, als die eigenen Leistungen des Zeitalters:<lb/> namentlich seit es neuerdings an Versuchen nicht fehlt, den Ergebnissen jener<lb/> Forschungen durch populäre und gefällige Form eine weitere Ausbreitung zu<lb/> geben. Allerdings ist dieser literarische Ursprung, die Anregung aus zweiter<lb/> Hand dem neuerwachten Kunstsinn wohl anzumerken. Es fehlt ihm an ursprüng¬<lb/> licher Frische und der eigenthümlichen, in das Kunstwerk sich einlebenden Em-<lb/> Pfindung. an dem nachschaffenden Auge, welche das Bild in den Fluß der Phan¬<lb/> tasie zurückversetzt und beseelend in das Innere aufnimmt. Doch ein Fort¬<lb/> schreiten der Theilnahme und des Verständnisses ist seit den zwanziger Jahren<lb/> unverkennbar. Jetzt gilt auch in den weiteren Laienkreisen die Beschäftigung<lb/> mit den Dinge» der Kunst nicht mehr, wie im ersten Viertel des Jahrhunderts,<lb/> für eine müßige Liebhaberei, sondern für ein Bedürfniß der Bildung. In allen<lb/> Zeiten aber sind der Grad und die Tiefe der allgemeinen Empfänglichkeit von<lb/> großem Einfluß auf das künstlerische Schaffen selber gewesen. Nicht blos durch<lb/> die schwächere oder stärkere Theilnahme, welche diesem entgegenkam, sondern<lb/> Mehr noch durch das Interesse an den Stoffen, welche man behandelt, und<lb/> die besondere Empfindungsweise, die man Versinnlicht haben wollte. Diese<lb/> Seite des Kunstlebens, welche als die aufnehmende zur andern, der her¬<lb/> vorbringenden, die ergänzende Hälfte bildet, spielt auch in der Entwickelung<lb/> der modernen Kunst eine Rolle, und sie hat in dieser Ansicht eine Bedeutung,<lb/> auch für die Münchener Zustände, die, wie mir scheint, bisher nicht genug be¬<lb/> achtet ist. Nicht blos zeigt sich im Fortgang und Wechsel des modernen Kunst¬<lb/> sinnes, wie in einem vergrößerten Spiegelbilde, die Wirkung von dem, was</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0305]
Münchener Kunst der Gegenwart.
Das Kunstinteresse. Der Kunstverein und seine Genremalerei. Königsdenkmal und
Volkstheater.
Seit einigen Jahrzehnten ist die Theilnahme des größeren Publikums für die
bildenden Künste in fortwährendem Zunehmen begriffen. Mit dem ihr eigenthüm¬
lichen historischen Sinn ist unsere Zeit auch in die Kunstgeschichte tiefer eingedrungen.
In dieser war sie bemüht, die künstlerische Anschauung und die Gcstaltungsweise
der vergangenen Epochen unserem Verständniß nahe zu bringen und damit eine
anschauliche Schilderung von der Art der großen Meister und ihren noch er¬
haltenen Werken zu verbinden. Indem sie die Vergangenheit aufschloß, hat
diese geschichtliche Kunstbetrachtung zur Belebung des heutigen Kunstinteresses
mindestens ebenso viel beigetragen, als die eigenen Leistungen des Zeitalters:
namentlich seit es neuerdings an Versuchen nicht fehlt, den Ergebnissen jener
Forschungen durch populäre und gefällige Form eine weitere Ausbreitung zu
geben. Allerdings ist dieser literarische Ursprung, die Anregung aus zweiter
Hand dem neuerwachten Kunstsinn wohl anzumerken. Es fehlt ihm an ursprüng¬
licher Frische und der eigenthümlichen, in das Kunstwerk sich einlebenden Em-
Pfindung. an dem nachschaffenden Auge, welche das Bild in den Fluß der Phan¬
tasie zurückversetzt und beseelend in das Innere aufnimmt. Doch ein Fort¬
schreiten der Theilnahme und des Verständnisses ist seit den zwanziger Jahren
unverkennbar. Jetzt gilt auch in den weiteren Laienkreisen die Beschäftigung
mit den Dinge» der Kunst nicht mehr, wie im ersten Viertel des Jahrhunderts,
für eine müßige Liebhaberei, sondern für ein Bedürfniß der Bildung. In allen
Zeiten aber sind der Grad und die Tiefe der allgemeinen Empfänglichkeit von
großem Einfluß auf das künstlerische Schaffen selber gewesen. Nicht blos durch
die schwächere oder stärkere Theilnahme, welche diesem entgegenkam, sondern
Mehr noch durch das Interesse an den Stoffen, welche man behandelt, und
die besondere Empfindungsweise, die man Versinnlicht haben wollte. Diese
Seite des Kunstlebens, welche als die aufnehmende zur andern, der her¬
vorbringenden, die ergänzende Hälfte bildet, spielt auch in der Entwickelung
der modernen Kunst eine Rolle, und sie hat in dieser Ansicht eine Bedeutung,
auch für die Münchener Zustände, die, wie mir scheint, bisher nicht genug be¬
achtet ist. Nicht blos zeigt sich im Fortgang und Wechsel des modernen Kunst¬
sinnes, wie in einem vergrößerten Spiegelbilde, die Wirkung von dem, was
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