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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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hier thätig waren, von den Diakonissen, den barmherzigen Schwestern, den
Rauhäuslern u. s. w. Sie alle haben nicht blos gegeben, sondern auch ge¬
wonnen, bei den zunächst Betheiligten eine dankbare Erinnerung, bei dem großen
Publicum ein gewisses Capital von Achtung, mit welchem die. welche ihre
Obern sind, seinerzeit nicht verfehlen werden, weiteres Capital zu erwerben.
Dafür, daß das Mittelalter mit seinen Rittern und Nonnen uns nicht über
den Kopf wächst, ist indeß gesorgt.




Im Norden des Lymfjord.

Wenn wir gewissen Berichten glauben dürfen, wäre Jütland eines der
ärmsten und unschönsten Länder der Welt, wenig mehr als Haide und Moor
und von einem Volke bewohnt, wie es auf solchen Boden gehört. Wir hätten
dann in dem Lande etwa eine halbe Wüste, in seinen Bewohnern halbe Wilde
vor uns. Indeß ist nicht alles , was gedruckt ist, auch wahr, und die er¬
wähnten Gerüchte sind, wenn auch nicht geradezu Fabeln, doch arge Ueber¬
treibungen.

Wahr ist, daß Jütlands Haiden und Sanddünen größere Dimensionen
haben als die Haidestriche und Dünen Schleswigs, auch das Volk ist weniger
gebildet und weniger sauber als im Süden der Halbinsel, und nicht ganz ohne
Grund gilt der Jude dem Schleswig-Holsteiner wie dem Jnseldänen als der
Typus des Plumpen und Stumpfen.

Aber die Regel hat sowohl was das Land als was das Volk betrifft,
ihre zahlreichen Ausnahmen. Der südliche Theil Jütlands unterscheidet sich
überhaupt nicht sehr von dem Nachbarlande jenseits der Königsau und, wo dies
der Fall ist, wenigstens im Osten nicht zu seinem Nachtheil. Er ist wasser¬
reicher als Schleswig und wird von der weithin schiffbaren Gudenaa, dem
größten Flusse Dänemarks, durchströmt. Schön gestaltete Föhrden, mit Laub¬
wald bekränzt, reichen weit in das Land hinein. Ein Gebirgszug. wenn man
so sagen darf, von ziemlicher Höhe, der sich im Himmelsberg höher als irgend¬
einer der Hügel an der Schleswig-holsteinischen Ostseeküste erhebt, eine Anzahl
kleiner und großer Landseen bringen Abwechselung in die Landschaft, und die
Gegenden von Vene und Silkeborg gehören zu den anmuthigsten im ganzen


hier thätig waren, von den Diakonissen, den barmherzigen Schwestern, den
Rauhäuslern u. s. w. Sie alle haben nicht blos gegeben, sondern auch ge¬
wonnen, bei den zunächst Betheiligten eine dankbare Erinnerung, bei dem großen
Publicum ein gewisses Capital von Achtung, mit welchem die. welche ihre
Obern sind, seinerzeit nicht verfehlen werden, weiteres Capital zu erwerben.
Dafür, daß das Mittelalter mit seinen Rittern und Nonnen uns nicht über
den Kopf wächst, ist indeß gesorgt.




Im Norden des Lymfjord.

Wenn wir gewissen Berichten glauben dürfen, wäre Jütland eines der
ärmsten und unschönsten Länder der Welt, wenig mehr als Haide und Moor
und von einem Volke bewohnt, wie es auf solchen Boden gehört. Wir hätten
dann in dem Lande etwa eine halbe Wüste, in seinen Bewohnern halbe Wilde
vor uns. Indeß ist nicht alles , was gedruckt ist, auch wahr, und die er¬
wähnten Gerüchte sind, wenn auch nicht geradezu Fabeln, doch arge Ueber¬
treibungen.

Wahr ist, daß Jütlands Haiden und Sanddünen größere Dimensionen
haben als die Haidestriche und Dünen Schleswigs, auch das Volk ist weniger
gebildet und weniger sauber als im Süden der Halbinsel, und nicht ganz ohne
Grund gilt der Jude dem Schleswig-Holsteiner wie dem Jnseldänen als der
Typus des Plumpen und Stumpfen.

Aber die Regel hat sowohl was das Land als was das Volk betrifft,
ihre zahlreichen Ausnahmen. Der südliche Theil Jütlands unterscheidet sich
überhaupt nicht sehr von dem Nachbarlande jenseits der Königsau und, wo dies
der Fall ist, wenigstens im Osten nicht zu seinem Nachtheil. Er ist wasser¬
reicher als Schleswig und wird von der weithin schiffbaren Gudenaa, dem
größten Flusse Dänemarks, durchströmt. Schön gestaltete Föhrden, mit Laub¬
wald bekränzt, reichen weit in das Land hinein. Ein Gebirgszug. wenn man
so sagen darf, von ziemlicher Höhe, der sich im Himmelsberg höher als irgend¬
einer der Hügel an der Schleswig-holsteinischen Ostseeküste erhebt, eine Anzahl
kleiner und großer Landseen bringen Abwechselung in die Landschaft, und die
Gegenden von Vene und Silkeborg gehören zu den anmuthigsten im ganzen


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[0178] hier thätig waren, von den Diakonissen, den barmherzigen Schwestern, den Rauhäuslern u. s. w. Sie alle haben nicht blos gegeben, sondern auch ge¬ wonnen, bei den zunächst Betheiligten eine dankbare Erinnerung, bei dem großen Publicum ein gewisses Capital von Achtung, mit welchem die. welche ihre Obern sind, seinerzeit nicht verfehlen werden, weiteres Capital zu erwerben. Dafür, daß das Mittelalter mit seinen Rittern und Nonnen uns nicht über den Kopf wächst, ist indeß gesorgt. Im Norden des Lymfjord. Wenn wir gewissen Berichten glauben dürfen, wäre Jütland eines der ärmsten und unschönsten Länder der Welt, wenig mehr als Haide und Moor und von einem Volke bewohnt, wie es auf solchen Boden gehört. Wir hätten dann in dem Lande etwa eine halbe Wüste, in seinen Bewohnern halbe Wilde vor uns. Indeß ist nicht alles , was gedruckt ist, auch wahr, und die er¬ wähnten Gerüchte sind, wenn auch nicht geradezu Fabeln, doch arge Ueber¬ treibungen. Wahr ist, daß Jütlands Haiden und Sanddünen größere Dimensionen haben als die Haidestriche und Dünen Schleswigs, auch das Volk ist weniger gebildet und weniger sauber als im Süden der Halbinsel, und nicht ganz ohne Grund gilt der Jude dem Schleswig-Holsteiner wie dem Jnseldänen als der Typus des Plumpen und Stumpfen. Aber die Regel hat sowohl was das Land als was das Volk betrifft, ihre zahlreichen Ausnahmen. Der südliche Theil Jütlands unterscheidet sich überhaupt nicht sehr von dem Nachbarlande jenseits der Königsau und, wo dies der Fall ist, wenigstens im Osten nicht zu seinem Nachtheil. Er ist wasser¬ reicher als Schleswig und wird von der weithin schiffbaren Gudenaa, dem größten Flusse Dänemarks, durchströmt. Schön gestaltete Föhrden, mit Laub¬ wald bekränzt, reichen weit in das Land hinein. Ein Gebirgszug. wenn man so sagen darf, von ziemlicher Höhe, der sich im Himmelsberg höher als irgend¬ einer der Hügel an der Schleswig-holsteinischen Ostseeküste erhebt, eine Anzahl kleiner und großer Landseen bringen Abwechselung in die Landschaft, und die Gegenden von Vene und Silkeborg gehören zu den anmuthigsten im ganzen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/178>, abgerufen am 28.09.2024.