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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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Dorfhunde von Saka! Wir hatten noch anderthalb Stunden vor uns; die
Nacht war pechfinster. Mit frischem Muthe trieben wir uns weiter, bis wir
endlich die übelriechende Atmosphäre des Dorfes M'Kulin in der Nähe ver¬
spürten. Diesmal kam uns der Geruch des wilden Dorfes ersehnt vor. Noch
ein halbes Stündchen und wir standen an unserm Zaune und bald darauf
lag alles im tiefsten Schlaf! -- Es war Mitternacht geworden.




Der Kampf um Schleswig-Holstein
1848-1850.
3.

In Schleswig-Holstein wallte es bei der Kunde von diesem Waffenstill¬
standsabschluß hoch auf. Der Muth der Armee war ungebrochen; einige Tage
nach ihrer Niederlage führte sie, von einigen Bataillonen der Reichstruppen
unterstützt, eine Recognoscirung aus, die sie wieder bis in die Nähe von Fri-
dericia brachte. Die Statthalterschaft versuchte sich bei Prittwitz auf die Central-
gewalt zu berufen, wendete sich an einzelne deutsche Höfe -- Alles umsonst.
Man erfuhr, daß Preußen sich insgeheim anheischig gemacht, seine Offiziere aus
dem Schleswig-holsteinischen Heere abzuberufen, wenn der dänische König den
Wunsch ausspreche. Da beschloß die Landesversammlung am 8. August mit
64 gegen 44 Stimmen, die Truppen über die Eider zurückzuziehen. Sie er¬
kannte den Waffenstillstand nicht an; sie fügte sich nur thatsächlich in ihn,
indem sie zwischen dem eigenen Heere und dem Feinde, in Schleswig, den
Preußen und Schweden Raum gab.

Waren nun die Zustände der Herzogthümer während des malmöer Waffen¬
stillstandes minder ungünstig gewesen, als man beim Abschlüsse desselben hätte
erwarten mögen, -- wie Andres sollten jetzt die armen Bewohner Schleswigs
hinsichtlich des berliner Waffenstillstandes erfahren! In jedermann lebte die
wohlbegründete Furcht, die besondre Landesverwaltung für Schleswig bedeute
nichts als die bleibende Absonderung dieses Herzogthums von Holstein, die der
Friede zu bringen bestimmt sei. Und da die Statthalterschaft, die man allge¬
mein als die rechtmäßige Landesbehörde betrachtete, den Waffenstillstand nicht


Dorfhunde von Saka! Wir hatten noch anderthalb Stunden vor uns; die
Nacht war pechfinster. Mit frischem Muthe trieben wir uns weiter, bis wir
endlich die übelriechende Atmosphäre des Dorfes M'Kulin in der Nähe ver¬
spürten. Diesmal kam uns der Geruch des wilden Dorfes ersehnt vor. Noch
ein halbes Stündchen und wir standen an unserm Zaune und bald darauf
lag alles im tiefsten Schlaf! — Es war Mitternacht geworden.




Der Kampf um Schleswig-Holstein
1848-1850.
3.

In Schleswig-Holstein wallte es bei der Kunde von diesem Waffenstill¬
standsabschluß hoch auf. Der Muth der Armee war ungebrochen; einige Tage
nach ihrer Niederlage führte sie, von einigen Bataillonen der Reichstruppen
unterstützt, eine Recognoscirung aus, die sie wieder bis in die Nähe von Fri-
dericia brachte. Die Statthalterschaft versuchte sich bei Prittwitz auf die Central-
gewalt zu berufen, wendete sich an einzelne deutsche Höfe — Alles umsonst.
Man erfuhr, daß Preußen sich insgeheim anheischig gemacht, seine Offiziere aus
dem Schleswig-holsteinischen Heere abzuberufen, wenn der dänische König den
Wunsch ausspreche. Da beschloß die Landesversammlung am 8. August mit
64 gegen 44 Stimmen, die Truppen über die Eider zurückzuziehen. Sie er¬
kannte den Waffenstillstand nicht an; sie fügte sich nur thatsächlich in ihn,
indem sie zwischen dem eigenen Heere und dem Feinde, in Schleswig, den
Preußen und Schweden Raum gab.

Waren nun die Zustände der Herzogthümer während des malmöer Waffen¬
stillstandes minder ungünstig gewesen, als man beim Abschlüsse desselben hätte
erwarten mögen, — wie Andres sollten jetzt die armen Bewohner Schleswigs
hinsichtlich des berliner Waffenstillstandes erfahren! In jedermann lebte die
wohlbegründete Furcht, die besondre Landesverwaltung für Schleswig bedeute
nichts als die bleibende Absonderung dieses Herzogthums von Holstein, die der
Friede zu bringen bestimmt sei. Und da die Statthalterschaft, die man allge¬
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[0270] Dorfhunde von Saka! Wir hatten noch anderthalb Stunden vor uns; die Nacht war pechfinster. Mit frischem Muthe trieben wir uns weiter, bis wir endlich die übelriechende Atmosphäre des Dorfes M'Kulin in der Nähe ver¬ spürten. Diesmal kam uns der Geruch des wilden Dorfes ersehnt vor. Noch ein halbes Stündchen und wir standen an unserm Zaune und bald darauf lag alles im tiefsten Schlaf! — Es war Mitternacht geworden. Der Kampf um Schleswig-Holstein 1848-1850. 3. In Schleswig-Holstein wallte es bei der Kunde von diesem Waffenstill¬ standsabschluß hoch auf. Der Muth der Armee war ungebrochen; einige Tage nach ihrer Niederlage führte sie, von einigen Bataillonen der Reichstruppen unterstützt, eine Recognoscirung aus, die sie wieder bis in die Nähe von Fri- dericia brachte. Die Statthalterschaft versuchte sich bei Prittwitz auf die Central- gewalt zu berufen, wendete sich an einzelne deutsche Höfe — Alles umsonst. Man erfuhr, daß Preußen sich insgeheim anheischig gemacht, seine Offiziere aus dem Schleswig-holsteinischen Heere abzuberufen, wenn der dänische König den Wunsch ausspreche. Da beschloß die Landesversammlung am 8. August mit 64 gegen 44 Stimmen, die Truppen über die Eider zurückzuziehen. Sie er¬ kannte den Waffenstillstand nicht an; sie fügte sich nur thatsächlich in ihn, indem sie zwischen dem eigenen Heere und dem Feinde, in Schleswig, den Preußen und Schweden Raum gab. Waren nun die Zustände der Herzogthümer während des malmöer Waffen¬ stillstandes minder ungünstig gewesen, als man beim Abschlüsse desselben hätte erwarten mögen, — wie Andres sollten jetzt die armen Bewohner Schleswigs hinsichtlich des berliner Waffenstillstandes erfahren! In jedermann lebte die wohlbegründete Furcht, die besondre Landesverwaltung für Schleswig bedeute nichts als die bleibende Absonderung dieses Herzogthums von Holstein, die der Friede zu bringen bestimmt sei. Und da die Statthalterschaft, die man allge¬ mein als die rechtmäßige Landesbehörde betrachtete, den Waffenstillstand nicht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/270>, abgerufen am 27.06.2024.