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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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zur Ausbreitung römischen Christenthums beigetragen, sowie er auch, durch
französischen Einfluß unterstützt, die jetzige Bewegung in Bulgarien vorbe¬
reiten half."




^er Giistav-Adolf-Verein.

In einigen Monaten wird die Gustav-Adolf-Stiftung ihren dreißig¬
sten Geburtstag feiern tonnen. Als kleines Senfkorn gesäet, ist sie auf guten
Boden gefallen und zum stattlichen Baum erwachsen, der jetzt weit über die
deutschen Grenzen hinaus seinen schützenden Schatten wirft und durch seine
Früchte protestantisches Leben nährt.

Schon vor ihrer Begründung im Jahre 1832 wußte man in den Ländern,
wo die evangelische Kirche in compacter Verfassung dasteht und der Befriedigung
ihrer Bedürfnisse gesetzlich versichert ist, daß es zahlreiche Gemeinden von Glau¬
bensgenossen gab, sogar mitten in Deutschland gab. die sich solcher Sicherheit
nicht erfreuten, und die vereinsamt unter Andersgläubigen lebend, Gefahr liefen,
zu verkümmern. Hilfcgesuche derartiger Gemeinden liefen von Zeit zu Zeit bei
den einzelnen protestantischen Fürsten und Kirchenbchörden ein. Reisende Prediger
derselben zogen gelegentlich von Ort zu Ort, um Unterstützung zu erbitten. Man
veranstaltete gelegentlich Collecten für sie. Es gab einige Kassen, aus welchen den
Bedrängten Subventionen zuflössen. Bisweilen auch riefen die Exulantenzüge
einer großen Verfolgung, die von zelotischer Bischöfen oder bigotten weltlichen
Herrschern über einen oder den andern Theil dieser Protestanten in der Diaspora
verhängt worden, das allgemeine Mitleid wach.

Aber erst durch die Stiftung Grvßmanns und Zimmermanns wurde ein
Mittelpunkt für die auf Abhilfe solcher Nothstände gerichteten Bestrebungen
geschaffen und damit ein Organismus gebildet, der dem Bedürfniß ausreichend
gerecht zu werden versprach. Erst durch den Gustav-Adolf-Verein wurde die
Lage der vereinzelten Protestanten allenthalben gründlich bekannt, das Interesse
eines sehr großen Theils der übrigen ernstlich und dauernd geweckt und geregelt
und so den vielfach dem Verzagen nahen Gemüthern draußen, unter den Nicht-
evangelischen, ein Trost und Hort aufgerichtet, auf den sie in ihrem Ringen
um Erhaltung des Glaubens der Väter hoffen konnten, und zu dem sie als zu
einem Panier der Gemeinsamkeit der protestantischen Interessen
aufblickten.

Mancherlei Hindernisse stellten sich der Entwickelung des Vereins entgegen:
laute Anklagen und versteckte Verdächtigungen, ultramontane Feindschaft und
lutherische Engherzigkeit. Stimmen aus dein römischen Lager bezüchtigten ihn


zur Ausbreitung römischen Christenthums beigetragen, sowie er auch, durch
französischen Einfluß unterstützt, die jetzige Bewegung in Bulgarien vorbe¬
reiten half."




^er Giistav-Adolf-Verein.

In einigen Monaten wird die Gustav-Adolf-Stiftung ihren dreißig¬
sten Geburtstag feiern tonnen. Als kleines Senfkorn gesäet, ist sie auf guten
Boden gefallen und zum stattlichen Baum erwachsen, der jetzt weit über die
deutschen Grenzen hinaus seinen schützenden Schatten wirft und durch seine
Früchte protestantisches Leben nährt.

Schon vor ihrer Begründung im Jahre 1832 wußte man in den Ländern,
wo die evangelische Kirche in compacter Verfassung dasteht und der Befriedigung
ihrer Bedürfnisse gesetzlich versichert ist, daß es zahlreiche Gemeinden von Glau¬
bensgenossen gab, sogar mitten in Deutschland gab. die sich solcher Sicherheit
nicht erfreuten, und die vereinsamt unter Andersgläubigen lebend, Gefahr liefen,
zu verkümmern. Hilfcgesuche derartiger Gemeinden liefen von Zeit zu Zeit bei
den einzelnen protestantischen Fürsten und Kirchenbchörden ein. Reisende Prediger
derselben zogen gelegentlich von Ort zu Ort, um Unterstützung zu erbitten. Man
veranstaltete gelegentlich Collecten für sie. Es gab einige Kassen, aus welchen den
Bedrängten Subventionen zuflössen. Bisweilen auch riefen die Exulantenzüge
einer großen Verfolgung, die von zelotischer Bischöfen oder bigotten weltlichen
Herrschern über einen oder den andern Theil dieser Protestanten in der Diaspora
verhängt worden, das allgemeine Mitleid wach.

Aber erst durch die Stiftung Grvßmanns und Zimmermanns wurde ein
Mittelpunkt für die auf Abhilfe solcher Nothstände gerichteten Bestrebungen
geschaffen und damit ein Organismus gebildet, der dem Bedürfniß ausreichend
gerecht zu werden versprach. Erst durch den Gustav-Adolf-Verein wurde die
Lage der vereinzelten Protestanten allenthalben gründlich bekannt, das Interesse
eines sehr großen Theils der übrigen ernstlich und dauernd geweckt und geregelt
und so den vielfach dem Verzagen nahen Gemüthern draußen, unter den Nicht-
evangelischen, ein Trost und Hort aufgerichtet, auf den sie in ihrem Ringen
um Erhaltung des Glaubens der Väter hoffen konnten, und zu dem sie als zu
einem Panier der Gemeinsamkeit der protestantischen Interessen
aufblickten.

Mancherlei Hindernisse stellten sich der Entwickelung des Vereins entgegen:
laute Anklagen und versteckte Verdächtigungen, ultramontane Feindschaft und
lutherische Engherzigkeit. Stimmen aus dein römischen Lager bezüchtigten ihn


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[0510] zur Ausbreitung römischen Christenthums beigetragen, sowie er auch, durch französischen Einfluß unterstützt, die jetzige Bewegung in Bulgarien vorbe¬ reiten half." ^er Giistav-Adolf-Verein. In einigen Monaten wird die Gustav-Adolf-Stiftung ihren dreißig¬ sten Geburtstag feiern tonnen. Als kleines Senfkorn gesäet, ist sie auf guten Boden gefallen und zum stattlichen Baum erwachsen, der jetzt weit über die deutschen Grenzen hinaus seinen schützenden Schatten wirft und durch seine Früchte protestantisches Leben nährt. Schon vor ihrer Begründung im Jahre 1832 wußte man in den Ländern, wo die evangelische Kirche in compacter Verfassung dasteht und der Befriedigung ihrer Bedürfnisse gesetzlich versichert ist, daß es zahlreiche Gemeinden von Glau¬ bensgenossen gab, sogar mitten in Deutschland gab. die sich solcher Sicherheit nicht erfreuten, und die vereinsamt unter Andersgläubigen lebend, Gefahr liefen, zu verkümmern. Hilfcgesuche derartiger Gemeinden liefen von Zeit zu Zeit bei den einzelnen protestantischen Fürsten und Kirchenbchörden ein. Reisende Prediger derselben zogen gelegentlich von Ort zu Ort, um Unterstützung zu erbitten. Man veranstaltete gelegentlich Collecten für sie. Es gab einige Kassen, aus welchen den Bedrängten Subventionen zuflössen. Bisweilen auch riefen die Exulantenzüge einer großen Verfolgung, die von zelotischer Bischöfen oder bigotten weltlichen Herrschern über einen oder den andern Theil dieser Protestanten in der Diaspora verhängt worden, das allgemeine Mitleid wach. Aber erst durch die Stiftung Grvßmanns und Zimmermanns wurde ein Mittelpunkt für die auf Abhilfe solcher Nothstände gerichteten Bestrebungen geschaffen und damit ein Organismus gebildet, der dem Bedürfniß ausreichend gerecht zu werden versprach. Erst durch den Gustav-Adolf-Verein wurde die Lage der vereinzelten Protestanten allenthalben gründlich bekannt, das Interesse eines sehr großen Theils der übrigen ernstlich und dauernd geweckt und geregelt und so den vielfach dem Verzagen nahen Gemüthern draußen, unter den Nicht- evangelischen, ein Trost und Hort aufgerichtet, auf den sie in ihrem Ringen um Erhaltung des Glaubens der Väter hoffen konnten, und zu dem sie als zu einem Panier der Gemeinsamkeit der protestantischen Interessen aufblickten. Mancherlei Hindernisse stellten sich der Entwickelung des Vereins entgegen: laute Anklagen und versteckte Verdächtigungen, ultramontane Feindschaft und lutherische Engherzigkeit. Stimmen aus dein römischen Lager bezüchtigten ihn

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/510>, abgerufen am 05.01.2025.