Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.Bilver aus der russischen Gesellschaft. Die Kirche. -- Geistliche. -- Das Troiza-Kloster. Die russische Kircke unterscheidet sich von der griechischen und der allge¬ Obwohl die russische Kirche in der Bedeutung, welche sie dein Ceremoniell Nun ist bekannt, daß die russische Kirche kein Dogma kennt, welches die Bilver aus der russischen Gesellschaft. Die Kirche. — Geistliche. — Das Troiza-Kloster. Die russische Kircke unterscheidet sich von der griechischen und der allge¬ Obwohl die russische Kirche in der Bedeutung, welche sie dein Ceremoniell Nun ist bekannt, daß die russische Kirche kein Dogma kennt, welches die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0431" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114211"/> </div> <div n="1"> <head> Bilver aus der russischen Gesellschaft.<lb/> Die Kirche. — Geistliche. — Das Troiza-Kloster.</head><lb/> <p xml:id="ID_1376"> Die russische Kircke unterscheidet sich von der griechischen und der allge¬<lb/> meinen morgenländischen bekanntlich nicht durch die Lehre, sondern nur durch<lb/> die Hierarchie. Sie steht in freundlicher Beziehung zu dem Patriarchen von<lb/> Konstantinopel, wird aber durch eine aus Metropoliten und Archimandriten<lb/> zusammengesetzte, in Moskau refidirende „heilige Synode" regiert, die unter<lb/> Oberaufsicht des Kaisers steht. Letzterer läßt sich bei ihr durch einen Procura-<lb/> tor vertreten, ein Amt, welches jetzt von Murawicff, dem gelehrten Verfasser<lb/> einer Geschichte der russischen Kirche, eines Werks über den Ritus derselben<lb/> und einer Reisebeschreibung, welche die heiligen Orte Palästina's schildert, ver¬<lb/> sehen wird. Murawieff hat den Rang eines Kammerherrn, und dieser ist dem<lb/> eines Cavaleriegcnerals gleich, was deshalb hier erwähnt wird, weil daher die<lb/> geistreichen Bemerkungen englischer und französischer Blätter stammten, nack<lb/> denen die Leitung der russischen Kirche in den Händen eines Reiterossizicrs<lb/> war, welcher die Gewohnheit hatte, in Kürassierstiefel»» in die Synode zugeben<lb/> und die Bischöfe und Erzbischöfe im echten Kasernenstyl zu behandeln.</p><lb/> <p xml:id="ID_1377"> Obwohl die russische Kirche in der Bedeutung, welche sie dein Ceremoniell<lb/> beilegt, in der Ohrenbeichte und einigen anderen Beziehungen der römisch-katho¬<lb/> lischen gleicht, hat sie doch i» vielen andern Dingen größere Aehnlichkeit mit<lb/> der englischen Hochkirche, und so konnte es geschehen, daß unter Peter dem<lb/> Großen und Wilhelm dem Dritten Unterhandlungen zwischen englischen Bi¬<lb/> schöfen und der russischen Synode angeknüpft wurden, die den Zweck hatten,<lb/> die beiden Kirchen zu vereinigen oder sich doch zu nähern. Diese Verhandlungen<lb/> versprachen Erfolg, und nachdem verschiedene Episteln gewechselt worden, blieb<lb/> für die Engländer nur noch ein Anstoß zu erledigen, der Bilderdienst der Rus¬<lb/> sen. Auch über diesen hatte sich die Moskaner Synode bereits zufriedenstellend<lb/> erklärt, als das Project eines Bündnisses plötzlich ins Stocken gerieth, indem<lb/> Peter der Große mit Tode abging.</p><lb/> <p xml:id="ID_1378" next="#ID_1379"> Nun ist bekannt, daß die russische Kirche kein Dogma kennt, welches die<lb/> Anbetung der Bilder oder die Verehrung derselben selbst gebietet. Ja der<lb/> Katechismus des jetzigen Metropoliten von Moskau warnt gegen diesen Mi߬<lb/> brauch ausdrücklich. Indeß läßt sich das in allen ungebildeten Völkern steckende<lb/> Heidenthum hier durch Katechismen so wenig verbannen, als anderswo, und<lb/> so geschieht es, daß hier ebenso wie anderswo, und zwar nicht blos von</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0431]
Bilver aus der russischen Gesellschaft.
Die Kirche. — Geistliche. — Das Troiza-Kloster.
Die russische Kircke unterscheidet sich von der griechischen und der allge¬
meinen morgenländischen bekanntlich nicht durch die Lehre, sondern nur durch
die Hierarchie. Sie steht in freundlicher Beziehung zu dem Patriarchen von
Konstantinopel, wird aber durch eine aus Metropoliten und Archimandriten
zusammengesetzte, in Moskau refidirende „heilige Synode" regiert, die unter
Oberaufsicht des Kaisers steht. Letzterer läßt sich bei ihr durch einen Procura-
tor vertreten, ein Amt, welches jetzt von Murawicff, dem gelehrten Verfasser
einer Geschichte der russischen Kirche, eines Werks über den Ritus derselben
und einer Reisebeschreibung, welche die heiligen Orte Palästina's schildert, ver¬
sehen wird. Murawieff hat den Rang eines Kammerherrn, und dieser ist dem
eines Cavaleriegcnerals gleich, was deshalb hier erwähnt wird, weil daher die
geistreichen Bemerkungen englischer und französischer Blätter stammten, nack
denen die Leitung der russischen Kirche in den Händen eines Reiterossizicrs
war, welcher die Gewohnheit hatte, in Kürassierstiefel»» in die Synode zugeben
und die Bischöfe und Erzbischöfe im echten Kasernenstyl zu behandeln.
Obwohl die russische Kirche in der Bedeutung, welche sie dein Ceremoniell
beilegt, in der Ohrenbeichte und einigen anderen Beziehungen der römisch-katho¬
lischen gleicht, hat sie doch i» vielen andern Dingen größere Aehnlichkeit mit
der englischen Hochkirche, und so konnte es geschehen, daß unter Peter dem
Großen und Wilhelm dem Dritten Unterhandlungen zwischen englischen Bi¬
schöfen und der russischen Synode angeknüpft wurden, die den Zweck hatten,
die beiden Kirchen zu vereinigen oder sich doch zu nähern. Diese Verhandlungen
versprachen Erfolg, und nachdem verschiedene Episteln gewechselt worden, blieb
für die Engländer nur noch ein Anstoß zu erledigen, der Bilderdienst der Rus¬
sen. Auch über diesen hatte sich die Moskaner Synode bereits zufriedenstellend
erklärt, als das Project eines Bündnisses plötzlich ins Stocken gerieth, indem
Peter der Große mit Tode abging.
Nun ist bekannt, daß die russische Kirche kein Dogma kennt, welches die
Anbetung der Bilder oder die Verehrung derselben selbst gebietet. Ja der
Katechismus des jetzigen Metropoliten von Moskau warnt gegen diesen Mi߬
brauch ausdrücklich. Indeß läßt sich das in allen ungebildeten Völkern steckende
Heidenthum hier durch Katechismen so wenig verbannen, als anderswo, und
so geschieht es, daß hier ebenso wie anderswo, und zwar nicht blos von
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