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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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StnMwiffeilschastllche und volkswirthschaftliche Literatur.
Politik. Monographien von Robert von Mohl. Erster Band, Tü¬
bingen. H. Laupp'sche Buchhandlung 1362.

Die umfassenden Werte des Lehrers, der sich zugleich als praktischer Staats¬
mann bewährt, bestimmen den Abschluß einer alten, den Beginn einer neuen
Periode in der Behandlung der Staatswissenschaften und in ihrer Einwirkung aus
das öffentliche Leben. Seine Encyclopädie, seine Geschichte und Literatur der
Staatswissenschaften, seine "Monographien" über Staaisrecht, Völkerrecht und
Politik vergleichen wir den Leistungen der Gebrüder Grimm für unsere Sprache,
Von Gewinns für die Literaturgeschichte, von Macaulay für die Historie, von
Adam Smith für die Nationalökonomie. Sie wirken nicht durch eine massen¬
hafte Verbreitung, nicht durch die Vermittlung der Kritik. Sie bilden Lehrer
in Wort und Schrift, welche aus der reichen Quelle fleißig schöpfen und ihrer¬
seits wieder Tausende von Schülern heranziehen. Ihre Schätze werden Ge¬
meingut, und nur Wenige erfahren, woher es ihnen gekommen. Die gewöhn¬
liche Kritik wagt sich ungern an solche Werke, weil sie nickt die Muße hat, sie
gründlich durchzuarbeiten, und weil sie fühlt, daß ein oberflächliches Urtheil
hier nicht erlaubt ist. Auch wir verzichten auf eingehende Besprechung und
glauben, den Lesern der Grenzboten gerecht zu werden, indem wir sie einfach
auf ^diesen .neuesten Band aufmerksam machen.

Wie ist doch die Zeit vorangeschritten -- so dachten wir, als wir das
.Buch gelesen -- in der freien Uebung des Rechtes, die Wahrheit zu sagen!
R. v. Mohl bezeichnet sein Werk über Politik als einen Versuch, Erscheinungen
der Sagesgeschichte zur Gewinnung theoretischer Sätze zu benutzen. Hätte er
diesen -Versuch vor dreißig, vor zwanzig Jahren gemacht, er wäre von Amt und
Katheder entfernt, in eine höchst verdrießliche Untersuchung verwickelt, jedenfalls
unschädlich gemacht worden. Heute ist und bleibt R. v. Mohl Bundestags-
Gesandter; es ist möcht.die Rede von "Epuration", wie sie gegen seinen Lands-
MMfl, .den Bundestagsgesandter v. Wangenheim 1822 geübt worden; keine
Mainzer Eentrqluntersuchungs-Commission denunzirt seine "Politik" als einen
.der Zielen Vulkane, auf denen, nach ihren Jahresberichten, Deutschland sich zu


Grenzboten II. 1662. 51
StnMwiffeilschastllche und volkswirthschaftliche Literatur.
Politik. Monographien von Robert von Mohl. Erster Band, Tü¬
bingen. H. Laupp'sche Buchhandlung 1362.

Die umfassenden Werte des Lehrers, der sich zugleich als praktischer Staats¬
mann bewährt, bestimmen den Abschluß einer alten, den Beginn einer neuen
Periode in der Behandlung der Staatswissenschaften und in ihrer Einwirkung aus
das öffentliche Leben. Seine Encyclopädie, seine Geschichte und Literatur der
Staatswissenschaften, seine „Monographien" über Staaisrecht, Völkerrecht und
Politik vergleichen wir den Leistungen der Gebrüder Grimm für unsere Sprache,
Von Gewinns für die Literaturgeschichte, von Macaulay für die Historie, von
Adam Smith für die Nationalökonomie. Sie wirken nicht durch eine massen¬
hafte Verbreitung, nicht durch die Vermittlung der Kritik. Sie bilden Lehrer
in Wort und Schrift, welche aus der reichen Quelle fleißig schöpfen und ihrer¬
seits wieder Tausende von Schülern heranziehen. Ihre Schätze werden Ge¬
meingut, und nur Wenige erfahren, woher es ihnen gekommen. Die gewöhn¬
liche Kritik wagt sich ungern an solche Werke, weil sie nickt die Muße hat, sie
gründlich durchzuarbeiten, und weil sie fühlt, daß ein oberflächliches Urtheil
hier nicht erlaubt ist. Auch wir verzichten auf eingehende Besprechung und
glauben, den Lesern der Grenzboten gerecht zu werden, indem wir sie einfach
auf ^diesen .neuesten Band aufmerksam machen.

Wie ist doch die Zeit vorangeschritten — so dachten wir, als wir das
.Buch gelesen — in der freien Uebung des Rechtes, die Wahrheit zu sagen!
R. v. Mohl bezeichnet sein Werk über Politik als einen Versuch, Erscheinungen
der Sagesgeschichte zur Gewinnung theoretischer Sätze zu benutzen. Hätte er
diesen -Versuch vor dreißig, vor zwanzig Jahren gemacht, er wäre von Amt und
Katheder entfernt, in eine höchst verdrießliche Untersuchung verwickelt, jedenfalls
unschädlich gemacht worden. Heute ist und bleibt R. v. Mohl Bundestags-
Gesandter; es ist möcht.die Rede von „Epuration", wie sie gegen seinen Lands-
MMfl, .den Bundestagsgesandter v. Wangenheim 1822 geübt worden; keine
Mainzer Eentrqluntersuchungs-Commission denunzirt seine „Politik" als einen
.der Zielen Vulkane, auf denen, nach ihren Jahresberichten, Deutschland sich zu


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[0409] StnMwiffeilschastllche und volkswirthschaftliche Literatur. Politik. Monographien von Robert von Mohl. Erster Band, Tü¬ bingen. H. Laupp'sche Buchhandlung 1362. Die umfassenden Werte des Lehrers, der sich zugleich als praktischer Staats¬ mann bewährt, bestimmen den Abschluß einer alten, den Beginn einer neuen Periode in der Behandlung der Staatswissenschaften und in ihrer Einwirkung aus das öffentliche Leben. Seine Encyclopädie, seine Geschichte und Literatur der Staatswissenschaften, seine „Monographien" über Staaisrecht, Völkerrecht und Politik vergleichen wir den Leistungen der Gebrüder Grimm für unsere Sprache, Von Gewinns für die Literaturgeschichte, von Macaulay für die Historie, von Adam Smith für die Nationalökonomie. Sie wirken nicht durch eine massen¬ hafte Verbreitung, nicht durch die Vermittlung der Kritik. Sie bilden Lehrer in Wort und Schrift, welche aus der reichen Quelle fleißig schöpfen und ihrer¬ seits wieder Tausende von Schülern heranziehen. Ihre Schätze werden Ge¬ meingut, und nur Wenige erfahren, woher es ihnen gekommen. Die gewöhn¬ liche Kritik wagt sich ungern an solche Werke, weil sie nickt die Muße hat, sie gründlich durchzuarbeiten, und weil sie fühlt, daß ein oberflächliches Urtheil hier nicht erlaubt ist. Auch wir verzichten auf eingehende Besprechung und glauben, den Lesern der Grenzboten gerecht zu werden, indem wir sie einfach auf ^diesen .neuesten Band aufmerksam machen. Wie ist doch die Zeit vorangeschritten — so dachten wir, als wir das .Buch gelesen — in der freien Uebung des Rechtes, die Wahrheit zu sagen! R. v. Mohl bezeichnet sein Werk über Politik als einen Versuch, Erscheinungen der Sagesgeschichte zur Gewinnung theoretischer Sätze zu benutzen. Hätte er diesen -Versuch vor dreißig, vor zwanzig Jahren gemacht, er wäre von Amt und Katheder entfernt, in eine höchst verdrießliche Untersuchung verwickelt, jedenfalls unschädlich gemacht worden. Heute ist und bleibt R. v. Mohl Bundestags- Gesandter; es ist möcht.die Rede von „Epuration", wie sie gegen seinen Lands- MMfl, .den Bundestagsgesandter v. Wangenheim 1822 geübt worden; keine Mainzer Eentrqluntersuchungs-Commission denunzirt seine „Politik" als einen .der Zielen Vulkane, auf denen, nach ihren Jahresberichten, Deutschland sich zu Grenzboten II. 1662. 51

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/409>, abgerufen am 05.01.2025.