Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.ängstigen pflegte. Im Gegentheile. Seine College" in Frankfurt, die Mini¬ Es wäre eine leichte Aufgabe, für diesen ersten Eindruck aus dem Buche ängstigen pflegte. Im Gegentheile. Seine College» in Frankfurt, die Mini¬ Es wäre eine leichte Aufgabe, für diesen ersten Eindruck aus dem Buche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0410" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114190"/> <p xml:id="ID_1329" prev="#ID_1328"> ängstigen pflegte. Im Gegentheile. Seine College» in Frankfurt, die Mini¬<lb/> ster und geheimen Räthe an den verschiedenen Sitzen deutscher Regierungen<lb/> dürfen das Buch nicht unbeachtet, ja kaum unbeherzigt lassen, wenn sie ferner¬<lb/> hin auf Bildung Anspruch machen wollen. Wer weiß, ob nicht einer oder der<lb/> andere von ihnen seinem Allergnädigsten Herrn das Buch als eine, zwar in<lb/> der Form vielfach anstößige und verletzende, aber doch höchst merkwürdige Lec-<lb/> türe empfohlen haben wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1330" next="#ID_1331"> Es wäre eine leichte Aufgabe, für diesen ersten Eindruck aus dem Buche<lb/> Belege zu sammeln. Allein es würde ein einseitiges und darum unrichtiges<lb/> Bild geben, wenn wir die Geradheit und Offenheit der Sprache, die durch keine<lb/> Rücksicht gestörte Arbeit des Denkens nur in den Richtungen und Stellen aus¬<lb/> beuten wollten, welche dem großen Publicum das Vergnügen gewähren, sich an<lb/> Schwächen bevorzugter Klassen und ihrer Einrichtungen zu ergötzen. Für un¬<lb/> sern Zweck genug: es, hervorzuheben, daß in dem ersten Theile des Buches, der<lb/> allgemeinen Politik, besonders der Abschnitt über das Verhältniß des Staats<lb/> zur Kirche, sodann der ganze zweite Theil, die Justizpolitik, aus der Geschichte<lb/> die Lehren ziehen und zu einem System verbinden, welche eine moderne Staats¬<lb/> wissenschaft begründen. DaS Abgelebte, wovon wir bisher zu zehxen gewohnt<lb/> waren, wird an die Stelle gewiesen, an die es fortan gehört, in das Archiv<lb/> des historischen Materials; die zerstreut umher liegenden Elemente neuerer For¬<lb/> mation werden gesammelt und verwendet zum wissenschaftlichen Neubau. Wir<lb/> haben keine Compilation, sondern eine geistige Schöpfung vor uns. — Nicht<lb/> unvorbereitet aber wird der Leser in das neue Gebäude eingeführt. Zu seiner<lb/> Orientirung dienen die einleitenden „politischen Aphorismen". Wer irgend<lb/> einer politischen Partei angehört, wer sich an einem Hofe oder in einem Amte<lb/> bewegt, der wird, was er über andere Parteien und Berufskreise liest, mit Be¬<lb/> hagen, zuweilen mit Schadenfreude genießen; mit dem Urtheile über die eigene<lb/> Partei oder die Verhältnisse der eigenen Stellung wird er weniger einverstanden<lb/> sein. R. v. Mohl sagt eben Allen die Wahrheit, und zu allererst den politi¬<lb/> schen Parteien. Ihre Führer theilen sich in drei Klassen. Die Th eoretiker.<lb/> die Doctrinäre der Partei, geben der gemeinschaftlichen Forderung den bewu߬<lb/> ten Zweck und klaren Ausdruck — Burke, Bentham, Rotteck, Welcker, Stahl,<lb/> Haller, Görres, Philipps. — Praktische Staatsmänner suchen das im<lb/> einzelnen Falle Mögliche und Nützliche zu erreichen, indem sie sich auf die ihrer<lb/> Richtung zunächst kommende Partei stützen. Sie haben zuweilen nicht das<lb/> Vertrauen der Masse, haben viel mit den Doktrinären zu kämpfen, aber nur<lb/> durch sie wird etwas errungen — Pitt, Fox, Peel, Palmerston, Cobden, Gui¬<lb/> zot, Thiers, H. v. Gagern, Stüve, Römer, v. Radowitz. Endlich laute<lb/> Stimmführer, welche die Gedanken Anderer ausbeuten und auf die Masse<lb/> wirken — Robespierre, Danton, Robert Blum, Vogt, Simon. Jede Partei ^</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0410]
ängstigen pflegte. Im Gegentheile. Seine College» in Frankfurt, die Mini¬
ster und geheimen Räthe an den verschiedenen Sitzen deutscher Regierungen
dürfen das Buch nicht unbeachtet, ja kaum unbeherzigt lassen, wenn sie ferner¬
hin auf Bildung Anspruch machen wollen. Wer weiß, ob nicht einer oder der
andere von ihnen seinem Allergnädigsten Herrn das Buch als eine, zwar in
der Form vielfach anstößige und verletzende, aber doch höchst merkwürdige Lec-
türe empfohlen haben wird.
Es wäre eine leichte Aufgabe, für diesen ersten Eindruck aus dem Buche
Belege zu sammeln. Allein es würde ein einseitiges und darum unrichtiges
Bild geben, wenn wir die Geradheit und Offenheit der Sprache, die durch keine
Rücksicht gestörte Arbeit des Denkens nur in den Richtungen und Stellen aus¬
beuten wollten, welche dem großen Publicum das Vergnügen gewähren, sich an
Schwächen bevorzugter Klassen und ihrer Einrichtungen zu ergötzen. Für un¬
sern Zweck genug: es, hervorzuheben, daß in dem ersten Theile des Buches, der
allgemeinen Politik, besonders der Abschnitt über das Verhältniß des Staats
zur Kirche, sodann der ganze zweite Theil, die Justizpolitik, aus der Geschichte
die Lehren ziehen und zu einem System verbinden, welche eine moderne Staats¬
wissenschaft begründen. DaS Abgelebte, wovon wir bisher zu zehxen gewohnt
waren, wird an die Stelle gewiesen, an die es fortan gehört, in das Archiv
des historischen Materials; die zerstreut umher liegenden Elemente neuerer For¬
mation werden gesammelt und verwendet zum wissenschaftlichen Neubau. Wir
haben keine Compilation, sondern eine geistige Schöpfung vor uns. — Nicht
unvorbereitet aber wird der Leser in das neue Gebäude eingeführt. Zu seiner
Orientirung dienen die einleitenden „politischen Aphorismen". Wer irgend
einer politischen Partei angehört, wer sich an einem Hofe oder in einem Amte
bewegt, der wird, was er über andere Parteien und Berufskreise liest, mit Be¬
hagen, zuweilen mit Schadenfreude genießen; mit dem Urtheile über die eigene
Partei oder die Verhältnisse der eigenen Stellung wird er weniger einverstanden
sein. R. v. Mohl sagt eben Allen die Wahrheit, und zu allererst den politi¬
schen Parteien. Ihre Führer theilen sich in drei Klassen. Die Th eoretiker.
die Doctrinäre der Partei, geben der gemeinschaftlichen Forderung den bewu߬
ten Zweck und klaren Ausdruck — Burke, Bentham, Rotteck, Welcker, Stahl,
Haller, Görres, Philipps. — Praktische Staatsmänner suchen das im
einzelnen Falle Mögliche und Nützliche zu erreichen, indem sie sich auf die ihrer
Richtung zunächst kommende Partei stützen. Sie haben zuweilen nicht das
Vertrauen der Masse, haben viel mit den Doktrinären zu kämpfen, aber nur
durch sie wird etwas errungen — Pitt, Fox, Peel, Palmerston, Cobden, Gui¬
zot, Thiers, H. v. Gagern, Stüve, Römer, v. Radowitz. Endlich laute
Stimmführer, welche die Gedanken Anderer ausbeuten und auf die Masse
wirken — Robespierre, Danton, Robert Blum, Vogt, Simon. Jede Partei ^
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