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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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Abschnitten der vorliegenden Schrift übereinstimmen, und wenn die Redaction
der Grenzboten etwa nnr den ersten gelesen haben sollte, so läßt sich ihre Wei¬
gerung der Aufnahme wohl begreifen. Das? sich die Grenzboten dem Gedan¬
ken des Verfassers, durch den Zollverein zum Bundesstaate zu gelangen, nicht
verschließen, dies haben sie zur Genüge bewiesen und beweisen es mit Ver¬
gnügen durch die Aufnahme unserer ausführlichen Besprechung seiner Schrift.
-- Der Gedanke war übrigens vor 1848 unter den denkenden Patnoien allge¬
mein verbreitet. Der treffliche, zu früh geschiedene Braunschweiger Steinacker
hatte schon in den dreißiger Jahren für eine bessere Organisation des Zoll¬
vereins schätzbare Vorarbeiten geliefert. Und wenn der Verfasser meint, daß
"die hochgehenden Wogen der Hoffnung" in Frankfurt den Zollverein in den
Hintergrund gedrängt hätten, so kennt er eben nicht die von dem Reichsmini-
stcrium ausgearbeiteten Entwürfe einer Zollacte, eines Flußschifffah'rtsgesetzes,
u. s. w., nicht die Denkschrift an die östreichische Regierung, aus welcher diese
ihre Vorschläge zur Annäherung an den Zollverein fast wörtlich abgeschrieben
hat. Indem wir die vorliegende Schrift der Beachtung unserer Leser empfeh¬
len, halten wir es nicht für ganz überflüssig, zu bemerken, daß sie mit unsern Auf¬
sätzen über die Zukunft des Zollvereins "Jahrg. 1860, Heft 40 und 41) im Wesent¬
lichen übereinstimmt, daß wir aber mit der kleindeutschen Trias nicht einver¬
standen sind. Der Veteran unter den Vorkämpfern für die bessere Einigung
Deutschlands, Paul Psitzcr. ist in seiner neuesten Schrift über Bundesreform
durch die Unschlüssigkeit Preußens auf der einen und die Widerstandskraft des
Particularismus auf der andern Seite dahin gekommen, daß er sich ein Direc-
torium gefallen lassen will, nur um die Trias zu vermeiden. Aus ähnlichen
Gründen fügt sich Hr. I),-. Frauer der kleindeutschen Trias. Wir dagegen
bleiben bei der Ueberzeugung, daß, wenn der Augenblick gekommen sein wird,
eine bessere Form der Einigung ins Leben zu rufen, nicht eine die Ohnmacht
organisirende Vielköpfigkeit, sondern die einheitliche - Spitze zur Geltung kom¬
men wird.


Die östreichischen Finanzprobleme bezüglich Bank, Valuta und
Defizit. Von Dr. Gust. H . . . . n. Leipzig, Brockhaus. 1862.

In Oestreich ist nicht nur der Staatshaushalt zerrüttet, -- das ist schlimm,
-- sondern auch das Geldwesen. -- das ist schlimmer. Um die Finanzen zu
bessern, muß man weniger ausgeben und mehr einnehmen; um dem Geldwesen
zu helfen, muß man die Banknoten gegen Silber einlösen. Dies ist leichter
gesagt als gethan. Das Letztere aber ist das Dringendste, denn bevor das Geld¬
wesen in Ordnung ist, kann der Staatshaushalt nickt in Ordnung kommen.
Die Bank könnte ihre Noten einlösen, wenn der Staat ihr die Millionen wie¬
dergäbe, die sie ihm geliehen hat: aber der Staat hat kein Geld. Die Bank
würde ihre Lage schon wesentlich verbessern, wenn sie die Staatspapiere, die


Abschnitten der vorliegenden Schrift übereinstimmen, und wenn die Redaction
der Grenzboten etwa nnr den ersten gelesen haben sollte, so läßt sich ihre Wei¬
gerung der Aufnahme wohl begreifen. Das? sich die Grenzboten dem Gedan¬
ken des Verfassers, durch den Zollverein zum Bundesstaate zu gelangen, nicht
verschließen, dies haben sie zur Genüge bewiesen und beweisen es mit Ver¬
gnügen durch die Aufnahme unserer ausführlichen Besprechung seiner Schrift.
— Der Gedanke war übrigens vor 1848 unter den denkenden Patnoien allge¬
mein verbreitet. Der treffliche, zu früh geschiedene Braunschweiger Steinacker
hatte schon in den dreißiger Jahren für eine bessere Organisation des Zoll¬
vereins schätzbare Vorarbeiten geliefert. Und wenn der Verfasser meint, daß
„die hochgehenden Wogen der Hoffnung" in Frankfurt den Zollverein in den
Hintergrund gedrängt hätten, so kennt er eben nicht die von dem Reichsmini-
stcrium ausgearbeiteten Entwürfe einer Zollacte, eines Flußschifffah'rtsgesetzes,
u. s. w., nicht die Denkschrift an die östreichische Regierung, aus welcher diese
ihre Vorschläge zur Annäherung an den Zollverein fast wörtlich abgeschrieben
hat. Indem wir die vorliegende Schrift der Beachtung unserer Leser empfeh¬
len, halten wir es nicht für ganz überflüssig, zu bemerken, daß sie mit unsern Auf¬
sätzen über die Zukunft des Zollvereins «Jahrg. 1860, Heft 40 und 41) im Wesent¬
lichen übereinstimmt, daß wir aber mit der kleindeutschen Trias nicht einver¬
standen sind. Der Veteran unter den Vorkämpfern für die bessere Einigung
Deutschlands, Paul Psitzcr. ist in seiner neuesten Schrift über Bundesreform
durch die Unschlüssigkeit Preußens auf der einen und die Widerstandskraft des
Particularismus auf der andern Seite dahin gekommen, daß er sich ein Direc-
torium gefallen lassen will, nur um die Trias zu vermeiden. Aus ähnlichen
Gründen fügt sich Hr. I),-. Frauer der kleindeutschen Trias. Wir dagegen
bleiben bei der Ueberzeugung, daß, wenn der Augenblick gekommen sein wird,
eine bessere Form der Einigung ins Leben zu rufen, nicht eine die Ohnmacht
organisirende Vielköpfigkeit, sondern die einheitliche - Spitze zur Geltung kom¬
men wird.


Die östreichischen Finanzprobleme bezüglich Bank, Valuta und
Defizit. Von Dr. Gust. H . . . . n. Leipzig, Brockhaus. 1862.

In Oestreich ist nicht nur der Staatshaushalt zerrüttet, — das ist schlimm,
— sondern auch das Geldwesen. — das ist schlimmer. Um die Finanzen zu
bessern, muß man weniger ausgeben und mehr einnehmen; um dem Geldwesen
zu helfen, muß man die Banknoten gegen Silber einlösen. Dies ist leichter
gesagt als gethan. Das Letztere aber ist das Dringendste, denn bevor das Geld¬
wesen in Ordnung ist, kann der Staatshaushalt nickt in Ordnung kommen.
Die Bank könnte ihre Noten einlösen, wenn der Staat ihr die Millionen wie¬
dergäbe, die sie ihm geliehen hat: aber der Staat hat kein Geld. Die Bank
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[0277] Abschnitten der vorliegenden Schrift übereinstimmen, und wenn die Redaction der Grenzboten etwa nnr den ersten gelesen haben sollte, so läßt sich ihre Wei¬ gerung der Aufnahme wohl begreifen. Das? sich die Grenzboten dem Gedan¬ ken des Verfassers, durch den Zollverein zum Bundesstaate zu gelangen, nicht verschließen, dies haben sie zur Genüge bewiesen und beweisen es mit Ver¬ gnügen durch die Aufnahme unserer ausführlichen Besprechung seiner Schrift. — Der Gedanke war übrigens vor 1848 unter den denkenden Patnoien allge¬ mein verbreitet. Der treffliche, zu früh geschiedene Braunschweiger Steinacker hatte schon in den dreißiger Jahren für eine bessere Organisation des Zoll¬ vereins schätzbare Vorarbeiten geliefert. Und wenn der Verfasser meint, daß „die hochgehenden Wogen der Hoffnung" in Frankfurt den Zollverein in den Hintergrund gedrängt hätten, so kennt er eben nicht die von dem Reichsmini- stcrium ausgearbeiteten Entwürfe einer Zollacte, eines Flußschifffah'rtsgesetzes, u. s. w., nicht die Denkschrift an die östreichische Regierung, aus welcher diese ihre Vorschläge zur Annäherung an den Zollverein fast wörtlich abgeschrieben hat. Indem wir die vorliegende Schrift der Beachtung unserer Leser empfeh¬ len, halten wir es nicht für ganz überflüssig, zu bemerken, daß sie mit unsern Auf¬ sätzen über die Zukunft des Zollvereins «Jahrg. 1860, Heft 40 und 41) im Wesent¬ lichen übereinstimmt, daß wir aber mit der kleindeutschen Trias nicht einver¬ standen sind. Der Veteran unter den Vorkämpfern für die bessere Einigung Deutschlands, Paul Psitzcr. ist in seiner neuesten Schrift über Bundesreform durch die Unschlüssigkeit Preußens auf der einen und die Widerstandskraft des Particularismus auf der andern Seite dahin gekommen, daß er sich ein Direc- torium gefallen lassen will, nur um die Trias zu vermeiden. Aus ähnlichen Gründen fügt sich Hr. I),-. Frauer der kleindeutschen Trias. Wir dagegen bleiben bei der Ueberzeugung, daß, wenn der Augenblick gekommen sein wird, eine bessere Form der Einigung ins Leben zu rufen, nicht eine die Ohnmacht organisirende Vielköpfigkeit, sondern die einheitliche - Spitze zur Geltung kom¬ men wird. Die östreichischen Finanzprobleme bezüglich Bank, Valuta und Defizit. Von Dr. Gust. H . . . . n. Leipzig, Brockhaus. 1862. In Oestreich ist nicht nur der Staatshaushalt zerrüttet, — das ist schlimm, — sondern auch das Geldwesen. — das ist schlimmer. Um die Finanzen zu bessern, muß man weniger ausgeben und mehr einnehmen; um dem Geldwesen zu helfen, muß man die Banknoten gegen Silber einlösen. Dies ist leichter gesagt als gethan. Das Letztere aber ist das Dringendste, denn bevor das Geld¬ wesen in Ordnung ist, kann der Staatshaushalt nickt in Ordnung kommen. Die Bank könnte ihre Noten einlösen, wenn der Staat ihr die Millionen wie¬ dergäbe, die sie ihm geliehen hat: aber der Staat hat kein Geld. Die Bank würde ihre Lage schon wesentlich verbessern, wenn sie die Staatspapiere, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/277>, abgerufen am 05.01.2025.