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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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Herr von der Heydt am Ruder.

Die wirklichen Machtmittel der Staatsgewalt in Preußen, so weit sie nicht
in der Kirche und dem Zeughause liegen, sind gegenwärtig in der Hand des
Herrn v. d. Heydt vereinigt. Er gebietet über drei Ministerien. Die Finanzen
hat er selbst übernommen, und hat ihnen als köstliche Mvrgengabe aus dem
Handelsministerium die Preußische Bank zugebracht. Mit der Bank und der
Seehandlung lassen sich große Dinge ausführen. Indem Herr v. d. Heydt die
Finanzen in die Hand nahm, hat er den Handel -- nebst Posten, Eisenbahnen,
Telegraphen und Bergwerken -- nicht aus der Hand gelassen. Für dieses Por¬
tefeuille wird ein Träger gesucht, der seinem Meister folgt, und bis derselbe
gefunden sein wird, arbeiten die Räthe unter der gewohnten Leitung. Dem
Ministerium des Innern steht Herr v, Jagow vor und gibt Herrn v. d. Heydt
die Zuversicht, daß seine Pläne und Anordnungen nicht auf Hindernisse von
Seiten der inneren Verwaltung stoßen werden. So hat denn Preußen die
nächsten Aeußerungen seines Staaslebens von den Entschließungen des mächtigen
Mannes zu erwarten, der nicht allein den großen Apparat an Organen und
Mitteln zu Beförderung des Wohlstandes und unzähliger Interessen beherrsch!,
sondern auch seine Collegen an Ideen, Thatkraft und Entschlossenheit übertrifft.
Und man kann nicht behaupten, daß eine besondere Neigung der Krone für
Talente in Geld- und Handelsgeschäften den bewährten Handelsminister mit so
viel Macht ausgestattet, noch daß der alte und befestigte Grundbesitz dem Kauf¬
mann aus Elberfeld als ebenbürtigem Führer mit Hingebung sich unterordne, noch
weniger, daß die Mehrheit der Volksvertretung den Collegen des Herrn v. Man-
teuffel auf dem Schilde emporgehoben habe. Nein, Herr v. d. Heydt steht am
Steuer des Preußischen Staates, weil man ihm zutraut, vielleicht auch weil er
verheißen hat, zu gleicher Zeit die Krone, die Herren und die Gemeinen^zufneoen zu
stellen und den ausgebrochenen Conflict in allgemeines Wohlgefallen aufzulösen.

Man könnte fragen, warum der Handelsminister seine Gedanken über eine
richtige Leitung der Staatsgeschäfte nicht schon längst seinen früheren Collegen
mitgetheilt, und den Versuch gemacht habe, sie für die Durchführung zu gewinnen.
Vorab der Wunsch, die Früchte seiner Ideen allein zu genießen, bann auch Zweifel
an dem Gelingen des Versuchs, mindestens das Vorgefühl schwerer Kämpfe gegen
allerhand Scrupel und Bedenken von Seiten der Herren v. Patow und Schwerin,
mögen ihn zu dem Entschlüsse geführt haben, sich zuerst die unbequemen Collegen
Vom Halse zu schaffen. Unbequem waren sie in mehr als einer Beziehung.


Herr von der Heydt am Ruder.

Die wirklichen Machtmittel der Staatsgewalt in Preußen, so weit sie nicht
in der Kirche und dem Zeughause liegen, sind gegenwärtig in der Hand des
Herrn v. d. Heydt vereinigt. Er gebietet über drei Ministerien. Die Finanzen
hat er selbst übernommen, und hat ihnen als köstliche Mvrgengabe aus dem
Handelsministerium die Preußische Bank zugebracht. Mit der Bank und der
Seehandlung lassen sich große Dinge ausführen. Indem Herr v. d. Heydt die
Finanzen in die Hand nahm, hat er den Handel — nebst Posten, Eisenbahnen,
Telegraphen und Bergwerken — nicht aus der Hand gelassen. Für dieses Por¬
tefeuille wird ein Träger gesucht, der seinem Meister folgt, und bis derselbe
gefunden sein wird, arbeiten die Räthe unter der gewohnten Leitung. Dem
Ministerium des Innern steht Herr v, Jagow vor und gibt Herrn v. d. Heydt
die Zuversicht, daß seine Pläne und Anordnungen nicht auf Hindernisse von
Seiten der inneren Verwaltung stoßen werden. So hat denn Preußen die
nächsten Aeußerungen seines Staaslebens von den Entschließungen des mächtigen
Mannes zu erwarten, der nicht allein den großen Apparat an Organen und
Mitteln zu Beförderung des Wohlstandes und unzähliger Interessen beherrsch!,
sondern auch seine Collegen an Ideen, Thatkraft und Entschlossenheit übertrifft.
Und man kann nicht behaupten, daß eine besondere Neigung der Krone für
Talente in Geld- und Handelsgeschäften den bewährten Handelsminister mit so
viel Macht ausgestattet, noch daß der alte und befestigte Grundbesitz dem Kauf¬
mann aus Elberfeld als ebenbürtigem Führer mit Hingebung sich unterordne, noch
weniger, daß die Mehrheit der Volksvertretung den Collegen des Herrn v. Man-
teuffel auf dem Schilde emporgehoben habe. Nein, Herr v. d. Heydt steht am
Steuer des Preußischen Staates, weil man ihm zutraut, vielleicht auch weil er
verheißen hat, zu gleicher Zeit die Krone, die Herren und die Gemeinen^zufneoen zu
stellen und den ausgebrochenen Conflict in allgemeines Wohlgefallen aufzulösen.

Man könnte fragen, warum der Handelsminister seine Gedanken über eine
richtige Leitung der Staatsgeschäfte nicht schon längst seinen früheren Collegen
mitgetheilt, und den Versuch gemacht habe, sie für die Durchführung zu gewinnen.
Vorab der Wunsch, die Früchte seiner Ideen allein zu genießen, bann auch Zweifel
an dem Gelingen des Versuchs, mindestens das Vorgefühl schwerer Kämpfe gegen
allerhand Scrupel und Bedenken von Seiten der Herren v. Patow und Schwerin,
mögen ihn zu dem Entschlüsse geführt haben, sich zuerst die unbequemen Collegen
Vom Halse zu schaffen. Unbequem waren sie in mehr als einer Beziehung.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/117>, abgerufen am 05.01.2025.