Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Die letzteren sind uns nicht bekannt. Ganz richtig ist ferner, daß sein Amt
ihn in eine Stellung drängte, die nicht ganz mit der Richtung seiner Jugend
übereinstimmte. Viele Jahre, erzählt Varnhagen, ging er mit dem Borhaben
um, als Hauptwerk seines Lebens einen Roman zu schreiben, wie etwa
"Wilhelm Meister". Als Studien dazu wollte er ein paar Bände Novellen
liefern, die besonders das Leben der untern Stände schildern sollten. -- Nicht
ohne Feinheit ist auch die folgende Bemerkung-. "Schleiermachers ganzer Stil
tränkt an seiner Uebersetzung des Platon, diese aber an dem unglücklichen
Versuch, die griechischen Partikeln wiederzugeben. Diese spielen in seinem Den¬
ken und Schreiben eine so wichtige als nachtheilige Rolle. Er fühlte sehr
wohl die Macht und den Sturz dieser Ausdrucksweise, die jedoch mehr eine
Begleitung, ein umgebender Dust, ein schimmerndes Beiwerk ist. als die
Sache selbst. In der That sind ebenso auch seine Gedanken keine festen Grund-
und Kerngedanken, wie Fichte und Hegel sie haben, sondern meist nur Modi-
sicirungen. Näherungen, Umgehungen, Zurechlstcllungen, wobei die Substanz
entweder fehlt, oder anderweitig entlehnt werden muß. Unglücklicher noch
fällt seine Schreibart durch solchen Mißstand aus; hier wird, was dort noch
oft ein anmuthig verdecktes Negative ist, zu positivem, plumpem Auswuchs:
die griechische Lust wird zu dickem Dunste; die leichtbeschwingten, beweglichen
Vögel, anstatt zu schweben und zu flattern, füllen bleiern zu Boden, die Ge¬
lenke erstarren, und kaum daß ein kriechendes Gewürm noch einiges Leben
zeigt! Schleiermacher war nicht ohne Bewußtsein hierüber, er selbst versicherte
einmal in Halle, in jeder seiner Perioden wisse er ein geheimes Gebrechen
versteckt, in vielen könne er es bestimmt angeben, und er meinte, dergleichen
müsse man mir Ergebung tragen, wie ein äußerliches körperliches Ge¬
,
Julian Schmidt.
-''><--!"! brechen."
. -:"P> "--^.'l^y,^-,^' !'im - HM- Wh. ,'mis. Ap.-l -H> n, M"p,!




Aus dem Leben der Hindu.
! ,ol,'l twit Ap6',.Miwl

Die folgenden Schilderungen entnehmen wir dem Nachlaß Leopold's
Von Orlich, der soeben als Schluß des bekannten Werkes des Verewigten,
von Dr. Karl Vöttger geordnet und durch eigne Beiträge wesentlich ergänzt,

Die letzteren sind uns nicht bekannt. Ganz richtig ist ferner, daß sein Amt
ihn in eine Stellung drängte, die nicht ganz mit der Richtung seiner Jugend
übereinstimmte. Viele Jahre, erzählt Varnhagen, ging er mit dem Borhaben
um, als Hauptwerk seines Lebens einen Roman zu schreiben, wie etwa
„Wilhelm Meister". Als Studien dazu wollte er ein paar Bände Novellen
liefern, die besonders das Leben der untern Stände schildern sollten. — Nicht
ohne Feinheit ist auch die folgende Bemerkung-. „Schleiermachers ganzer Stil
tränkt an seiner Uebersetzung des Platon, diese aber an dem unglücklichen
Versuch, die griechischen Partikeln wiederzugeben. Diese spielen in seinem Den¬
ken und Schreiben eine so wichtige als nachtheilige Rolle. Er fühlte sehr
wohl die Macht und den Sturz dieser Ausdrucksweise, die jedoch mehr eine
Begleitung, ein umgebender Dust, ein schimmerndes Beiwerk ist. als die
Sache selbst. In der That sind ebenso auch seine Gedanken keine festen Grund-
und Kerngedanken, wie Fichte und Hegel sie haben, sondern meist nur Modi-
sicirungen. Näherungen, Umgehungen, Zurechlstcllungen, wobei die Substanz
entweder fehlt, oder anderweitig entlehnt werden muß. Unglücklicher noch
fällt seine Schreibart durch solchen Mißstand aus; hier wird, was dort noch
oft ein anmuthig verdecktes Negative ist, zu positivem, plumpem Auswuchs:
die griechische Lust wird zu dickem Dunste; die leichtbeschwingten, beweglichen
Vögel, anstatt zu schweben und zu flattern, füllen bleiern zu Boden, die Ge¬
lenke erstarren, und kaum daß ein kriechendes Gewürm noch einiges Leben
zeigt! Schleiermacher war nicht ohne Bewußtsein hierüber, er selbst versicherte
einmal in Halle, in jeder seiner Perioden wisse er ein geheimes Gebrechen
versteckt, in vielen könne er es bestimmt angeben, und er meinte, dergleichen
müsse man mir Ergebung tragen, wie ein äußerliches körperliches Ge¬
,
Julian Schmidt.
-''><--!«! brechen."
. -:»P> „--^.'l^y,^-,^' !'im - HM- Wh. ,'mis. Ap.-l -H> n, M»p,!




Aus dem Leben der Hindu.
! ,ol,'l twit Ap6',.Miwl

Die folgenden Schilderungen entnehmen wir dem Nachlaß Leopold's
Von Orlich, der soeben als Schluß des bekannten Werkes des Verewigten,
von Dr. Karl Vöttger geordnet und durch eigne Beiträge wesentlich ergänzt,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0338" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112846"/>
            <p xml:id="ID_1010" prev="#ID_1009"> Die letzteren sind uns nicht bekannt. Ganz richtig ist ferner, daß sein Amt<lb/>
ihn in eine Stellung drängte, die nicht ganz mit der Richtung seiner Jugend<lb/>
übereinstimmte. Viele Jahre, erzählt Varnhagen, ging er mit dem Borhaben<lb/>
um, als Hauptwerk seines Lebens einen Roman zu schreiben, wie etwa<lb/>
&#x201E;Wilhelm Meister". Als Studien dazu wollte er ein paar Bände Novellen<lb/>
liefern, die besonders das Leben der untern Stände schildern sollten. &#x2014; Nicht<lb/>
ohne Feinheit ist auch die folgende Bemerkung-. &#x201E;Schleiermachers ganzer Stil<lb/>
tränkt an seiner Uebersetzung des Platon, diese aber an dem unglücklichen<lb/>
Versuch, die griechischen Partikeln wiederzugeben. Diese spielen in seinem Den¬<lb/>
ken und Schreiben eine so wichtige als nachtheilige Rolle. Er fühlte sehr<lb/>
wohl die Macht und den Sturz dieser Ausdrucksweise, die jedoch mehr eine<lb/>
Begleitung, ein umgebender Dust, ein schimmerndes Beiwerk ist. als die<lb/>
Sache selbst. In der That sind ebenso auch seine Gedanken keine festen Grund-<lb/>
und Kerngedanken, wie Fichte und Hegel sie haben, sondern meist nur Modi-<lb/>
sicirungen. Näherungen, Umgehungen, Zurechlstcllungen, wobei die Substanz<lb/>
entweder fehlt, oder anderweitig entlehnt werden muß. Unglücklicher noch<lb/>
fällt seine Schreibart durch solchen Mißstand aus; hier wird, was dort noch<lb/>
oft ein anmuthig verdecktes Negative ist, zu positivem, plumpem Auswuchs:<lb/>
die griechische Lust wird zu dickem Dunste; die leichtbeschwingten, beweglichen<lb/>
Vögel, anstatt zu schweben und zu flattern, füllen bleiern zu Boden, die Ge¬<lb/>
lenke erstarren, und kaum daß ein kriechendes Gewürm noch einiges Leben<lb/>
zeigt! Schleiermacher war nicht ohne Bewußtsein hierüber, er selbst versicherte<lb/>
einmal in Halle, in jeder seiner Perioden wisse er ein geheimes Gebrechen<lb/>
versteckt, in vielen könne er es bestimmt angeben, und er meinte, dergleichen<lb/>
müsse man mir Ergebung tragen, wie ein äußerliches körperliches Ge¬<lb/><note type="byline"> ,<lb/>
Julian Schmidt.<lb/>
-''&gt;&lt;--!«!</note> brechen."<lb/>
.   -:»P&gt; &#x201E;--^.'l^y,^-,^' !'im - HM- Wh. ,'mis. Ap.-l -H&gt; n, M»p,! </p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Aus dem Leben der Hindu.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> ! ,ol,'l    twit Ap6',.Miwl</head><lb/>
            <note type="argument"> Die folgenden Schilderungen entnehmen wir dem Nachlaß Leopold's<lb/>
Von Orlich, der soeben als Schluß des bekannten Werkes des Verewigten,<lb/>
von Dr. Karl Vöttger geordnet und durch eigne Beiträge wesentlich ergänzt,</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0338] Die letzteren sind uns nicht bekannt. Ganz richtig ist ferner, daß sein Amt ihn in eine Stellung drängte, die nicht ganz mit der Richtung seiner Jugend übereinstimmte. Viele Jahre, erzählt Varnhagen, ging er mit dem Borhaben um, als Hauptwerk seines Lebens einen Roman zu schreiben, wie etwa „Wilhelm Meister". Als Studien dazu wollte er ein paar Bände Novellen liefern, die besonders das Leben der untern Stände schildern sollten. — Nicht ohne Feinheit ist auch die folgende Bemerkung-. „Schleiermachers ganzer Stil tränkt an seiner Uebersetzung des Platon, diese aber an dem unglücklichen Versuch, die griechischen Partikeln wiederzugeben. Diese spielen in seinem Den¬ ken und Schreiben eine so wichtige als nachtheilige Rolle. Er fühlte sehr wohl die Macht und den Sturz dieser Ausdrucksweise, die jedoch mehr eine Begleitung, ein umgebender Dust, ein schimmerndes Beiwerk ist. als die Sache selbst. In der That sind ebenso auch seine Gedanken keine festen Grund- und Kerngedanken, wie Fichte und Hegel sie haben, sondern meist nur Modi- sicirungen. Näherungen, Umgehungen, Zurechlstcllungen, wobei die Substanz entweder fehlt, oder anderweitig entlehnt werden muß. Unglücklicher noch fällt seine Schreibart durch solchen Mißstand aus; hier wird, was dort noch oft ein anmuthig verdecktes Negative ist, zu positivem, plumpem Auswuchs: die griechische Lust wird zu dickem Dunste; die leichtbeschwingten, beweglichen Vögel, anstatt zu schweben und zu flattern, füllen bleiern zu Boden, die Ge¬ lenke erstarren, und kaum daß ein kriechendes Gewürm noch einiges Leben zeigt! Schleiermacher war nicht ohne Bewußtsein hierüber, er selbst versicherte einmal in Halle, in jeder seiner Perioden wisse er ein geheimes Gebrechen versteckt, in vielen könne er es bestimmt angeben, und er meinte, dergleichen müsse man mir Ergebung tragen, wie ein äußerliches körperliches Ge¬ , Julian Schmidt. -''><--!«! brechen." . -:»P> „--^.'l^y,^-,^' !'im - HM- Wh. ,'mis. Ap.-l -H> n, M»p,! Aus dem Leben der Hindu. ! ,ol,'l twit Ap6',.Miwl Die folgenden Schilderungen entnehmen wir dem Nachlaß Leopold's Von Orlich, der soeben als Schluß des bekannten Werkes des Verewigten, von Dr. Karl Vöttger geordnet und durch eigne Beiträge wesentlich ergänzt,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/338
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/338>, abgerufen am 27.12.2024.