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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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stets die deutsche Flotte bleiben undwird. wenn sich Deutschland
zu ein er einheitlicher en Gestaltung durcharbeiten wird, den Kern
einer größeren, ganz Deutschland angehörenden deutschen Flotte
bilden.

Der deutsche Bund, welcher die zum großen Theil durch freiwillige Bei¬
träge begründete deutsche Flotte auflöste, ohne daß die Regierungen, welche
diesen Schritt betrieben.,an deren Stelle eine andere setzten, hat gezeigt, daß
ihm die Vertheidigung Deutschlands dann, wenn sie durch ein einheitliches
der Particularsouveränetüt nicht dienstbares Mittel geschehen muß, gleichgül¬
tig ist. Preußen hat an die Stelle der aufgelösten Flotte eine neue gesetzt,
welche schon jetzt um das Doppelte größer ist, als es die unter den Hammer
gebrachte Flotte war. Indem die deutsche Nation, welche die Auslösung
jener Flotte nicht hindern konnte, sich gegenwartig nicht bloß mit ihren'
Wünschen, sondern auch thatsächlich an der Herstellung einer neuen betheiligt,
zeigt sie, daß sie dem Untergange, welchem der Mangel einer einheitlichen
Verfassung sie entgegenführen müßte, noch nicht verfallen ist, daß vielmehr
in ihr die sittlichen Kräfte, durch welche die Völker erhalten und zu Größe
und Macht geführt werden, noch lebendig sind.




Die Pariser Kunstausstellung von 1861 und die bildende Kunst
des 19. Jahrhunderts in Frankreich.
3.
Die Stimmung. Die Sitten und die Bühne. Der Einfluß des
Lebens auf die Kunst.

Der Franzose verläugnet auch jetzt, da sich die Welthändel für ihn viel¬
wehr erst recht zu verwickeln als zu schlichten scheinen, die Sorglosigkeit seines
Charakters, die Unbekümmertheit seines Naturells nicht. Von jeher gewohnt,
die Bedenken über das Morgen in den Wind zu schlagen und vom Tag auf
den Tag zu leben, auch in eine mißliche Lage eher sich zu fügen, als über
sie zu grübeln, läßt er sich die unheimlichen Neuerungen in der Architektur,
wie in der Politik wenig anfechten. Dem Geschäftsmann mag freilich bei


Grenzboten III. 1861, ^

stets die deutsche Flotte bleiben undwird. wenn sich Deutschland
zu ein er einheitlicher en Gestaltung durcharbeiten wird, den Kern
einer größeren, ganz Deutschland angehörenden deutschen Flotte
bilden.

Der deutsche Bund, welcher die zum großen Theil durch freiwillige Bei¬
träge begründete deutsche Flotte auflöste, ohne daß die Regierungen, welche
diesen Schritt betrieben.,an deren Stelle eine andere setzten, hat gezeigt, daß
ihm die Vertheidigung Deutschlands dann, wenn sie durch ein einheitliches
der Particularsouveränetüt nicht dienstbares Mittel geschehen muß, gleichgül¬
tig ist. Preußen hat an die Stelle der aufgelösten Flotte eine neue gesetzt,
welche schon jetzt um das Doppelte größer ist, als es die unter den Hammer
gebrachte Flotte war. Indem die deutsche Nation, welche die Auslösung
jener Flotte nicht hindern konnte, sich gegenwartig nicht bloß mit ihren'
Wünschen, sondern auch thatsächlich an der Herstellung einer neuen betheiligt,
zeigt sie, daß sie dem Untergange, welchem der Mangel einer einheitlichen
Verfassung sie entgegenführen müßte, noch nicht verfallen ist, daß vielmehr
in ihr die sittlichen Kräfte, durch welche die Völker erhalten und zu Größe
und Macht geführt werden, noch lebendig sind.




Die Pariser Kunstausstellung von 1861 und die bildende Kunst
des 19. Jahrhunderts in Frankreich.
3.
Die Stimmung. Die Sitten und die Bühne. Der Einfluß des
Lebens auf die Kunst.

Der Franzose verläugnet auch jetzt, da sich die Welthändel für ihn viel¬
wehr erst recht zu verwickeln als zu schlichten scheinen, die Sorglosigkeit seines
Charakters, die Unbekümmertheit seines Naturells nicht. Von jeher gewohnt,
die Bedenken über das Morgen in den Wind zu schlagen und vom Tag auf
den Tag zu leben, auch in eine mißliche Lage eher sich zu fügen, als über
sie zu grübeln, läßt er sich die unheimlichen Neuerungen in der Architektur,
wie in der Politik wenig anfechten. Dem Geschäftsmann mag freilich bei


Grenzboten III. 1861, ^
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[0219] stets die deutsche Flotte bleiben undwird. wenn sich Deutschland zu ein er einheitlicher en Gestaltung durcharbeiten wird, den Kern einer größeren, ganz Deutschland angehörenden deutschen Flotte bilden. Der deutsche Bund, welcher die zum großen Theil durch freiwillige Bei¬ träge begründete deutsche Flotte auflöste, ohne daß die Regierungen, welche diesen Schritt betrieben.,an deren Stelle eine andere setzten, hat gezeigt, daß ihm die Vertheidigung Deutschlands dann, wenn sie durch ein einheitliches der Particularsouveränetüt nicht dienstbares Mittel geschehen muß, gleichgül¬ tig ist. Preußen hat an die Stelle der aufgelösten Flotte eine neue gesetzt, welche schon jetzt um das Doppelte größer ist, als es die unter den Hammer gebrachte Flotte war. Indem die deutsche Nation, welche die Auslösung jener Flotte nicht hindern konnte, sich gegenwartig nicht bloß mit ihren' Wünschen, sondern auch thatsächlich an der Herstellung einer neuen betheiligt, zeigt sie, daß sie dem Untergange, welchem der Mangel einer einheitlichen Verfassung sie entgegenführen müßte, noch nicht verfallen ist, daß vielmehr in ihr die sittlichen Kräfte, durch welche die Völker erhalten und zu Größe und Macht geführt werden, noch lebendig sind. Die Pariser Kunstausstellung von 1861 und die bildende Kunst des 19. Jahrhunderts in Frankreich. 3. Die Stimmung. Die Sitten und die Bühne. Der Einfluß des Lebens auf die Kunst. Der Franzose verläugnet auch jetzt, da sich die Welthändel für ihn viel¬ wehr erst recht zu verwickeln als zu schlichten scheinen, die Sorglosigkeit seines Charakters, die Unbekümmertheit seines Naturells nicht. Von jeher gewohnt, die Bedenken über das Morgen in den Wind zu schlagen und vom Tag auf den Tag zu leben, auch in eine mißliche Lage eher sich zu fügen, als über sie zu grübeln, läßt er sich die unheimlichen Neuerungen in der Architektur, wie in der Politik wenig anfechten. Dem Geschäftsmann mag freilich bei Grenzboten III. 1861, ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/219>, abgerufen am 13.11.2024.