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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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jeder anders Denkende Anspruch auf unsere Liebe und Brüderlichkeit hat und
wir nicht berechtigt sind, unseren deutschen Brüdern, zu welcher Konfession sie
sich auch bekennen mögen, die friedliche Ansiedlung in unsere Bergen zu wehren.

Wir sind vielmehr überzeugt, daß wir durch eine freie Toleranz die Sym¬
pathien unseres deutschen Brudervolkes erwerben, wodurch der. der deutschen
Nation eigenen christlich humanen Bildung endlich Eingang in unsere Berge
verschafft würde und zugleich durch eine geistige Befreundung die industrielle
Thätigkeit in unserem engeren Vaterlande einen günstigeren Aufschwung neh¬
men könnte.

Harren Sie aus im geistigen Kampfe gegen die Macht der Willkür und
rohen Gewalt, dieser traurigen Ueberbleibsel des Mittelalters, mit den geistigen
Waffen der Vernunft und des freien Wortes die bisherige Bahn verfolgend.
-- und die dauernde Liebe und Hochachtung aller Gebildeten wird Sie lohnen.

Der Gott aber, dessen heiligen Namen zu entweihen die Hierarchie oft
sich vermessen hat. der Gott der Wahrheit und des Lichts, er kämpft in unseren
Reihen. Unser ist der Sieg!" --

Zu Innsbruck anwesende Engländer haben beschlossen, eine protestantische
Kirche zu bauen; das ist jedenfalls der beste Weg, um unsern Klerus endlich
thatsächlich vom Bestehen der Toleranzgesetze zu überzeugen, sowie auch die
Regierung die schönste Gelegenheit hat, zu beweisen, daß es ihr mit dem
Fortschritte gründlicher Ernst ist --selbst dort wo es dem Herrn Bischof
von Brixen mißfällt.




Noch ein Wort über französische Zustände.

Wenn man den Stimmen der Negierungsorgane in Paris glauben dürfte,
^ wäre in Frankreich seit Einrichtung des Kaiserreichs auch in Betreff der
volkswirthschaftlichen Verhältnisse nichts als Fortschritte zu bemerken. Daß
^'w nicht so ist. zeigt unter Anderm die soeben bei Perthes in Gotha er¬
schienene kleine Schrift "Die Bevölkerung des französischen Kaiserreichs in ih>
ren wichtigsten statistischen Verhältnissen von I)r. M. Block." Dasselbe gibt
b'e Resultate der Volkszählungen. Notizen über Geburten. Ehen und Todes-
'°l>e, über die Vertheilung der Bevölkerung auf die einzelnen Berufszweige,
uhn den Zustand des Volksunterrichts, der Sittlichkeit, der öffentlichen Wohl¬
tätigkeit u. s. w. Beigegeben sind Tabellen und Karten, welche zeigen, wie
le betreffenden Gesammtziffern sich über die einzelnen Departements ver-
theilen.


jeder anders Denkende Anspruch auf unsere Liebe und Brüderlichkeit hat und
wir nicht berechtigt sind, unseren deutschen Brüdern, zu welcher Konfession sie
sich auch bekennen mögen, die friedliche Ansiedlung in unsere Bergen zu wehren.

Wir sind vielmehr überzeugt, daß wir durch eine freie Toleranz die Sym¬
pathien unseres deutschen Brudervolkes erwerben, wodurch der. der deutschen
Nation eigenen christlich humanen Bildung endlich Eingang in unsere Berge
verschafft würde und zugleich durch eine geistige Befreundung die industrielle
Thätigkeit in unserem engeren Vaterlande einen günstigeren Aufschwung neh¬
men könnte.

Harren Sie aus im geistigen Kampfe gegen die Macht der Willkür und
rohen Gewalt, dieser traurigen Ueberbleibsel des Mittelalters, mit den geistigen
Waffen der Vernunft und des freien Wortes die bisherige Bahn verfolgend.
— und die dauernde Liebe und Hochachtung aller Gebildeten wird Sie lohnen.

Der Gott aber, dessen heiligen Namen zu entweihen die Hierarchie oft
sich vermessen hat. der Gott der Wahrheit und des Lichts, er kämpft in unseren
Reihen. Unser ist der Sieg!" —

Zu Innsbruck anwesende Engländer haben beschlossen, eine protestantische
Kirche zu bauen; das ist jedenfalls der beste Weg, um unsern Klerus endlich
thatsächlich vom Bestehen der Toleranzgesetze zu überzeugen, sowie auch die
Regierung die schönste Gelegenheit hat, zu beweisen, daß es ihr mit dem
Fortschritte gründlicher Ernst ist —selbst dort wo es dem Herrn Bischof
von Brixen mißfällt.




Noch ein Wort über französische Zustände.

Wenn man den Stimmen der Negierungsorgane in Paris glauben dürfte,
^ wäre in Frankreich seit Einrichtung des Kaiserreichs auch in Betreff der
volkswirthschaftlichen Verhältnisse nichts als Fortschritte zu bemerken. Daß
^'w nicht so ist. zeigt unter Anderm die soeben bei Perthes in Gotha er¬
schienene kleine Schrift „Die Bevölkerung des französischen Kaiserreichs in ih>
ren wichtigsten statistischen Verhältnissen von I)r. M. Block." Dasselbe gibt
b'e Resultate der Volkszählungen. Notizen über Geburten. Ehen und Todes-
'°l>e, über die Vertheilung der Bevölkerung auf die einzelnen Berufszweige,
uhn den Zustand des Volksunterrichts, der Sittlichkeit, der öffentlichen Wohl¬
tätigkeit u. s. w. Beigegeben sind Tabellen und Karten, welche zeigen, wie
le betreffenden Gesammtziffern sich über die einzelnen Departements ver-
theilen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/201>, abgerufen am 13.11.2024.