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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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deckte Felsblock, bezeichnet mit "Nam Thorfins", d. i. Grundstück Thorfins.
zeigt genau den Schauplatz jener frühesten, größten, reichsten Kolonisation.
Der Stein enthält zu beiden Seiten rohe Menschenfiguren in zwei Abtheilun¬
gen, von denen die eine längliche Gesichter, die andern runde Köpfe haben,
wie die Eskimos, und viel kleiner und schmächtiger gestaltet sind. Mit solchem
Volk, das hier den Normannen Pelzwerk lieferte, aber noch keine Kenntniß vom
Eisen hatte, kam man in Berührung. So weit gegen Süden wohnte damals
dieses Volk, das gegenwärtig erst mehrere hundert Meilen weiter gegen den
Norden zurückgedrängt heimisch ist. Sie werden von den Normannen nur ver¬
ächtlich Skrällinger genannt, d. h. Abschnitzel von Menschen. Zwerge.
Rothhäute, kräftige Jndianerstämme, welche die spätern Europäer dort als An¬
siedler fanden, hatten sich also noch nicht so weit nordwärts ausgebreitet. Dies
geschah erst später, als die Centralamerikaner diese rothen Jndianerstämme ge¬
gen Norden zurückdrängten, und diese wieder die Eskimostämme weiter gegen
den polaren Norden fortzurücken nöthigten. Also auch über eine amerikanische
Völkerwanderung gibt die erste Entdeckung der Normanen einigen Aufschluß.

Der Verkehr mit Winland durch Pelzwerk. Bauholz und andere Waaren
scheint Island manchen Gewinn gebracht zu haben. Thorfin ging als sehr
reicher Mann aus Winland erst nach Grönland und dann nach Island zurück,
wo er sich ein großes Landgut kaufte, in Norden Syssel, und auf ihm ein
Prächtiges Haus erbaute, wo er starb. Nach seinem Tode wallfahrtete seine
Gemahlin Gudnd nach Rom und kehrte als Nonne nach Island zurück. Sie
starb in einem Kloster, das ihr in Winland geborner Sohn Snorre Sturleson,
der ausgezeichnetste Gelehrte und Richter (Lagman) in Island ihr erbaut halte.
Der Sohn ihrer Tochter war der berühmte Bischof Thorlak Runols Son. der
die erste christliche Schrift in Island veröffentlichte. Die Entdeckung kam also
frühzeitig nach Rom. wo man aber kein Interesse dafür zeigte.

Viele Fahrten gingen später nach Winland. Hundert Jahre nach der
ersten Ansiedlung wird ein Bischof Erik in Grönland genannt, der im Jahr
1121 nach Winland überschiffte, seine dortigen noch heidnischen Landsleute
zum Christenthum zu bekehren. Später hören die Nachrichten in Folge des
Verschwindens von Grönland auch in Winland auf, und das Schicksal jener
Eolonie ist gänzlich unbekannt geblieben. Eine bloße Vermuthung der neuern
Zeit war es, die im Innern der Insel Neufundland hausenden wilden Stämme
der dortigen sogenannten rothen Indianer für Nachkommen der Normannen zu
halten, weil sie in beständiger Feindschaft mit den Eskimos lebten.

Also schon 500 Jahre vor Columvus erweiterten die Isländer die Erd¬
runde hinüber bis nach Nordamerika. Es fehlte nur an Etfer und an Energie
lyrer Nachkommen, um zuerst als Gebieter dieser Nordhälfte des mächtigen
Erdtheils eine Weltherrschaft errungen zu haben.




Von der preußischen Grenze.

Der scheußliche Mordanfall auf einen Monarchen, welcher nicht bloß durch seine
hohe Stellung, sondern hauptsächlich durch seine Persönlichkeit vielleicht unter allen
i°de regierenden Fürsten sich die meiste Achtung erworben hat. verdient namentlich
s"nes Motivs wegen reifliche Erwägung. Wie sich aus der bisherigen Untersuchung
herauszustellen scheint, hal der Verbrecher sich deshalb gemüßigt gesehen den Komg
von Preußen umzubringen, weil derselbe seiner. Aufgabe nicht gewachsen sei! Bisher
lenkte in solchen Fällen doch immer Haß und Rache das Mordgcwchr: Rache wegen
"mer vermeintlichen Uebelthat, Haß gegen den vermeintlichen Feind des Volks. Da¬
von ist in diesem Fall keine Rede - wie man sonst in der Komödie einem Schauspieler, mit


deckte Felsblock, bezeichnet mit „Nam Thorfins", d. i. Grundstück Thorfins.
zeigt genau den Schauplatz jener frühesten, größten, reichsten Kolonisation.
Der Stein enthält zu beiden Seiten rohe Menschenfiguren in zwei Abtheilun¬
gen, von denen die eine längliche Gesichter, die andern runde Köpfe haben,
wie die Eskimos, und viel kleiner und schmächtiger gestaltet sind. Mit solchem
Volk, das hier den Normannen Pelzwerk lieferte, aber noch keine Kenntniß vom
Eisen hatte, kam man in Berührung. So weit gegen Süden wohnte damals
dieses Volk, das gegenwärtig erst mehrere hundert Meilen weiter gegen den
Norden zurückgedrängt heimisch ist. Sie werden von den Normannen nur ver¬
ächtlich Skrällinger genannt, d. h. Abschnitzel von Menschen. Zwerge.
Rothhäute, kräftige Jndianerstämme, welche die spätern Europäer dort als An¬
siedler fanden, hatten sich also noch nicht so weit nordwärts ausgebreitet. Dies
geschah erst später, als die Centralamerikaner diese rothen Jndianerstämme ge¬
gen Norden zurückdrängten, und diese wieder die Eskimostämme weiter gegen
den polaren Norden fortzurücken nöthigten. Also auch über eine amerikanische
Völkerwanderung gibt die erste Entdeckung der Normanen einigen Aufschluß.

Der Verkehr mit Winland durch Pelzwerk. Bauholz und andere Waaren
scheint Island manchen Gewinn gebracht zu haben. Thorfin ging als sehr
reicher Mann aus Winland erst nach Grönland und dann nach Island zurück,
wo er sich ein großes Landgut kaufte, in Norden Syssel, und auf ihm ein
Prächtiges Haus erbaute, wo er starb. Nach seinem Tode wallfahrtete seine
Gemahlin Gudnd nach Rom und kehrte als Nonne nach Island zurück. Sie
starb in einem Kloster, das ihr in Winland geborner Sohn Snorre Sturleson,
der ausgezeichnetste Gelehrte und Richter (Lagman) in Island ihr erbaut halte.
Der Sohn ihrer Tochter war der berühmte Bischof Thorlak Runols Son. der
die erste christliche Schrift in Island veröffentlichte. Die Entdeckung kam also
frühzeitig nach Rom. wo man aber kein Interesse dafür zeigte.

Viele Fahrten gingen später nach Winland. Hundert Jahre nach der
ersten Ansiedlung wird ein Bischof Erik in Grönland genannt, der im Jahr
1121 nach Winland überschiffte, seine dortigen noch heidnischen Landsleute
zum Christenthum zu bekehren. Später hören die Nachrichten in Folge des
Verschwindens von Grönland auch in Winland auf, und das Schicksal jener
Eolonie ist gänzlich unbekannt geblieben. Eine bloße Vermuthung der neuern
Zeit war es, die im Innern der Insel Neufundland hausenden wilden Stämme
der dortigen sogenannten rothen Indianer für Nachkommen der Normannen zu
halten, weil sie in beständiger Feindschaft mit den Eskimos lebten.

Also schon 500 Jahre vor Columvus erweiterten die Isländer die Erd¬
runde hinüber bis nach Nordamerika. Es fehlte nur an Etfer und an Energie
lyrer Nachkommen, um zuerst als Gebieter dieser Nordhälfte des mächtigen
Erdtheils eine Weltherrschaft errungen zu haben.




Von der preußischen Grenze.

Der scheußliche Mordanfall auf einen Monarchen, welcher nicht bloß durch seine
hohe Stellung, sondern hauptsächlich durch seine Persönlichkeit vielleicht unter allen
i°de regierenden Fürsten sich die meiste Achtung erworben hat. verdient namentlich
s"nes Motivs wegen reifliche Erwägung. Wie sich aus der bisherigen Untersuchung
herauszustellen scheint, hal der Verbrecher sich deshalb gemüßigt gesehen den Komg
von Preußen umzubringen, weil derselbe seiner. Aufgabe nicht gewachsen sei! Bisher
lenkte in solchen Fällen doch immer Haß und Rache das Mordgcwchr: Rache wegen
"mer vermeintlichen Uebelthat, Haß gegen den vermeintlichen Feind des Volks. Da¬
von ist in diesem Fall keine Rede - wie man sonst in der Komödie einem Schauspieler, mit


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[0167] deckte Felsblock, bezeichnet mit „Nam Thorfins", d. i. Grundstück Thorfins. zeigt genau den Schauplatz jener frühesten, größten, reichsten Kolonisation. Der Stein enthält zu beiden Seiten rohe Menschenfiguren in zwei Abtheilun¬ gen, von denen die eine längliche Gesichter, die andern runde Köpfe haben, wie die Eskimos, und viel kleiner und schmächtiger gestaltet sind. Mit solchem Volk, das hier den Normannen Pelzwerk lieferte, aber noch keine Kenntniß vom Eisen hatte, kam man in Berührung. So weit gegen Süden wohnte damals dieses Volk, das gegenwärtig erst mehrere hundert Meilen weiter gegen den Norden zurückgedrängt heimisch ist. Sie werden von den Normannen nur ver¬ ächtlich Skrällinger genannt, d. h. Abschnitzel von Menschen. Zwerge. Rothhäute, kräftige Jndianerstämme, welche die spätern Europäer dort als An¬ siedler fanden, hatten sich also noch nicht so weit nordwärts ausgebreitet. Dies geschah erst später, als die Centralamerikaner diese rothen Jndianerstämme ge¬ gen Norden zurückdrängten, und diese wieder die Eskimostämme weiter gegen den polaren Norden fortzurücken nöthigten. Also auch über eine amerikanische Völkerwanderung gibt die erste Entdeckung der Normanen einigen Aufschluß. Der Verkehr mit Winland durch Pelzwerk. Bauholz und andere Waaren scheint Island manchen Gewinn gebracht zu haben. Thorfin ging als sehr reicher Mann aus Winland erst nach Grönland und dann nach Island zurück, wo er sich ein großes Landgut kaufte, in Norden Syssel, und auf ihm ein Prächtiges Haus erbaute, wo er starb. Nach seinem Tode wallfahrtete seine Gemahlin Gudnd nach Rom und kehrte als Nonne nach Island zurück. Sie starb in einem Kloster, das ihr in Winland geborner Sohn Snorre Sturleson, der ausgezeichnetste Gelehrte und Richter (Lagman) in Island ihr erbaut halte. Der Sohn ihrer Tochter war der berühmte Bischof Thorlak Runols Son. der die erste christliche Schrift in Island veröffentlichte. Die Entdeckung kam also frühzeitig nach Rom. wo man aber kein Interesse dafür zeigte. Viele Fahrten gingen später nach Winland. Hundert Jahre nach der ersten Ansiedlung wird ein Bischof Erik in Grönland genannt, der im Jahr 1121 nach Winland überschiffte, seine dortigen noch heidnischen Landsleute zum Christenthum zu bekehren. Später hören die Nachrichten in Folge des Verschwindens von Grönland auch in Winland auf, und das Schicksal jener Eolonie ist gänzlich unbekannt geblieben. Eine bloße Vermuthung der neuern Zeit war es, die im Innern der Insel Neufundland hausenden wilden Stämme der dortigen sogenannten rothen Indianer für Nachkommen der Normannen zu halten, weil sie in beständiger Feindschaft mit den Eskimos lebten. Also schon 500 Jahre vor Columvus erweiterten die Isländer die Erd¬ runde hinüber bis nach Nordamerika. Es fehlte nur an Etfer und an Energie lyrer Nachkommen, um zuerst als Gebieter dieser Nordhälfte des mächtigen Erdtheils eine Weltherrschaft errungen zu haben. Von der preußischen Grenze. Der scheußliche Mordanfall auf einen Monarchen, welcher nicht bloß durch seine hohe Stellung, sondern hauptsächlich durch seine Persönlichkeit vielleicht unter allen i°de regierenden Fürsten sich die meiste Achtung erworben hat. verdient namentlich s"nes Motivs wegen reifliche Erwägung. Wie sich aus der bisherigen Untersuchung herauszustellen scheint, hal der Verbrecher sich deshalb gemüßigt gesehen den Komg von Preußen umzubringen, weil derselbe seiner. Aufgabe nicht gewachsen sei! Bisher lenkte in solchen Fällen doch immer Haß und Rache das Mordgcwchr: Rache wegen "mer vermeintlichen Uebelthat, Haß gegen den vermeintlichen Feind des Volks. Da¬ von ist in diesem Fall keine Rede - wie man sonst in der Komödie einem Schauspieler, mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/167>, abgerufen am 13.11.2024.