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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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Schritt näher gekommen. Es handelt sich darum, das 7, 3, 9. und 10, Armee-
corps, welche nach dem preußischen Vorschlag im Kriegsfall an Oestreich und Preu¬
ßen angegliedert werden sollten, als selbständige Militärmacht zu constituiren, nicht
bloß sür den Kriegsfall, sondern bereits im Frieden.

Wir glauben nicht, daß die preußische Regierung auch nur einen Augenblick
gemeint sein kann, die Constituirung einer großen Militärmacht, die sich zwischen
die beiden Haupttheile des preußischen Staats legt, als vereinbar mit dem Fort¬
bestand des Staats gelten zu lassen. Eben fällt uns eine frankfurter Korrespon¬
denz von Daily News in die Augen, in welcher mit dürren Worten behauptet
wird, diese Entwürfe seien das Resultat einer Verschwörung, Deutschland in der
Weise des alten Rheinbundes .umzugestalten. Aus welches Material diese ungeheure
Anklage sich stützt, davon haben wir keine Ahnung: wir hoffen vielmehr zuversicht¬
lich, daß sie sich als gänzlich aus der Luft gegriffen erweisen wird. Aber Eins ist
nicht ans der Luft gegriffen.

Gleichviel, was für Absichten diejenigen haben, die an dem Zustandekommen
des neuen Militärstaats arbeiten: -- wozu er führen muß, wenn er wirklich zu
Stande kommt, liegt klar vor Augen.

Man hat häufig über die Rivalität zwischen Preußen und Oestreich geklagt;
sie war vorhanden und begreiflich, da zwei wirklich selbständige Staatskörper,
künstlich an einander gebunden, sich stets gegenseitig reiben und hindern. Aber diese
Rivalität blieb innerhalb gewisser Schranken und konnte nicht leicht zu einer Ge¬
fahr sür Deutschland werden, denn sie bezog sich nur auf den Einfluß der beiden
Staaten, nicht auf ihr Eigenthum; beide Staaten lagen geographisch unabhängig
von einander; keiner durste vom andern etwas begehren.

Anders wäre es mit dem projectirten militärischen Sonderbund. Die Rivali¬
tät desselben gegen Preußen würde eine tödtliche sein, denn sie bezöge sich ans den
Lebensnerv dieses Staats. Wenn also die Urheber des Plans auch von ganz pa¬
triotischen Motiven ausgehen, wenn sie durch ihn einer Zerspaltung Deutschlands
vorzubeugen glauben, so führen sie durch ihn grade das herbei, was sie vermeiden
wollen; ja es wäre die größte Gefahr, welche jemals über Deutschland geschwebt
hätte.

Die preußische Regierung aber möge sich sorgfältig folgende Frage überlegen:
"-" Was für Mittel haben wir, diesem Plan, der uns aus der Reihe der Gro߬
mächte entfernen würde, vorzubeugen? -- Die Antwort liegt nicht so auf der Hand,
wie es sich die unbegreifliche Geistesträgheit und Gedankenarmut!) in Berlin viel¬
t 1' leicht einbildet.




Der Erfolg der Sannin",!, für die Schleswig-Holsteiner.

Die dicßjährigcn Sammlungen für die vertriebenen Schleswig-Holsteiner haben
°">in ungewöhnlich reichen Ertrag ergeben. Nach dem Rechenschaftsbericht des Haupt-
Vereins betrug die Einnahme am Schluß der Rechnungsbücher 13,620 Thlr, 1,4'/-
Sgr,, wozu später noch 225 Thlr, kamen. Die Ausgaben beliefen sich auf 9124


Schritt näher gekommen. Es handelt sich darum, das 7, 3, 9. und 10, Armee-
corps, welche nach dem preußischen Vorschlag im Kriegsfall an Oestreich und Preu¬
ßen angegliedert werden sollten, als selbständige Militärmacht zu constituiren, nicht
bloß sür den Kriegsfall, sondern bereits im Frieden.

Wir glauben nicht, daß die preußische Regierung auch nur einen Augenblick
gemeint sein kann, die Constituirung einer großen Militärmacht, die sich zwischen
die beiden Haupttheile des preußischen Staats legt, als vereinbar mit dem Fort¬
bestand des Staats gelten zu lassen. Eben fällt uns eine frankfurter Korrespon¬
denz von Daily News in die Augen, in welcher mit dürren Worten behauptet
wird, diese Entwürfe seien das Resultat einer Verschwörung, Deutschland in der
Weise des alten Rheinbundes .umzugestalten. Aus welches Material diese ungeheure
Anklage sich stützt, davon haben wir keine Ahnung: wir hoffen vielmehr zuversicht¬
lich, daß sie sich als gänzlich aus der Luft gegriffen erweisen wird. Aber Eins ist
nicht ans der Luft gegriffen.

Gleichviel, was für Absichten diejenigen haben, die an dem Zustandekommen
des neuen Militärstaats arbeiten: — wozu er führen muß, wenn er wirklich zu
Stande kommt, liegt klar vor Augen.

Man hat häufig über die Rivalität zwischen Preußen und Oestreich geklagt;
sie war vorhanden und begreiflich, da zwei wirklich selbständige Staatskörper,
künstlich an einander gebunden, sich stets gegenseitig reiben und hindern. Aber diese
Rivalität blieb innerhalb gewisser Schranken und konnte nicht leicht zu einer Ge¬
fahr sür Deutschland werden, denn sie bezog sich nur auf den Einfluß der beiden
Staaten, nicht auf ihr Eigenthum; beide Staaten lagen geographisch unabhängig
von einander; keiner durste vom andern etwas begehren.

Anders wäre es mit dem projectirten militärischen Sonderbund. Die Rivali¬
tät desselben gegen Preußen würde eine tödtliche sein, denn sie bezöge sich ans den
Lebensnerv dieses Staats. Wenn also die Urheber des Plans auch von ganz pa¬
triotischen Motiven ausgehen, wenn sie durch ihn einer Zerspaltung Deutschlands
vorzubeugen glauben, so führen sie durch ihn grade das herbei, was sie vermeiden
wollen; ja es wäre die größte Gefahr, welche jemals über Deutschland geschwebt
hätte.

Die preußische Regierung aber möge sich sorgfältig folgende Frage überlegen:
"-" Was für Mittel haben wir, diesem Plan, der uns aus der Reihe der Gro߬
mächte entfernen würde, vorzubeugen? — Die Antwort liegt nicht so auf der Hand,
wie es sich die unbegreifliche Geistesträgheit und Gedankenarmut!) in Berlin viel¬
t 1' leicht einbildet.




Der Erfolg der Sannin»,!, für die Schleswig-Holsteiner.

Die dicßjährigcn Sammlungen für die vertriebenen Schleswig-Holsteiner haben
°">in ungewöhnlich reichen Ertrag ergeben. Nach dem Rechenschaftsbericht des Haupt-
Vereins betrug die Einnahme am Schluß der Rechnungsbücher 13,620 Thlr, 1,4'/-
Sgr,, wozu später noch 225 Thlr, kamen. Die Ausgaben beliefen sich auf 9124


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[0367] Schritt näher gekommen. Es handelt sich darum, das 7, 3, 9. und 10, Armee- corps, welche nach dem preußischen Vorschlag im Kriegsfall an Oestreich und Preu¬ ßen angegliedert werden sollten, als selbständige Militärmacht zu constituiren, nicht bloß sür den Kriegsfall, sondern bereits im Frieden. Wir glauben nicht, daß die preußische Regierung auch nur einen Augenblick gemeint sein kann, die Constituirung einer großen Militärmacht, die sich zwischen die beiden Haupttheile des preußischen Staats legt, als vereinbar mit dem Fort¬ bestand des Staats gelten zu lassen. Eben fällt uns eine frankfurter Korrespon¬ denz von Daily News in die Augen, in welcher mit dürren Worten behauptet wird, diese Entwürfe seien das Resultat einer Verschwörung, Deutschland in der Weise des alten Rheinbundes .umzugestalten. Aus welches Material diese ungeheure Anklage sich stützt, davon haben wir keine Ahnung: wir hoffen vielmehr zuversicht¬ lich, daß sie sich als gänzlich aus der Luft gegriffen erweisen wird. Aber Eins ist nicht ans der Luft gegriffen. Gleichviel, was für Absichten diejenigen haben, die an dem Zustandekommen des neuen Militärstaats arbeiten: — wozu er führen muß, wenn er wirklich zu Stande kommt, liegt klar vor Augen. Man hat häufig über die Rivalität zwischen Preußen und Oestreich geklagt; sie war vorhanden und begreiflich, da zwei wirklich selbständige Staatskörper, künstlich an einander gebunden, sich stets gegenseitig reiben und hindern. Aber diese Rivalität blieb innerhalb gewisser Schranken und konnte nicht leicht zu einer Ge¬ fahr sür Deutschland werden, denn sie bezog sich nur auf den Einfluß der beiden Staaten, nicht auf ihr Eigenthum; beide Staaten lagen geographisch unabhängig von einander; keiner durste vom andern etwas begehren. Anders wäre es mit dem projectirten militärischen Sonderbund. Die Rivali¬ tät desselben gegen Preußen würde eine tödtliche sein, denn sie bezöge sich ans den Lebensnerv dieses Staats. Wenn also die Urheber des Plans auch von ganz pa¬ triotischen Motiven ausgehen, wenn sie durch ihn einer Zerspaltung Deutschlands vorzubeugen glauben, so führen sie durch ihn grade das herbei, was sie vermeiden wollen; ja es wäre die größte Gefahr, welche jemals über Deutschland geschwebt hätte. Die preußische Regierung aber möge sich sorgfältig folgende Frage überlegen: "-" Was für Mittel haben wir, diesem Plan, der uns aus der Reihe der Gro߬ mächte entfernen würde, vorzubeugen? — Die Antwort liegt nicht so auf der Hand, wie es sich die unbegreifliche Geistesträgheit und Gedankenarmut!) in Berlin viel¬ t 1' leicht einbildet. Der Erfolg der Sannin»,!, für die Schleswig-Holsteiner. Die dicßjährigcn Sammlungen für die vertriebenen Schleswig-Holsteiner haben °">in ungewöhnlich reichen Ertrag ergeben. Nach dem Rechenschaftsbericht des Haupt- Vereins betrug die Einnahme am Schluß der Rechnungsbücher 13,620 Thlr, 1,4'/- Sgr,, wozu später noch 225 Thlr, kamen. Die Ausgaben beliefen sich auf 9124

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/367>, abgerufen am 28.06.2024.