Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Frieden von Villnsranca und Deutschland.

Am 29. April dieses Jahres ließ der Kaiser von Oestreich seine Truppen
die Grenze Piemonts überschreiten, um sein gutes Recht zu vertheidigen!
seitdem wurden die Treffen und großen Schlachten von Montebello, Palestro,
Turbigo, Magcnta, Melcgnano, Solferino geschlagen; am 24. Juni, etwa
zwei Monate, nachdem er mit dem Linksabmarsch auf Novara seine Ope''
rationem begonnen hatte, stand der Kaiser Napoleon am rechten Ufer des
Mincio und mußte nun zum Angriff auf die Festungsgruppe an diesem Flusse
und der Etsch schreiten, um sein Programm weiter durchzuführen und Italien
bis zum adriatischen Meere frei zu machen.

Vom 28. Juni ab wurden die Anstalten dazu getroffen. Auf dem rend'
ten Flügel kam das Corps des Prinzen Napoleon mit der ersten organisirten
Abtheilung der italienischen Freiheitsarmee, der toscanischen Division Akkon
über Casalmaggiore und Platera an den Mincio; sie sollten die Beobachtung
Mautuas übernehmen; auf dem äußersten linken Flügel bildete sich ein Corps,
bestehend ans den Alpenjägern Garibaldis und der piemontesischen Divipon
Cialdini bei Brescia, um die Pässe aus Südtirol nach Italien, westlich des
Gardasees zu überwachen und die Flanke der weiteren Operationen über den
Mincio zu decken. In der Mitte sollte einerseits die piemontesische Haupt'
armee Peschiera einschließen und belagern, andererseits die französische Haupt'
armee den Mincio überschreiten und auf Verona marschiren.

Napoleon hatte sich also entschlossen, zum Angriff auf das Festuugs'
Viereck den für ihn schwierigsten Weg einzuschlagen, es an der Stirn ZU
packen, durchaus die unglückliche ^'Operation der Piemontesen von 184S zu
wiederholen. Wir haben früherhin gesagt, daß die sicherste Manier, dieses
Vierecks Herr zu werden, unter den obwaltenden Verhältnissen, bei der Starke
der beiderseitigen Armeen die Jsolirung desselben war. Dazu aber mußte
man sich auf die Legationen, auf päpstliches Gebiet stützen.

Wollte das Napoleon nicht? Von Mailand aus hatte er am 8. Juw
nach der Schlacht von Magenta einen Ausruf an die Italiener erlassen, fiel)
zunächst zur Befreiung ihres Landes um Victor Emanuel zu scharen, sieh
bewaffnen, militärisch zu organisiren; er hatte ihnen angedeutet, daß schließ
lich die weitere Ordnung ihrer Verhältnisse ihnen überlassen werden würde.

Die Bewohner des Kirchenstaates meinten nun, daß auch sie Italiener
seien, daß folglich auch an sie jener Ausruf gerichtet sei. Sie erhoben sich
für die italienische Sache. In den Legationen nahm zwar Victor Emanuc
den directen Anschluß an sich nicht an, aber doch die militärische Dictat^


Der Frieden von Villnsranca und Deutschland.

Am 29. April dieses Jahres ließ der Kaiser von Oestreich seine Truppen
die Grenze Piemonts überschreiten, um sein gutes Recht zu vertheidigen!
seitdem wurden die Treffen und großen Schlachten von Montebello, Palestro,
Turbigo, Magcnta, Melcgnano, Solferino geschlagen; am 24. Juni, etwa
zwei Monate, nachdem er mit dem Linksabmarsch auf Novara seine Ope''
rationem begonnen hatte, stand der Kaiser Napoleon am rechten Ufer des
Mincio und mußte nun zum Angriff auf die Festungsgruppe an diesem Flusse
und der Etsch schreiten, um sein Programm weiter durchzuführen und Italien
bis zum adriatischen Meere frei zu machen.

Vom 28. Juni ab wurden die Anstalten dazu getroffen. Auf dem rend'
ten Flügel kam das Corps des Prinzen Napoleon mit der ersten organisirten
Abtheilung der italienischen Freiheitsarmee, der toscanischen Division Akkon
über Casalmaggiore und Platera an den Mincio; sie sollten die Beobachtung
Mautuas übernehmen; auf dem äußersten linken Flügel bildete sich ein Corps,
bestehend ans den Alpenjägern Garibaldis und der piemontesischen Divipon
Cialdini bei Brescia, um die Pässe aus Südtirol nach Italien, westlich des
Gardasees zu überwachen und die Flanke der weiteren Operationen über den
Mincio zu decken. In der Mitte sollte einerseits die piemontesische Haupt'
armee Peschiera einschließen und belagern, andererseits die französische Haupt'
armee den Mincio überschreiten und auf Verona marschiren.

Napoleon hatte sich also entschlossen, zum Angriff auf das Festuugs'
Viereck den für ihn schwierigsten Weg einzuschlagen, es an der Stirn ZU
packen, durchaus die unglückliche ^'Operation der Piemontesen von 184S zu
wiederholen. Wir haben früherhin gesagt, daß die sicherste Manier, dieses
Vierecks Herr zu werden, unter den obwaltenden Verhältnissen, bei der Starke
der beiderseitigen Armeen die Jsolirung desselben war. Dazu aber mußte
man sich auf die Legationen, auf päpstliches Gebiet stützen.

Wollte das Napoleon nicht? Von Mailand aus hatte er am 8. Juw
nach der Schlacht von Magenta einen Ausruf an die Italiener erlassen, fiel)
zunächst zur Befreiung ihres Landes um Victor Emanuel zu scharen, sieh
bewaffnen, militärisch zu organisiren; er hatte ihnen angedeutet, daß schließ
lich die weitere Ordnung ihrer Verhältnisse ihnen überlassen werden würde.

Die Bewohner des Kirchenstaates meinten nun, daß auch sie Italiener
seien, daß folglich auch an sie jener Ausruf gerichtet sei. Sie erhoben sich
für die italienische Sache. In den Legationen nahm zwar Victor Emanuc
den directen Anschluß an sich nicht an, aber doch die militärische Dictat^


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0232" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107818"/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Der Frieden von Villnsranca und Deutschland.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_731"> Am 29. April dieses Jahres ließ der Kaiser von Oestreich seine Truppen<lb/>
die Grenze Piemonts überschreiten, um sein gutes Recht zu vertheidigen!<lb/>
seitdem wurden die Treffen und großen Schlachten von Montebello, Palestro,<lb/>
Turbigo, Magcnta, Melcgnano, Solferino geschlagen; am 24. Juni, etwa<lb/>
zwei Monate, nachdem er mit dem Linksabmarsch auf Novara seine Ope''<lb/>
rationem begonnen hatte, stand der Kaiser Napoleon am rechten Ufer des<lb/>
Mincio und mußte nun zum Angriff auf die Festungsgruppe an diesem Flusse<lb/>
und der Etsch schreiten, um sein Programm weiter durchzuführen und Italien<lb/>
bis zum adriatischen Meere frei zu machen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_732"> Vom 28. Juni ab wurden die Anstalten dazu getroffen. Auf dem rend'<lb/>
ten Flügel kam das Corps des Prinzen Napoleon mit der ersten organisirten<lb/>
Abtheilung der italienischen Freiheitsarmee, der toscanischen Division Akkon<lb/>
über Casalmaggiore und Platera an den Mincio; sie sollten die Beobachtung<lb/>
Mautuas übernehmen; auf dem äußersten linken Flügel bildete sich ein Corps,<lb/>
bestehend ans den Alpenjägern Garibaldis und der piemontesischen Divipon<lb/>
Cialdini bei Brescia, um die Pässe aus Südtirol nach Italien, westlich des<lb/>
Gardasees zu überwachen und die Flanke der weiteren Operationen über den<lb/>
Mincio zu decken. In der Mitte sollte einerseits die piemontesische Haupt'<lb/>
armee Peschiera einschließen und belagern, andererseits die französische Haupt'<lb/>
armee den Mincio überschreiten und auf Verona marschiren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_733"> Napoleon hatte sich also entschlossen, zum Angriff auf das Festuugs'<lb/>
Viereck den für ihn schwierigsten Weg einzuschlagen, es an der Stirn ZU<lb/>
packen, durchaus die unglückliche ^'Operation der Piemontesen von 184S zu<lb/>
wiederholen. Wir haben früherhin gesagt, daß die sicherste Manier, dieses<lb/>
Vierecks Herr zu werden, unter den obwaltenden Verhältnissen, bei der Starke<lb/>
der beiderseitigen Armeen die Jsolirung desselben war. Dazu aber mußte<lb/>
man sich auf die Legationen, auf päpstliches Gebiet stützen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_734"> Wollte das Napoleon nicht? Von Mailand aus hatte er am 8. Juw<lb/>
nach der Schlacht von Magenta einen Ausruf an die Italiener erlassen, fiel)<lb/>
zunächst zur Befreiung ihres Landes um Victor Emanuel zu scharen, sieh<lb/>
bewaffnen, militärisch zu organisiren; er hatte ihnen angedeutet, daß schließ<lb/>
lich die weitere Ordnung ihrer Verhältnisse ihnen überlassen werden würde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_735" next="#ID_736"> Die Bewohner des Kirchenstaates meinten nun, daß auch sie Italiener<lb/>
seien, daß folglich auch an sie jener Ausruf gerichtet sei. Sie erhoben sich<lb/>
für die italienische Sache. In den Legationen nahm zwar Victor Emanuc<lb/>
den directen Anschluß an sich nicht an, aber doch die militärische Dictat^</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0232] Der Frieden von Villnsranca und Deutschland. Am 29. April dieses Jahres ließ der Kaiser von Oestreich seine Truppen die Grenze Piemonts überschreiten, um sein gutes Recht zu vertheidigen! seitdem wurden die Treffen und großen Schlachten von Montebello, Palestro, Turbigo, Magcnta, Melcgnano, Solferino geschlagen; am 24. Juni, etwa zwei Monate, nachdem er mit dem Linksabmarsch auf Novara seine Ope'' rationem begonnen hatte, stand der Kaiser Napoleon am rechten Ufer des Mincio und mußte nun zum Angriff auf die Festungsgruppe an diesem Flusse und der Etsch schreiten, um sein Programm weiter durchzuführen und Italien bis zum adriatischen Meere frei zu machen. Vom 28. Juni ab wurden die Anstalten dazu getroffen. Auf dem rend' ten Flügel kam das Corps des Prinzen Napoleon mit der ersten organisirten Abtheilung der italienischen Freiheitsarmee, der toscanischen Division Akkon über Casalmaggiore und Platera an den Mincio; sie sollten die Beobachtung Mautuas übernehmen; auf dem äußersten linken Flügel bildete sich ein Corps, bestehend ans den Alpenjägern Garibaldis und der piemontesischen Divipon Cialdini bei Brescia, um die Pässe aus Südtirol nach Italien, westlich des Gardasees zu überwachen und die Flanke der weiteren Operationen über den Mincio zu decken. In der Mitte sollte einerseits die piemontesische Haupt' armee Peschiera einschließen und belagern, andererseits die französische Haupt' armee den Mincio überschreiten und auf Verona marschiren. Napoleon hatte sich also entschlossen, zum Angriff auf das Festuugs' Viereck den für ihn schwierigsten Weg einzuschlagen, es an der Stirn ZU packen, durchaus die unglückliche ^'Operation der Piemontesen von 184S zu wiederholen. Wir haben früherhin gesagt, daß die sicherste Manier, dieses Vierecks Herr zu werden, unter den obwaltenden Verhältnissen, bei der Starke der beiderseitigen Armeen die Jsolirung desselben war. Dazu aber mußte man sich auf die Legationen, auf päpstliches Gebiet stützen. Wollte das Napoleon nicht? Von Mailand aus hatte er am 8. Juw nach der Schlacht von Magenta einen Ausruf an die Italiener erlassen, fiel) zunächst zur Befreiung ihres Landes um Victor Emanuel zu scharen, sieh bewaffnen, militärisch zu organisiren; er hatte ihnen angedeutet, daß schließ lich die weitere Ordnung ihrer Verhältnisse ihnen überlassen werden würde. Die Bewohner des Kirchenstaates meinten nun, daß auch sie Italiener seien, daß folglich auch an sie jener Ausruf gerichtet sei. Sie erhoben sich für die italienische Sache. In den Legationen nahm zwar Victor Emanuc den directen Anschluß an sich nicht an, aber doch die militärische Dictat^

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/232
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/232>, abgerufen am 27.12.2024.