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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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Tag zu legen, dessen Unterthan gern mit einigen Körben Wein und Früchten
beschenken wollte, die sie ihn als einen kleinen Zoll ihrer Ehrfurcht anzuneh¬
men dringend baten" (2, 21).




Bilder aus Venezuela.
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Von La Guaira nach Caracas.

Hoch und steil erhebt sich aus den Fluten der blauen caraibischen See
der Theil der Nordküste des südamerikanischen Kontinents, der sich von Puerto
Cabello östlich bis zum Cap Codera hin erstreckt. Zwar erreichen ihre Gipfel,
dieSella de Caracas (8100 F.) und der Naiguata (8500 F.). nicht die Schneegrenze,
aber doch schauen sie. stolz und mächtig, weit hinaus dem Schiffer entgegen,
fest gegründet in ihrem Fundament, das die andringenden Meereswogen um-
branden, und in der Klarheit tropischer Atmosphäre scheint dem Auge fernhin
nach links und rechts der imposante Gebirgszug ins Unendliche sich zu ver¬
lieren. Sanfte Winde bestreichen diese Küste; wenn nicht mehrtägige lästige
Windstille den Lauf der Schiffe aufhält, werden sie sicher und mäßig schnell
ihrem Ziel entgegengeführt. Stürme sind eine große Seltenheit, wol aber
tobt und wüthet die Brandung, wenn als Nachwirkung eines Antillensturmes
die aufgeregten Wogen ihren Laus Hunderte von Meilen fortsetzen, bis sie an
den unbeugsamen Bergen trotzigen Widerstand finden. Dann spricht man in
La Guaira von hoher See und manches Schiff dieser Rhede, dessen Anker-
setten brachen, ist vom empörten Element gegen die Felsen geschleudert wor¬
den. Doch selbst bei sanfter Brise ist die Brandung immer stark genug, daß
sie überwältigend aus die Sinne wirkt. Fast übertäubt ihr Brausen und
Toben die menschliche Stimme und weckt den nächtlichen Schläfer; staunend
horcht selbst auf Höhen von mehr denn 4000 F. der Bergbewohner ihrem dum¬
pfen Gebrüll und auf den höchsten Gipfeln kündet der schaumige Rand dem
weit umherschauenden Auge ihre unbesiegete Gewalt. In stetem Kampf mit
dem festen Lande hat sie sich im Lauf der Jahrhunderte die Küste entlang
liebliche Buchten ausgespült, die mit gering hervortretenden Landspitzen ab¬
wechseln und oft bleibt zwischen Felsen und Meer nur ein schmaler Steig für
den Fußtritt des Menschen.

Für volkreiche umfassende Städte bietet diese Küste keinen Raum. An


Tag zu legen, dessen Unterthan gern mit einigen Körben Wein und Früchten
beschenken wollte, die sie ihn als einen kleinen Zoll ihrer Ehrfurcht anzuneh¬
men dringend baten" (2, 21).




Bilder aus Venezuela.
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Von La Guaira nach Caracas.

Hoch und steil erhebt sich aus den Fluten der blauen caraibischen See
der Theil der Nordküste des südamerikanischen Kontinents, der sich von Puerto
Cabello östlich bis zum Cap Codera hin erstreckt. Zwar erreichen ihre Gipfel,
dieSella de Caracas (8100 F.) und der Naiguata (8500 F.). nicht die Schneegrenze,
aber doch schauen sie. stolz und mächtig, weit hinaus dem Schiffer entgegen,
fest gegründet in ihrem Fundament, das die andringenden Meereswogen um-
branden, und in der Klarheit tropischer Atmosphäre scheint dem Auge fernhin
nach links und rechts der imposante Gebirgszug ins Unendliche sich zu ver¬
lieren. Sanfte Winde bestreichen diese Küste; wenn nicht mehrtägige lästige
Windstille den Lauf der Schiffe aufhält, werden sie sicher und mäßig schnell
ihrem Ziel entgegengeführt. Stürme sind eine große Seltenheit, wol aber
tobt und wüthet die Brandung, wenn als Nachwirkung eines Antillensturmes
die aufgeregten Wogen ihren Laus Hunderte von Meilen fortsetzen, bis sie an
den unbeugsamen Bergen trotzigen Widerstand finden. Dann spricht man in
La Guaira von hoher See und manches Schiff dieser Rhede, dessen Anker-
setten brachen, ist vom empörten Element gegen die Felsen geschleudert wor¬
den. Doch selbst bei sanfter Brise ist die Brandung immer stark genug, daß
sie überwältigend aus die Sinne wirkt. Fast übertäubt ihr Brausen und
Toben die menschliche Stimme und weckt den nächtlichen Schläfer; staunend
horcht selbst auf Höhen von mehr denn 4000 F. der Bergbewohner ihrem dum¬
pfen Gebrüll und auf den höchsten Gipfeln kündet der schaumige Rand dem
weit umherschauenden Auge ihre unbesiegete Gewalt. In stetem Kampf mit
dem festen Lande hat sie sich im Lauf der Jahrhunderte die Küste entlang
liebliche Buchten ausgespült, die mit gering hervortretenden Landspitzen ab¬
wechseln und oft bleibt zwischen Felsen und Meer nur ein schmaler Steig für
den Fußtritt des Menschen.

Für volkreiche umfassende Städte bietet diese Küste keinen Raum. An


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[0312] Tag zu legen, dessen Unterthan gern mit einigen Körben Wein und Früchten beschenken wollte, die sie ihn als einen kleinen Zoll ihrer Ehrfurcht anzuneh¬ men dringend baten" (2, 21). Bilder aus Venezuela. mz^Ap«j<M- mi/^?'^ »<u-M: ^^i^ni'i/j /-«^'in -»ttiiM Von La Guaira nach Caracas. Hoch und steil erhebt sich aus den Fluten der blauen caraibischen See der Theil der Nordküste des südamerikanischen Kontinents, der sich von Puerto Cabello östlich bis zum Cap Codera hin erstreckt. Zwar erreichen ihre Gipfel, dieSella de Caracas (8100 F.) und der Naiguata (8500 F.). nicht die Schneegrenze, aber doch schauen sie. stolz und mächtig, weit hinaus dem Schiffer entgegen, fest gegründet in ihrem Fundament, das die andringenden Meereswogen um- branden, und in der Klarheit tropischer Atmosphäre scheint dem Auge fernhin nach links und rechts der imposante Gebirgszug ins Unendliche sich zu ver¬ lieren. Sanfte Winde bestreichen diese Küste; wenn nicht mehrtägige lästige Windstille den Lauf der Schiffe aufhält, werden sie sicher und mäßig schnell ihrem Ziel entgegengeführt. Stürme sind eine große Seltenheit, wol aber tobt und wüthet die Brandung, wenn als Nachwirkung eines Antillensturmes die aufgeregten Wogen ihren Laus Hunderte von Meilen fortsetzen, bis sie an den unbeugsamen Bergen trotzigen Widerstand finden. Dann spricht man in La Guaira von hoher See und manches Schiff dieser Rhede, dessen Anker- setten brachen, ist vom empörten Element gegen die Felsen geschleudert wor¬ den. Doch selbst bei sanfter Brise ist die Brandung immer stark genug, daß sie überwältigend aus die Sinne wirkt. Fast übertäubt ihr Brausen und Toben die menschliche Stimme und weckt den nächtlichen Schläfer; staunend horcht selbst auf Höhen von mehr denn 4000 F. der Bergbewohner ihrem dum¬ pfen Gebrüll und auf den höchsten Gipfeln kündet der schaumige Rand dem weit umherschauenden Auge ihre unbesiegete Gewalt. In stetem Kampf mit dem festen Lande hat sie sich im Lauf der Jahrhunderte die Küste entlang liebliche Buchten ausgespült, die mit gering hervortretenden Landspitzen ab¬ wechseln und oft bleibt zwischen Felsen und Meer nur ein schmaler Steig für den Fußtritt des Menschen. Für volkreiche umfassende Städte bietet diese Küste keinen Raum. An

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/312>, abgerufen am 28.06.2024.