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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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trieben, matt leuchtet der Mond, die Schrecken der Finsternis? stehen ihnen
bevor. Geistreich ist bei der Schilderung der ersten Menschen nach der Ver¬
treibung dem Wasser, dem wahren Elemente der Thätigkeit und des beweg¬
lichen Lebens ein größerer Raum gegönnt, vollendet vor allem Abrahams
Einzug in die lachenden Gefilde des gelobten Landes geschildert. Schirmers
vollständige Gewalt über die landschaftlichen Formen, die Anmuth seiner Li¬
nien, die Schönheit seiner Gruppen sind so bekannte Züge, daß es nicht
nöthig erscheint, darauf noch aufmerksam zu machen. Ohnehin lassen sich
solche Eigenschaften durch Worte nicht verdeutlichen.

Gleich vollendet, vielleicht weniger geistreich, aber durch die einfache
Größe noch ergreifender sind Prellers homerische Landschaften. Gleich den
Helden, deren Leben und Leiden sie schildern, erscheint die Natur noch größer
und mächtiger, als sie seitdem uns gewöhnlichen Menschenkindern entgegen¬
tritt. Die Stürme brausen gewaltiger, die Bäume wölben sich höher, die
Zweige breiten sich reicher und breiter aus. das Meer birgt größere Schrecken
in sich, aber auch der Genuß der Natur lockt süßer. Alle Formen des Auf¬
tretens der landschaftlichen Natur finden sich in Prellers Bildern verkörpert, die
furchtbarste Leidenschaft und die selige Ruhe und die ganze scena von Ein¬
drücken, die dazwischenliegt, wird offenbar, überall aber fühlt man sich vom
Hauche einer classischen Phantasie angeregt und von der edlen Wahrheit der
Schilderung ergriffen. So weit es der Landschaftsmalern möglich ist. einen
epischen Ton anklingen zu lassen, ist es hier geschehen. Wirft man einen
Blick auf die 'in der Nähe' von Prellers Illustrationen aufgestellten Zeichnungen
von Olivier und Föhr, so erkennt man. daß Schirmer und Preller hier eine
Richtung eingeschlagen haben, welche die Landschaftsmalerei schon vom Anfänge
des Jahrhunderts beherrschte; man erkennt aber auch, daß. wenn die Kunst
der jüngsten Tage einen Fortschritt aufweist und Vorzüge über die Werke der
ältern Generation besitzt, sie hier zu suchen und auch zu finden sind. Der
Poetische Geist ist geblieben, die Gewalt über die Formen ist gewachsen.


Springer.


Die Küsten am Kanal La Manche l,an militärischen Standpunkt.
i.
Der Kanal von"Dover bis Brighton. >

Frühere Kriegsereignisse hatten allenthalben und namentlich bei den Eng¬
ländern den Glauben verbreitet, daß nur in den seltensten Fällen Festungen


trieben, matt leuchtet der Mond, die Schrecken der Finsternis? stehen ihnen
bevor. Geistreich ist bei der Schilderung der ersten Menschen nach der Ver¬
treibung dem Wasser, dem wahren Elemente der Thätigkeit und des beweg¬
lichen Lebens ein größerer Raum gegönnt, vollendet vor allem Abrahams
Einzug in die lachenden Gefilde des gelobten Landes geschildert. Schirmers
vollständige Gewalt über die landschaftlichen Formen, die Anmuth seiner Li¬
nien, die Schönheit seiner Gruppen sind so bekannte Züge, daß es nicht
nöthig erscheint, darauf noch aufmerksam zu machen. Ohnehin lassen sich
solche Eigenschaften durch Worte nicht verdeutlichen.

Gleich vollendet, vielleicht weniger geistreich, aber durch die einfache
Größe noch ergreifender sind Prellers homerische Landschaften. Gleich den
Helden, deren Leben und Leiden sie schildern, erscheint die Natur noch größer
und mächtiger, als sie seitdem uns gewöhnlichen Menschenkindern entgegen¬
tritt. Die Stürme brausen gewaltiger, die Bäume wölben sich höher, die
Zweige breiten sich reicher und breiter aus. das Meer birgt größere Schrecken
in sich, aber auch der Genuß der Natur lockt süßer. Alle Formen des Auf¬
tretens der landschaftlichen Natur finden sich in Prellers Bildern verkörpert, die
furchtbarste Leidenschaft und die selige Ruhe und die ganze scena von Ein¬
drücken, die dazwischenliegt, wird offenbar, überall aber fühlt man sich vom
Hauche einer classischen Phantasie angeregt und von der edlen Wahrheit der
Schilderung ergriffen. So weit es der Landschaftsmalern möglich ist. einen
epischen Ton anklingen zu lassen, ist es hier geschehen. Wirft man einen
Blick auf die 'in der Nähe' von Prellers Illustrationen aufgestellten Zeichnungen
von Olivier und Föhr, so erkennt man. daß Schirmer und Preller hier eine
Richtung eingeschlagen haben, welche die Landschaftsmalerei schon vom Anfänge
des Jahrhunderts beherrschte; man erkennt aber auch, daß. wenn die Kunst
der jüngsten Tage einen Fortschritt aufweist und Vorzüge über die Werke der
ältern Generation besitzt, sie hier zu suchen und auch zu finden sind. Der
Poetische Geist ist geblieben, die Gewalt über die Formen ist gewachsen.


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Die Küsten am Kanal La Manche l,an militärischen Standpunkt.
i.
Der Kanal von"Dover bis Brighton. >

Frühere Kriegsereignisse hatten allenthalben und namentlich bei den Eng¬
ländern den Glauben verbreitet, daß nur in den seltensten Fällen Festungen


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[0021] trieben, matt leuchtet der Mond, die Schrecken der Finsternis? stehen ihnen bevor. Geistreich ist bei der Schilderung der ersten Menschen nach der Ver¬ treibung dem Wasser, dem wahren Elemente der Thätigkeit und des beweg¬ lichen Lebens ein größerer Raum gegönnt, vollendet vor allem Abrahams Einzug in die lachenden Gefilde des gelobten Landes geschildert. Schirmers vollständige Gewalt über die landschaftlichen Formen, die Anmuth seiner Li¬ nien, die Schönheit seiner Gruppen sind so bekannte Züge, daß es nicht nöthig erscheint, darauf noch aufmerksam zu machen. Ohnehin lassen sich solche Eigenschaften durch Worte nicht verdeutlichen. Gleich vollendet, vielleicht weniger geistreich, aber durch die einfache Größe noch ergreifender sind Prellers homerische Landschaften. Gleich den Helden, deren Leben und Leiden sie schildern, erscheint die Natur noch größer und mächtiger, als sie seitdem uns gewöhnlichen Menschenkindern entgegen¬ tritt. Die Stürme brausen gewaltiger, die Bäume wölben sich höher, die Zweige breiten sich reicher und breiter aus. das Meer birgt größere Schrecken in sich, aber auch der Genuß der Natur lockt süßer. Alle Formen des Auf¬ tretens der landschaftlichen Natur finden sich in Prellers Bildern verkörpert, die furchtbarste Leidenschaft und die selige Ruhe und die ganze scena von Ein¬ drücken, die dazwischenliegt, wird offenbar, überall aber fühlt man sich vom Hauche einer classischen Phantasie angeregt und von der edlen Wahrheit der Schilderung ergriffen. So weit es der Landschaftsmalern möglich ist. einen epischen Ton anklingen zu lassen, ist es hier geschehen. Wirft man einen Blick auf die 'in der Nähe' von Prellers Illustrationen aufgestellten Zeichnungen von Olivier und Föhr, so erkennt man. daß Schirmer und Preller hier eine Richtung eingeschlagen haben, welche die Landschaftsmalerei schon vom Anfänge des Jahrhunderts beherrschte; man erkennt aber auch, daß. wenn die Kunst der jüngsten Tage einen Fortschritt aufweist und Vorzüge über die Werke der ältern Generation besitzt, sie hier zu suchen und auch zu finden sind. Der Poetische Geist ist geblieben, die Gewalt über die Formen ist gewachsen. Springer. Die Küsten am Kanal La Manche l,an militärischen Standpunkt. i. Der Kanal von"Dover bis Brighton. > Frühere Kriegsereignisse hatten allenthalben und namentlich bei den Eng¬ ländern den Glauben verbreitet, daß nur in den seltensten Fällen Festungen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/21>, abgerufen am 28.06.2024.