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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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abhnngigteit und Beschauung und Kraft in Reinheit ist, "ut wie diese datz
Licht u. s, w." --Freilich ist dabei viel momentane Anempfindung, aber alle
seine Briefe verrathen, wie sehr Lavater ihn ergriffen; so an s. Br. 11. Fbr.

"Lavaters Handbibliothek ist mir immer eine Seelenlust; ich gebe nicht
viel um die Stimmung, zu der sie unes montirt; göttliche Kraft fließt ans
manchen seiner Worte. Ein Buch der Bücher ist mir aberl'Ilommo alö äWÜ'.
(!) Mehr wenn ich ihn vollendet -- vollendet, um lebenslänglich ihn oft wieder
anzufangen. Es ist ein Zeichen der Zeit, daß noch nicht alle die Knie gebeugt
vor Voltaires Bank. Ein Werk großer Erfahrung und himmlischer Kraft." --
Selbst Herder schien ihm jetzt zu we,nig christlich, doch dauerte es nicht lange,
bis weitere Studien die christliche Begeisterung wieder in ihre Schranken zurück¬
wiesen und den alten Humauitätsglauben hervortreten ließen, den Herder
I. S. predigte.




Eine Charakteristik der Psiilzer.

Die Pfalz und die Pfälzer. Bon August Becker. Leipzig, I. I. Weber 1858.

Ein recht fleißig und mit augenscheinlicher Liebe zur Sache gearbeitetes
Buch, sowol für den Touristen brauchbar, als für den, welcher nach einer
pfälzer Landeskunde sucht. Richts Buch ging von bestimmten volkswirth-
schaftlichen Ideen .aus und betrachtete die Pfalz und ihre Bewohner als Stoff,
mit dein das Gerippe eines fertigen Systems auszufüllen war. Das vor¬
liegende Wert will den Gegenstand ohne vorgefaßte Meinung, einfach wie er
ist, darstellen, und wir meinen, das; sich derselbe auch so recht gut aufnimmt.
Der Verfasser ist Pfälzer, er liebt und kennt seine Heimat, und er hat das
Geschick gut zu schildern und zu erzählen in nicht gewöhnlichen Maße. Er
hat sich kaum etwas entgehen lassen, was in landschaftlicher, historischer, künst¬
lerischer oder ethnographischer Beziehung Interesse bietet. Ueberall sieht man
"eben den Ergebnissen ausmcrkscnner eigner Beobachtung die Resultate eines
gewissenhaften Studiums dessen, was von Andern über.den Gegenstand ge¬
sagt worden ist, und wenn wir das Ganze überblicken, so möchten wir wün¬
schen, daß jeder deutsche Landstrich einen Darsteller fände, der so anschaulich,
so anmuthig und zugleich mit solchen patriotisch warmen Farben zu malen
versteht, wie der, welcher uns hier das ehrwürdige Speyer, die alte Pfalz
und die Haardt, den Wasgau mit der pfälzischen Schweiz, das Grenzland
mit dem düstern Bienwald, das Wcstrich und deu Nahegau, den Hundsrück
mit seinen Erinnerungen an den wüsten Räuberspuk von Schinderhannes und


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abhnngigteit und Beschauung und Kraft in Reinheit ist, »ut wie diese datz
Licht u. s, w." —Freilich ist dabei viel momentane Anempfindung, aber alle
seine Briefe verrathen, wie sehr Lavater ihn ergriffen; so an s. Br. 11. Fbr.

„Lavaters Handbibliothek ist mir immer eine Seelenlust; ich gebe nicht
viel um die Stimmung, zu der sie unes montirt; göttliche Kraft fließt ans
manchen seiner Worte. Ein Buch der Bücher ist mir aberl'Ilommo alö äWÜ'.
(!) Mehr wenn ich ihn vollendet — vollendet, um lebenslänglich ihn oft wieder
anzufangen. Es ist ein Zeichen der Zeit, daß noch nicht alle die Knie gebeugt
vor Voltaires Bank. Ein Werk großer Erfahrung und himmlischer Kraft." —
Selbst Herder schien ihm jetzt zu we,nig christlich, doch dauerte es nicht lange,
bis weitere Studien die christliche Begeisterung wieder in ihre Schranken zurück¬
wiesen und den alten Humauitätsglauben hervortreten ließen, den Herder
I. S. predigte.




Eine Charakteristik der Psiilzer.

Die Pfalz und die Pfälzer. Bon August Becker. Leipzig, I. I. Weber 1858.

Ein recht fleißig und mit augenscheinlicher Liebe zur Sache gearbeitetes
Buch, sowol für den Touristen brauchbar, als für den, welcher nach einer
pfälzer Landeskunde sucht. Richts Buch ging von bestimmten volkswirth-
schaftlichen Ideen .aus und betrachtete die Pfalz und ihre Bewohner als Stoff,
mit dein das Gerippe eines fertigen Systems auszufüllen war. Das vor¬
liegende Wert will den Gegenstand ohne vorgefaßte Meinung, einfach wie er
ist, darstellen, und wir meinen, das; sich derselbe auch so recht gut aufnimmt.
Der Verfasser ist Pfälzer, er liebt und kennt seine Heimat, und er hat das
Geschick gut zu schildern und zu erzählen in nicht gewöhnlichen Maße. Er
hat sich kaum etwas entgehen lassen, was in landschaftlicher, historischer, künst¬
lerischer oder ethnographischer Beziehung Interesse bietet. Ueberall sieht man
»eben den Ergebnissen ausmcrkscnner eigner Beobachtung die Resultate eines
gewissenhaften Studiums dessen, was von Andern über.den Gegenstand ge¬
sagt worden ist, und wenn wir das Ganze überblicken, so möchten wir wün¬
schen, daß jeder deutsche Landstrich einen Darsteller fände, der so anschaulich,
so anmuthig und zugleich mit solchen patriotisch warmen Farben zu malen
versteht, wie der, welcher uns hier das ehrwürdige Speyer, die alte Pfalz
und die Haardt, den Wasgau mit der pfälzischen Schweiz, das Grenzland
mit dem düstern Bienwald, das Wcstrich und deu Nahegau, den Hundsrück
mit seinen Erinnerungen an den wüsten Räuberspuk von Schinderhannes und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/155>, abgerufen am 21.12.2024.