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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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Die Bmldesresmlt und die Allsnialldmmg.
i.

Die beiden Angelegenheiten, welche unsere Ueberschrift mit einem ein¬
fachen Und zusammenknüpft, mögen beim ersten Anblicke weit genug ausein¬
ander zu liegen scheinen. Dennoch wird es Keinem, der sich nur einigermaßen
mit den Gängen unseres nationalen oder "correcter" gesprochen, des bundes¬
deutschen Lebens beschäftigte, schwer fallen, beide Gegenstande in Wechsel¬
beziehung setzen. Die vor Kurzem bekannt gewordenen Schlußantrage des
vom Bundestag niedergesetzten Ausschusses zu Begutachtung einer Organisation
des Auswandcrnngswcsens, welches seit dem April Is5K wirklich unter die
"gemeinsamen Angelegenheiten" aufgenommen ist, bezeugen mit der Formu-
lirung ihrer Vorschläge genugsam, daß auch diese Frage innerhalb des natio¬
nalen Centralorgans vorzugsweise vom Standpunkte der polizeilichen Bevor¬
mundung behandelt werden soll. Alle andern Momente treten nicht blos
intellektuell, sondern auch formell hinter die Hnuptanträge zurück, welche
unter fünf Rubriken mit Unterabtheilungen ack I. die erheblichste Erweiterung
der Polizeimaßrcgelung des Auswanderungswesens in Angriff zu nehmen
rathen. Unter II. und III. wird dann der Weg angedeutet, auf welchem man
die Jnteressenbefördcrung der Auswanderer und eventuell einer deutschen
Kolonisation in Angriff nehmen zu können meint. Die folgsame Einlenkung
des Auswandererstroms in die erst noch officiell festzustellenden Kanäle er¬
scheint als Vorbedingung des dem Ausgewanderten in der neuerwählten Hei¬
math zu gewährenden Schutzes, der diplomatischen Förderung seiner Interessen,
der eventuellen Wahrung seines Zusammenhanges mit der Heimath und der
Erhaltung des nationalen Elementes. Es ist das grade der Gegensatz des
von England, Holland, Spanien, der Schweiz und selbst vom modernen
Frankreich befolgten Princips. Diese Staaten halten vor allem ihre schützende
Hand wenn nöthig auch über ihre expatriirten Unterthanen; sie haben das
Vorurtheil jede Schutzlosigkeit und Verletzung eines Engländers, Holländers,


Grenzboten III. 18S8. 26
Die Bmldesresmlt und die Allsnialldmmg.
i.

Die beiden Angelegenheiten, welche unsere Ueberschrift mit einem ein¬
fachen Und zusammenknüpft, mögen beim ersten Anblicke weit genug ausein¬
ander zu liegen scheinen. Dennoch wird es Keinem, der sich nur einigermaßen
mit den Gängen unseres nationalen oder „correcter" gesprochen, des bundes¬
deutschen Lebens beschäftigte, schwer fallen, beide Gegenstande in Wechsel¬
beziehung setzen. Die vor Kurzem bekannt gewordenen Schlußantrage des
vom Bundestag niedergesetzten Ausschusses zu Begutachtung einer Organisation
des Auswandcrnngswcsens, welches seit dem April Is5K wirklich unter die
„gemeinsamen Angelegenheiten" aufgenommen ist, bezeugen mit der Formu-
lirung ihrer Vorschläge genugsam, daß auch diese Frage innerhalb des natio¬
nalen Centralorgans vorzugsweise vom Standpunkte der polizeilichen Bevor¬
mundung behandelt werden soll. Alle andern Momente treten nicht blos
intellektuell, sondern auch formell hinter die Hnuptanträge zurück, welche
unter fünf Rubriken mit Unterabtheilungen ack I. die erheblichste Erweiterung
der Polizeimaßrcgelung des Auswanderungswesens in Angriff zu nehmen
rathen. Unter II. und III. wird dann der Weg angedeutet, auf welchem man
die Jnteressenbefördcrung der Auswanderer und eventuell einer deutschen
Kolonisation in Angriff nehmen zu können meint. Die folgsame Einlenkung
des Auswandererstroms in die erst noch officiell festzustellenden Kanäle er¬
scheint als Vorbedingung des dem Ausgewanderten in der neuerwählten Hei¬
math zu gewährenden Schutzes, der diplomatischen Förderung seiner Interessen,
der eventuellen Wahrung seines Zusammenhanges mit der Heimath und der
Erhaltung des nationalen Elementes. Es ist das grade der Gegensatz des
von England, Holland, Spanien, der Schweiz und selbst vom modernen
Frankreich befolgten Princips. Diese Staaten halten vor allem ihre schützende
Hand wenn nöthig auch über ihre expatriirten Unterthanen; sie haben das
Vorurtheil jede Schutzlosigkeit und Verletzung eines Engländers, Holländers,


Grenzboten III. 18S8. 26
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[0209] Die Bmldesresmlt und die Allsnialldmmg. i. Die beiden Angelegenheiten, welche unsere Ueberschrift mit einem ein¬ fachen Und zusammenknüpft, mögen beim ersten Anblicke weit genug ausein¬ ander zu liegen scheinen. Dennoch wird es Keinem, der sich nur einigermaßen mit den Gängen unseres nationalen oder „correcter" gesprochen, des bundes¬ deutschen Lebens beschäftigte, schwer fallen, beide Gegenstande in Wechsel¬ beziehung setzen. Die vor Kurzem bekannt gewordenen Schlußantrage des vom Bundestag niedergesetzten Ausschusses zu Begutachtung einer Organisation des Auswandcrnngswcsens, welches seit dem April Is5K wirklich unter die „gemeinsamen Angelegenheiten" aufgenommen ist, bezeugen mit der Formu- lirung ihrer Vorschläge genugsam, daß auch diese Frage innerhalb des natio¬ nalen Centralorgans vorzugsweise vom Standpunkte der polizeilichen Bevor¬ mundung behandelt werden soll. Alle andern Momente treten nicht blos intellektuell, sondern auch formell hinter die Hnuptanträge zurück, welche unter fünf Rubriken mit Unterabtheilungen ack I. die erheblichste Erweiterung der Polizeimaßrcgelung des Auswanderungswesens in Angriff zu nehmen rathen. Unter II. und III. wird dann der Weg angedeutet, auf welchem man die Jnteressenbefördcrung der Auswanderer und eventuell einer deutschen Kolonisation in Angriff nehmen zu können meint. Die folgsame Einlenkung des Auswandererstroms in die erst noch officiell festzustellenden Kanäle er¬ scheint als Vorbedingung des dem Ausgewanderten in der neuerwählten Hei¬ math zu gewährenden Schutzes, der diplomatischen Förderung seiner Interessen, der eventuellen Wahrung seines Zusammenhanges mit der Heimath und der Erhaltung des nationalen Elementes. Es ist das grade der Gegensatz des von England, Holland, Spanien, der Schweiz und selbst vom modernen Frankreich befolgten Princips. Diese Staaten halten vor allem ihre schützende Hand wenn nöthig auch über ihre expatriirten Unterthanen; sie haben das Vorurtheil jede Schutzlosigkeit und Verletzung eines Engländers, Holländers, Grenzboten III. 18S8. 26

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/209>, abgerufen am 03.07.2024.