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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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Überraschungen die Rede ist, wird mir der Hinabritt in das Thal von Sparta,
der von tausendblumiger Oleandern umblühte Eurotas und über ihm die
ungeheure Felsenwand des Tanvetus mit seinen sieben Gipfeln, seinen wei߬
schimmernden Schnecrillen und seinen meerblauen Schatten vor die Seele
treten. Auch in dem waldigen Elis im Thale des raschströmenden Alpheios
führte die Straße an manchem anmuthigen Bilde vorüber. Wunderbar gro߬
artig ist der Anblick, den, aus der wilden Schlucht gesehen, in der das Kloster
Megaspiläon wie ein Wespennest an den Klippen hängt, der Gebirgsstock des
hohen Chalmos bietet.

Was die Wirklichkeit nicht mehr hatte, schafft jetzt in der Ferne die Phan¬
tasie wieder hinzu. Traumgestalten aus dem Alterthum bevölkern das Land,
das der Reisende in der Erinnerung mit heim nimmt. Sie feiern auf dem
Isthmus ihre Spiele, treffen bei Mantinea. das mit Mauern und Thürmen
wiedererstanden ist. kämpfend zusammen, schreiten im Festzug die Marmortreppe
zu den Propyläen hinauf, schiffen mit hochbordigen vielrudrigen Kielen aus
dem Piräus. Das neue Gncchenthum. für uns von keiner größern Bedeutung
als andere kleine Volkskreise des Südens, hat wieder dem alten Raum gemacht.
Aber es ist nicht mehr das alte, wie wir es uns zu malen pflegen, kein
Phantom, schwankend und undeutlich wie alle Phantome. Es ist deutlich,
lebendig, mit scharfen Linien fast greifbar da. Und das ist der Hauptgewinn
M. B. der Reise.




Eine Bauernhochzeit in Steiermark.

Bauernhochzeiten haben in allen Gegenden irgend eine Absonderlichkeit,
welche beachtenswerth ist; hier sei eine obersteierische beschrieben.

Freien ist hier nicht eben leicht. Nicht daß ein hübscher Bursche grade immer
mit Flederwischen hcimgcsandt würde, wie in Langbeins warnender Dichtung;
es gibt genug Mädchen, die der Ehe noch nicht abhold sind. Aber zum
Hochzeitmachen ist mehr als das Einverstündniß der beiden Brautleute er¬
forderlich. Selbst wenn die Eltern nichts einzuwenden haben, -- und sie
sperren sich doch nicht selten -- so kommt noch wesentlich die Gemeinde und
ihr guter Wille in Betracht. Handelt sichs um einen Handwerker, so fragt sichs.
ob eine Veranlassung vorliegt, dem bisher alleinberechtigt gewesenen Schuster.
Schneider. Schmied oder wie das Handwerk immer heißt, einen Concurrenten
zu setzen. Es kann solches Bedenken drei, vier, fünf Jahre ungelöst in der
Luft schweben, und in der Zwischenzeit mögen die Brautleute einander in Ge-


Überraschungen die Rede ist, wird mir der Hinabritt in das Thal von Sparta,
der von tausendblumiger Oleandern umblühte Eurotas und über ihm die
ungeheure Felsenwand des Tanvetus mit seinen sieben Gipfeln, seinen wei߬
schimmernden Schnecrillen und seinen meerblauen Schatten vor die Seele
treten. Auch in dem waldigen Elis im Thale des raschströmenden Alpheios
führte die Straße an manchem anmuthigen Bilde vorüber. Wunderbar gro߬
artig ist der Anblick, den, aus der wilden Schlucht gesehen, in der das Kloster
Megaspiläon wie ein Wespennest an den Klippen hängt, der Gebirgsstock des
hohen Chalmos bietet.

Was die Wirklichkeit nicht mehr hatte, schafft jetzt in der Ferne die Phan¬
tasie wieder hinzu. Traumgestalten aus dem Alterthum bevölkern das Land,
das der Reisende in der Erinnerung mit heim nimmt. Sie feiern auf dem
Isthmus ihre Spiele, treffen bei Mantinea. das mit Mauern und Thürmen
wiedererstanden ist. kämpfend zusammen, schreiten im Festzug die Marmortreppe
zu den Propyläen hinauf, schiffen mit hochbordigen vielrudrigen Kielen aus
dem Piräus. Das neue Gncchenthum. für uns von keiner größern Bedeutung
als andere kleine Volkskreise des Südens, hat wieder dem alten Raum gemacht.
Aber es ist nicht mehr das alte, wie wir es uns zu malen pflegen, kein
Phantom, schwankend und undeutlich wie alle Phantome. Es ist deutlich,
lebendig, mit scharfen Linien fast greifbar da. Und das ist der Hauptgewinn
M. B. der Reise.




Eine Bauernhochzeit in Steiermark.

Bauernhochzeiten haben in allen Gegenden irgend eine Absonderlichkeit,
welche beachtenswerth ist; hier sei eine obersteierische beschrieben.

Freien ist hier nicht eben leicht. Nicht daß ein hübscher Bursche grade immer
mit Flederwischen hcimgcsandt würde, wie in Langbeins warnender Dichtung;
es gibt genug Mädchen, die der Ehe noch nicht abhold sind. Aber zum
Hochzeitmachen ist mehr als das Einverstündniß der beiden Brautleute er¬
forderlich. Selbst wenn die Eltern nichts einzuwenden haben, — und sie
sperren sich doch nicht selten — so kommt noch wesentlich die Gemeinde und
ihr guter Wille in Betracht. Handelt sichs um einen Handwerker, so fragt sichs.
ob eine Veranlassung vorliegt, dem bisher alleinberechtigt gewesenen Schuster.
Schneider. Schmied oder wie das Handwerk immer heißt, einen Concurrenten
zu setzen. Es kann solches Bedenken drei, vier, fünf Jahre ungelöst in der
Luft schweben, und in der Zwischenzeit mögen die Brautleute einander in Ge-


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[0182] Überraschungen die Rede ist, wird mir der Hinabritt in das Thal von Sparta, der von tausendblumiger Oleandern umblühte Eurotas und über ihm die ungeheure Felsenwand des Tanvetus mit seinen sieben Gipfeln, seinen wei߬ schimmernden Schnecrillen und seinen meerblauen Schatten vor die Seele treten. Auch in dem waldigen Elis im Thale des raschströmenden Alpheios führte die Straße an manchem anmuthigen Bilde vorüber. Wunderbar gro߬ artig ist der Anblick, den, aus der wilden Schlucht gesehen, in der das Kloster Megaspiläon wie ein Wespennest an den Klippen hängt, der Gebirgsstock des hohen Chalmos bietet. Was die Wirklichkeit nicht mehr hatte, schafft jetzt in der Ferne die Phan¬ tasie wieder hinzu. Traumgestalten aus dem Alterthum bevölkern das Land, das der Reisende in der Erinnerung mit heim nimmt. Sie feiern auf dem Isthmus ihre Spiele, treffen bei Mantinea. das mit Mauern und Thürmen wiedererstanden ist. kämpfend zusammen, schreiten im Festzug die Marmortreppe zu den Propyläen hinauf, schiffen mit hochbordigen vielrudrigen Kielen aus dem Piräus. Das neue Gncchenthum. für uns von keiner größern Bedeutung als andere kleine Volkskreise des Südens, hat wieder dem alten Raum gemacht. Aber es ist nicht mehr das alte, wie wir es uns zu malen pflegen, kein Phantom, schwankend und undeutlich wie alle Phantome. Es ist deutlich, lebendig, mit scharfen Linien fast greifbar da. Und das ist der Hauptgewinn M. B. der Reise. Eine Bauernhochzeit in Steiermark. Bauernhochzeiten haben in allen Gegenden irgend eine Absonderlichkeit, welche beachtenswerth ist; hier sei eine obersteierische beschrieben. Freien ist hier nicht eben leicht. Nicht daß ein hübscher Bursche grade immer mit Flederwischen hcimgcsandt würde, wie in Langbeins warnender Dichtung; es gibt genug Mädchen, die der Ehe noch nicht abhold sind. Aber zum Hochzeitmachen ist mehr als das Einverstündniß der beiden Brautleute er¬ forderlich. Selbst wenn die Eltern nichts einzuwenden haben, — und sie sperren sich doch nicht selten — so kommt noch wesentlich die Gemeinde und ihr guter Wille in Betracht. Handelt sichs um einen Handwerker, so fragt sichs. ob eine Veranlassung vorliegt, dem bisher alleinberechtigt gewesenen Schuster. Schneider. Schmied oder wie das Handwerk immer heißt, einen Concurrenten zu setzen. Es kann solches Bedenken drei, vier, fünf Jahre ungelöst in der Luft schweben, und in der Zwischenzeit mögen die Brautleute einander in Ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/182>, abgerufen am 03.07.2024.