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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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Holland, südlich bis nach der Schweiz, ostwärts bis reich Nußland, Polen,
Ungarn, nordwärts bis Schleswig und Dänemark, und der Volkswitz sagt:
"Columbus habe in Amerika schon einen Winterberger mit Sensen angetroffen."

Das Geschäft, mühsam wie es ist, nährt noch immer seinen Mann. ES
wird freilich, je mehr mit der steigenden Cultur sich überall der stehende Han¬
del verbreitet und festsetzt, desto mehr zurückgebrängt und genöthigt, seine Nah¬
rung aus immer weitern Kreisen z" ziehen, und die Zeiten, wo der Saldo
eines Jahres beim Handel in Holland sich auf 1000 Gulden belaufen konnte,
sind vorbei. Doch kommt es noch vor, daß der Hausirer, welcher mit eignen,
hinlänglichen Mitteln und mit Geschick seinen Handel betreibt, den Reingewinn
eines JahreS auf mehre hundert Thaler, ja bis zu 500 Thalern anschlagen
kann, und auf 100 Thaler schätzt man durchschnittlich die Summe, welche der
Hausirer von seiner Ausfahrt heimbringt.

Von dem Verdienste deS HausirgcschäftS werden dann alle GcldauSgabcn
des zurückgelassenen Haushaltes bestrirten. Steuer", Pachte, Rechnungen deS
Handwerkers und deS Kaufmannes, Arbeitslohn für die Bestellung der Lände¬
reien, welche an die Bauern verdungen wird. Kurz, die Hausirer bringen das
baare Geld in die Heimath. Um die Wichtigkeit dieses Handelsbetriebes in
einigen Beispielen vor Augen zu stellen, sei erwähnt, daß in der Bürgermeisterei
Niedersfeld unter 2344 Einwohnern 1000 dem Hausirhandel angehören, und
alle übrigen sast ohne Ausnahme mittelbar von dem Verdienste der Hausirer
lebe", daß ferner allein i" der Gemeinde Assinghauien, welche S87 Einwohner
und unier diesen 37 Hausirer zählt, der jährliche Reinertrag, welcher heimge¬
bracht wird, von den Behörden ans 10--1Ä.000 Thaler angenommen wird.
Leiter ist es natürliche Folge des umherschweifenden Lebens, daß der Hausirer
auch die wenigen Monate seiner Anwesenheit in der H imaih oft minder seinem
Hauswesen, als dem Wirthshause widmet und dort einen nicht geringen Theil
der sauer verdienten Groschen einbüßt.




Korrespondenzen.
Sb.

Di
e Aufregung, welche der Streit gegen die Wahlen in den Donau-
kttrstenthümer" während der letzten Woche" i" der Diplomatie und in der Presse hervor¬
gebracht, hat sich gelegt, seitdem England auf die Seite der protestirende" Mächte
getreten, und dem vereinzelten Oestreich "u" nichts übrig blieb, als ebenfalls "ach¬
zugeben und seine 5 iederlage durch daS Vorgebe" zu verdenke", daß das. was mög¬
licher- und sogar wabrschei"unterweise das schließlich? Resultat sein wird, das Nicht-
zustattdekvmme" der Unio", ihm als E"tschädig""g für sei" widerwilliges nachgebe"
S"ra"dire worden sei. Damit ist zugleich mit wahrhaft komischer Plötzlichkeit das
Lärme" der östreichischen Presse verstummt, die noch vor kurzem in der AiuuilU-
rung der Wahlen den Untergang der Türkei und die Zerstörung des europäischen


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Holland, südlich bis nach der Schweiz, ostwärts bis reich Nußland, Polen,
Ungarn, nordwärts bis Schleswig und Dänemark, und der Volkswitz sagt:
„Columbus habe in Amerika schon einen Winterberger mit Sensen angetroffen."

Das Geschäft, mühsam wie es ist, nährt noch immer seinen Mann. ES
wird freilich, je mehr mit der steigenden Cultur sich überall der stehende Han¬
del verbreitet und festsetzt, desto mehr zurückgebrängt und genöthigt, seine Nah¬
rung aus immer weitern Kreisen z» ziehen, und die Zeiten, wo der Saldo
eines Jahres beim Handel in Holland sich auf 1000 Gulden belaufen konnte,
sind vorbei. Doch kommt es noch vor, daß der Hausirer, welcher mit eignen,
hinlänglichen Mitteln und mit Geschick seinen Handel betreibt, den Reingewinn
eines JahreS auf mehre hundert Thaler, ja bis zu 500 Thalern anschlagen
kann, und auf 100 Thaler schätzt man durchschnittlich die Summe, welche der
Hausirer von seiner Ausfahrt heimbringt.

Von dem Verdienste deS HausirgcschäftS werden dann alle GcldauSgabcn
des zurückgelassenen Haushaltes bestrirten. Steuer», Pachte, Rechnungen deS
Handwerkers und deS Kaufmannes, Arbeitslohn für die Bestellung der Lände¬
reien, welche an die Bauern verdungen wird. Kurz, die Hausirer bringen das
baare Geld in die Heimath. Um die Wichtigkeit dieses Handelsbetriebes in
einigen Beispielen vor Augen zu stellen, sei erwähnt, daß in der Bürgermeisterei
Niedersfeld unter 2344 Einwohnern 1000 dem Hausirhandel angehören, und
alle übrigen sast ohne Ausnahme mittelbar von dem Verdienste der Hausirer
lebe», daß ferner allein i» der Gemeinde Assinghauien, welche S87 Einwohner
und unier diesen 37 Hausirer zählt, der jährliche Reinertrag, welcher heimge¬
bracht wird, von den Behörden ans 10—1Ä.000 Thaler angenommen wird.
Leiter ist es natürliche Folge des umherschweifenden Lebens, daß der Hausirer
auch die wenigen Monate seiner Anwesenheit in der H imaih oft minder seinem
Hauswesen, als dem Wirthshause widmet und dort einen nicht geringen Theil
der sauer verdienten Groschen einbüßt.




Korrespondenzen.
Sb.

Di
e Aufregung, welche der Streit gegen die Wahlen in den Donau-
kttrstenthümer» während der letzten Woche» i» der Diplomatie und in der Presse hervor¬
gebracht, hat sich gelegt, seitdem England auf die Seite der protestirende» Mächte
getreten, und dem vereinzelten Oestreich »u» nichts übrig blieb, als ebenfalls »ach¬
zugeben und seine 5 iederlage durch daS Vorgebe» zu verdenke», daß das. was mög¬
licher- und sogar wabrschei»unterweise das schließlich? Resultat sein wird, das Nicht-
zustattdekvmme» der Unio», ihm als E»tschädig»»g für sei» widerwilliges nachgebe»
S»ra»dire worden sei. Damit ist zugleich mit wahrhaft komischer Plötzlichkeit das
Lärme» der östreichischen Presse verstummt, die noch vor kurzem in der AiuuilU-
rung der Wahlen den Untergang der Türkei und die Zerstörung des europäischen


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[0403] Holland, südlich bis nach der Schweiz, ostwärts bis reich Nußland, Polen, Ungarn, nordwärts bis Schleswig und Dänemark, und der Volkswitz sagt: „Columbus habe in Amerika schon einen Winterberger mit Sensen angetroffen." Das Geschäft, mühsam wie es ist, nährt noch immer seinen Mann. ES wird freilich, je mehr mit der steigenden Cultur sich überall der stehende Han¬ del verbreitet und festsetzt, desto mehr zurückgebrängt und genöthigt, seine Nah¬ rung aus immer weitern Kreisen z» ziehen, und die Zeiten, wo der Saldo eines Jahres beim Handel in Holland sich auf 1000 Gulden belaufen konnte, sind vorbei. Doch kommt es noch vor, daß der Hausirer, welcher mit eignen, hinlänglichen Mitteln und mit Geschick seinen Handel betreibt, den Reingewinn eines JahreS auf mehre hundert Thaler, ja bis zu 500 Thalern anschlagen kann, und auf 100 Thaler schätzt man durchschnittlich die Summe, welche der Hausirer von seiner Ausfahrt heimbringt. Von dem Verdienste deS HausirgcschäftS werden dann alle GcldauSgabcn des zurückgelassenen Haushaltes bestrirten. Steuer», Pachte, Rechnungen deS Handwerkers und deS Kaufmannes, Arbeitslohn für die Bestellung der Lände¬ reien, welche an die Bauern verdungen wird. Kurz, die Hausirer bringen das baare Geld in die Heimath. Um die Wichtigkeit dieses Handelsbetriebes in einigen Beispielen vor Augen zu stellen, sei erwähnt, daß in der Bürgermeisterei Niedersfeld unter 2344 Einwohnern 1000 dem Hausirhandel angehören, und alle übrigen sast ohne Ausnahme mittelbar von dem Verdienste der Hausirer lebe», daß ferner allein i» der Gemeinde Assinghauien, welche S87 Einwohner und unier diesen 37 Hausirer zählt, der jährliche Reinertrag, welcher heimge¬ bracht wird, von den Behörden ans 10—1Ä.000 Thaler angenommen wird. Leiter ist es natürliche Folge des umherschweifenden Lebens, daß der Hausirer auch die wenigen Monate seiner Anwesenheit in der H imaih oft minder seinem Hauswesen, als dem Wirthshause widmet und dort einen nicht geringen Theil der sauer verdienten Groschen einbüßt. Korrespondenzen. Sb. Di e Aufregung, welche der Streit gegen die Wahlen in den Donau- kttrstenthümer» während der letzten Woche» i» der Diplomatie und in der Presse hervor¬ gebracht, hat sich gelegt, seitdem England auf die Seite der protestirende» Mächte getreten, und dem vereinzelten Oestreich »u» nichts übrig blieb, als ebenfalls »ach¬ zugeben und seine 5 iederlage durch daS Vorgebe» zu verdenke», daß das. was mög¬ licher- und sogar wabrschei»unterweise das schließlich? Resultat sein wird, das Nicht- zustattdekvmme» der Unio», ihm als E»tschädig»»g für sei» widerwilliges nachgebe» S»ra»dire worden sei. Damit ist zugleich mit wahrhaft komischer Plötzlichkeit das Lärme» der östreichischen Presse verstummt, die noch vor kurzem in der AiuuilU- rung der Wahlen den Untergang der Türkei und die Zerstörung des europäischen 30*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/403>, abgerufen am 29.06.2024.