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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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schönsten Grabmonumente der hervorragendsten Männer und Frauen Deutsch¬
lands (etwa 100 an der Zahl) von der frühesten Periode deS deutschen Reiches
bis zum dreißigjährige" Kriege zu verschaffen, um solche gleichsam als selbst¬
sprechende Ehren- und Geschichtsdenkmale in den großartigen Kreuzgängen der
Karthause aufzustellen. Indem der Bericht bemerkt, daß auch die übrigen
Theile der Kunst- und Alterthumssammlungen geschenks- und kaufsweise nicht
unwesentliche Vermehrungen und Verbesserungen erhielten, schließt er mit dem
Wunsche immer weiterer Theilnahme an dieser Nationalsache. Erhält das
germanische Museum aus den zahlreichen größern Staats- und öffentlichen
Sammlungen anch nur einzelne, leicht entbehrliche Doubletten, von Privaten
vereinzelte Stücke, welche als solche dem Besther wenig oder gar nichts nützen,
so würde in kurzer Zeit ein bedeutendes Material den Museumssammlungen
zuwachsen, ohne die Geldmittel desselben in Anspruch zu nehmen, welche ihrer
eigentlichen Bestimmung gemäß zur kräftigen Fortsetzung der begonnenen Ar¬
beiten zum Gedeihen und Segen deutscher Kunst und Wissenschaft verwendet
werden könnten. Möge jedermann bedenken, daß jedes Stück, welches er dar¬
reicht, zum großen Bau eines Ehrendenkmals deutscher Nation gehört und,
als unveräußerliches Eigenthum derselben, auch ihm als Theilhaber am gro¬
ßen Ganzen verbleibt, daß es auf unsere Nachkommen übergeht, welche für
diese Hinterlassenschaft nicht minder dankbar sein werden, als wir unsern
Vorfahren für die herrlichen Werke deutschen Geistes und Fleißes, die auf
Uns übergegangen.




Literatur.

Gräfin Elise von Ahlcfcldt. Die Gattin A. v. .Lützows. Die
Freundin K. Immermanns. Eine Biographie von Ludmilla Ussing.
Berlin, Duncker. -- Wenn wir vorstehendem Buche eine Besprechung in diesen
Blättern widme", so geschieht es nicht, um dem Verdienst der Verfasserin zu hul¬
digen, sondern um die Aufmerksamkeit unserer Leser auf einen merkwürdigen Bei¬
trag zur Geschichte jener Zeit zu lenken, welche man als die der Romantik be¬
zeichnet, eine Zeit, die unbestreitbar viel Edles und Schönes, aber noch mehr Un¬
fertiges und Ungesundes hervorgebracht; sie bildet ein Stück unserer Lehrjahre,
aber wir dürfen dankbar sein, daß dieselbe der Vergangenheit angehört. Es ist,
wie uns dies aus alleu Schriften und Denkwürdigkeiten der ersten Jahrzehnte ent¬
gegentritt. die Epoche der vollständigsten Subjectivität, das Individuum hat sich
vollständig auf sich gestellt,, die politischen, gesellschaftlichen, ja die sittlichen Bande
werden als rein äußerlich betrachtet, die Wahlverwandtschaft, die Neigung, das
wahre oder vermeintliche Genie gelten als vor allem, fast als allein berechtigt.
Nur die große, aber kurze Zeit der Befreiungskriege steht als eine Ausnahme i" dieser
Auflösung, da hat die Noth beten gelehrt, und dahaben die Ereignisse der Wcltge-


schönsten Grabmonumente der hervorragendsten Männer und Frauen Deutsch¬
lands (etwa 100 an der Zahl) von der frühesten Periode deS deutschen Reiches
bis zum dreißigjährige» Kriege zu verschaffen, um solche gleichsam als selbst¬
sprechende Ehren- und Geschichtsdenkmale in den großartigen Kreuzgängen der
Karthause aufzustellen. Indem der Bericht bemerkt, daß auch die übrigen
Theile der Kunst- und Alterthumssammlungen geschenks- und kaufsweise nicht
unwesentliche Vermehrungen und Verbesserungen erhielten, schließt er mit dem
Wunsche immer weiterer Theilnahme an dieser Nationalsache. Erhält das
germanische Museum aus den zahlreichen größern Staats- und öffentlichen
Sammlungen anch nur einzelne, leicht entbehrliche Doubletten, von Privaten
vereinzelte Stücke, welche als solche dem Besther wenig oder gar nichts nützen,
so würde in kurzer Zeit ein bedeutendes Material den Museumssammlungen
zuwachsen, ohne die Geldmittel desselben in Anspruch zu nehmen, welche ihrer
eigentlichen Bestimmung gemäß zur kräftigen Fortsetzung der begonnenen Ar¬
beiten zum Gedeihen und Segen deutscher Kunst und Wissenschaft verwendet
werden könnten. Möge jedermann bedenken, daß jedes Stück, welches er dar¬
reicht, zum großen Bau eines Ehrendenkmals deutscher Nation gehört und,
als unveräußerliches Eigenthum derselben, auch ihm als Theilhaber am gro¬
ßen Ganzen verbleibt, daß es auf unsere Nachkommen übergeht, welche für
diese Hinterlassenschaft nicht minder dankbar sein werden, als wir unsern
Vorfahren für die herrlichen Werke deutschen Geistes und Fleißes, die auf
Uns übergegangen.




Literatur.

Gräfin Elise von Ahlcfcldt. Die Gattin A. v. .Lützows. Die
Freundin K. Immermanns. Eine Biographie von Ludmilla Ussing.
Berlin, Duncker. — Wenn wir vorstehendem Buche eine Besprechung in diesen
Blättern widme», so geschieht es nicht, um dem Verdienst der Verfasserin zu hul¬
digen, sondern um die Aufmerksamkeit unserer Leser auf einen merkwürdigen Bei¬
trag zur Geschichte jener Zeit zu lenken, welche man als die der Romantik be¬
zeichnet, eine Zeit, die unbestreitbar viel Edles und Schönes, aber noch mehr Un¬
fertiges und Ungesundes hervorgebracht; sie bildet ein Stück unserer Lehrjahre,
aber wir dürfen dankbar sein, daß dieselbe der Vergangenheit angehört. Es ist,
wie uns dies aus alleu Schriften und Denkwürdigkeiten der ersten Jahrzehnte ent¬
gegentritt. die Epoche der vollständigsten Subjectivität, das Individuum hat sich
vollständig auf sich gestellt,, die politischen, gesellschaftlichen, ja die sittlichen Bande
werden als rein äußerlich betrachtet, die Wahlverwandtschaft, die Neigung, das
wahre oder vermeintliche Genie gelten als vor allem, fast als allein berechtigt.
Nur die große, aber kurze Zeit der Befreiungskriege steht als eine Ausnahme i» dieser
Auflösung, da hat die Noth beten gelehrt, und dahaben die Ereignisse der Wcltge-


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[0365] schönsten Grabmonumente der hervorragendsten Männer und Frauen Deutsch¬ lands (etwa 100 an der Zahl) von der frühesten Periode deS deutschen Reiches bis zum dreißigjährige» Kriege zu verschaffen, um solche gleichsam als selbst¬ sprechende Ehren- und Geschichtsdenkmale in den großartigen Kreuzgängen der Karthause aufzustellen. Indem der Bericht bemerkt, daß auch die übrigen Theile der Kunst- und Alterthumssammlungen geschenks- und kaufsweise nicht unwesentliche Vermehrungen und Verbesserungen erhielten, schließt er mit dem Wunsche immer weiterer Theilnahme an dieser Nationalsache. Erhält das germanische Museum aus den zahlreichen größern Staats- und öffentlichen Sammlungen anch nur einzelne, leicht entbehrliche Doubletten, von Privaten vereinzelte Stücke, welche als solche dem Besther wenig oder gar nichts nützen, so würde in kurzer Zeit ein bedeutendes Material den Museumssammlungen zuwachsen, ohne die Geldmittel desselben in Anspruch zu nehmen, welche ihrer eigentlichen Bestimmung gemäß zur kräftigen Fortsetzung der begonnenen Ar¬ beiten zum Gedeihen und Segen deutscher Kunst und Wissenschaft verwendet werden könnten. Möge jedermann bedenken, daß jedes Stück, welches er dar¬ reicht, zum großen Bau eines Ehrendenkmals deutscher Nation gehört und, als unveräußerliches Eigenthum derselben, auch ihm als Theilhaber am gro¬ ßen Ganzen verbleibt, daß es auf unsere Nachkommen übergeht, welche für diese Hinterlassenschaft nicht minder dankbar sein werden, als wir unsern Vorfahren für die herrlichen Werke deutschen Geistes und Fleißes, die auf Uns übergegangen. Literatur. Gräfin Elise von Ahlcfcldt. Die Gattin A. v. .Lützows. Die Freundin K. Immermanns. Eine Biographie von Ludmilla Ussing. Berlin, Duncker. — Wenn wir vorstehendem Buche eine Besprechung in diesen Blättern widme», so geschieht es nicht, um dem Verdienst der Verfasserin zu hul¬ digen, sondern um die Aufmerksamkeit unserer Leser auf einen merkwürdigen Bei¬ trag zur Geschichte jener Zeit zu lenken, welche man als die der Romantik be¬ zeichnet, eine Zeit, die unbestreitbar viel Edles und Schönes, aber noch mehr Un¬ fertiges und Ungesundes hervorgebracht; sie bildet ein Stück unserer Lehrjahre, aber wir dürfen dankbar sein, daß dieselbe der Vergangenheit angehört. Es ist, wie uns dies aus alleu Schriften und Denkwürdigkeiten der ersten Jahrzehnte ent¬ gegentritt. die Epoche der vollständigsten Subjectivität, das Individuum hat sich vollständig auf sich gestellt,, die politischen, gesellschaftlichen, ja die sittlichen Bande werden als rein äußerlich betrachtet, die Wahlverwandtschaft, die Neigung, das wahre oder vermeintliche Genie gelten als vor allem, fast als allein berechtigt. Nur die große, aber kurze Zeit der Befreiungskriege steht als eine Ausnahme i» dieser Auflösung, da hat die Noth beten gelehrt, und dahaben die Ereignisse der Wcltge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/365>, abgerufen am 11.12.2024.