Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

dies aber natürlich nicht im kleinern Verkehr - daS kleinste französische Gold¬
stück ist bekanntlich das Fünffrankenstück -- und müssen für diesen jedenfalls
große Silberbeträge im Lande verbleiben. Wo bleibt nun die Hauptmasse deS
in Frankreich einwandernden Goldes? Es kann fast keinem Zweifel unterliegen,
daß es an den verschiedensten Orten vergraben und aufbewahrt wird, regel¬
mäßig das Schicksal deS Goldes in unsichern Zeiten seiner leichtern TranSpor-
tirbarkeit wegen. Kein europäisches Volk hat übrigens eine solche Neigung
zum Aufspeichern von Baarschätzen als grade die Franzosen; daS so vergrabene
Gold ist aber für den Verkehr so gut wie nicht mehr vorhanden. -- Von
größerm Einfluß auf den allgemeinen Gang der Dinge sind die wiederholten
Mißernten und die andauernd hohen Getreidepreise; aber die Masse kann diese
bei einem trotz der Zeitverhältnisse steigenden Wohlstand -- eine Folge deS im
jetzigen raschen Verkehr nimmer rastenden Begehrs nach neuen Arbeitserzeug¬
nissen -- bezahlen. Es ist eben eine der eigenthümlichsten Erscheinungen der
Zeit, daß die Krisis mehr nach oben gerichtet ist und den arbeitenden Stand
bis jetzt noch weniger berührt hat. Ausbleiben wird dies in weiteren Ver¬
lause schwerlich, wahrscheinlich aber nur unter Mitwirkung von besondern Er¬
eignissen. Die hohen Getreidepreise nehmen aber jedenfalls enorme Capitalien
in Anspruch. -- Daß endlich auch das Quacksalbern der Regierungen an ge¬
legentlichen sogenannten Mißbräuchen die Krisis mehr erschwert als erleichtert,
bedarf kaum eines Beweises. In Deutschland hat man es richtig bis zu einer
Papiergeldverlegenheit gebracht, deren Früchte sich noch gar wunderbar und
wenig erbaulich gestalten können.

Wir wollen schließen, nicht weil sich nicht noch außerordentlich viel sagen
läßt, sondern weil wir endlich schließen müssen. Wirthschaftliche Dinge mit
einer allgemeinen Formel abzuthun ist eine viel gebräuchliche, sehr be¬
queme, aber äußerst bedenkliche Manier; die andere Weise, wie wir sie ver¬
sucht haben, in den innern Zusammenhang hineinzugehen ist viel dankbarer,
aber auch unendlich schwieriger, und wollen wir hoffen, daß doch einige der
Leser Geduld - genug gehabt haben, um uns ihre Aufmerksamkeit bis zu Ende
zu schenken.




Aus dem römischen Alterthum.
Ein Landgut in CatoS Zeit.

In einem frühern Aufsatze ist die Tendenz des römischen Grundbesitzes
in der spätern Zeit der Republik und nnter den Kaisern, ungeheuere Gebiete
zu einer Herrschaft zu vereinigen, und ihre verderblichen Folgen für die Boden-


dies aber natürlich nicht im kleinern Verkehr - daS kleinste französische Gold¬
stück ist bekanntlich das Fünffrankenstück — und müssen für diesen jedenfalls
große Silberbeträge im Lande verbleiben. Wo bleibt nun die Hauptmasse deS
in Frankreich einwandernden Goldes? Es kann fast keinem Zweifel unterliegen,
daß es an den verschiedensten Orten vergraben und aufbewahrt wird, regel¬
mäßig das Schicksal deS Goldes in unsichern Zeiten seiner leichtern TranSpor-
tirbarkeit wegen. Kein europäisches Volk hat übrigens eine solche Neigung
zum Aufspeichern von Baarschätzen als grade die Franzosen; daS so vergrabene
Gold ist aber für den Verkehr so gut wie nicht mehr vorhanden. — Von
größerm Einfluß auf den allgemeinen Gang der Dinge sind die wiederholten
Mißernten und die andauernd hohen Getreidepreise; aber die Masse kann diese
bei einem trotz der Zeitverhältnisse steigenden Wohlstand — eine Folge deS im
jetzigen raschen Verkehr nimmer rastenden Begehrs nach neuen Arbeitserzeug¬
nissen — bezahlen. Es ist eben eine der eigenthümlichsten Erscheinungen der
Zeit, daß die Krisis mehr nach oben gerichtet ist und den arbeitenden Stand
bis jetzt noch weniger berührt hat. Ausbleiben wird dies in weiteren Ver¬
lause schwerlich, wahrscheinlich aber nur unter Mitwirkung von besondern Er¬
eignissen. Die hohen Getreidepreise nehmen aber jedenfalls enorme Capitalien
in Anspruch. — Daß endlich auch das Quacksalbern der Regierungen an ge¬
legentlichen sogenannten Mißbräuchen die Krisis mehr erschwert als erleichtert,
bedarf kaum eines Beweises. In Deutschland hat man es richtig bis zu einer
Papiergeldverlegenheit gebracht, deren Früchte sich noch gar wunderbar und
wenig erbaulich gestalten können.

Wir wollen schließen, nicht weil sich nicht noch außerordentlich viel sagen
läßt, sondern weil wir endlich schließen müssen. Wirthschaftliche Dinge mit
einer allgemeinen Formel abzuthun ist eine viel gebräuchliche, sehr be¬
queme, aber äußerst bedenkliche Manier; die andere Weise, wie wir sie ver¬
sucht haben, in den innern Zusammenhang hineinzugehen ist viel dankbarer,
aber auch unendlich schwieriger, und wollen wir hoffen, daß doch einige der
Leser Geduld - genug gehabt haben, um uns ihre Aufmerksamkeit bis zu Ende
zu schenken.




Aus dem römischen Alterthum.
Ein Landgut in CatoS Zeit.

In einem frühern Aufsatze ist die Tendenz des römischen Grundbesitzes
in der spätern Zeit der Republik und nnter den Kaisern, ungeheuere Gebiete
zu einer Herrschaft zu vereinigen, und ihre verderblichen Folgen für die Boden-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0140" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104341"/>
          <p xml:id="ID_372" prev="#ID_371"> dies aber natürlich nicht im kleinern Verkehr - daS kleinste französische Gold¬<lb/>
stück ist bekanntlich das Fünffrankenstück &#x2014; und müssen für diesen jedenfalls<lb/>
große Silberbeträge im Lande verbleiben. Wo bleibt nun die Hauptmasse deS<lb/>
in Frankreich einwandernden Goldes? Es kann fast keinem Zweifel unterliegen,<lb/>
daß es an den verschiedensten Orten vergraben und aufbewahrt wird, regel¬<lb/>
mäßig das Schicksal deS Goldes in unsichern Zeiten seiner leichtern TranSpor-<lb/>
tirbarkeit wegen. Kein europäisches Volk hat übrigens eine solche Neigung<lb/>
zum Aufspeichern von Baarschätzen als grade die Franzosen; daS so vergrabene<lb/>
Gold ist aber für den Verkehr so gut wie nicht mehr vorhanden. &#x2014; Von<lb/>
größerm Einfluß auf den allgemeinen Gang der Dinge sind die wiederholten<lb/>
Mißernten und die andauernd hohen Getreidepreise; aber die Masse kann diese<lb/>
bei einem trotz der Zeitverhältnisse steigenden Wohlstand &#x2014; eine Folge deS im<lb/>
jetzigen raschen Verkehr nimmer rastenden Begehrs nach neuen Arbeitserzeug¬<lb/>
nissen &#x2014; bezahlen. Es ist eben eine der eigenthümlichsten Erscheinungen der<lb/>
Zeit, daß die Krisis mehr nach oben gerichtet ist und den arbeitenden Stand<lb/>
bis jetzt noch weniger berührt hat. Ausbleiben wird dies in weiteren Ver¬<lb/>
lause schwerlich, wahrscheinlich aber nur unter Mitwirkung von besondern Er¬<lb/>
eignissen. Die hohen Getreidepreise nehmen aber jedenfalls enorme Capitalien<lb/>
in Anspruch. &#x2014; Daß endlich auch das Quacksalbern der Regierungen an ge¬<lb/>
legentlichen sogenannten Mißbräuchen die Krisis mehr erschwert als erleichtert,<lb/>
bedarf kaum eines Beweises. In Deutschland hat man es richtig bis zu einer<lb/>
Papiergeldverlegenheit gebracht, deren Früchte sich noch gar wunderbar und<lb/>
wenig erbaulich gestalten können.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_373"> Wir wollen schließen, nicht weil sich nicht noch außerordentlich viel sagen<lb/>
läßt, sondern weil wir endlich schließen müssen. Wirthschaftliche Dinge mit<lb/>
einer allgemeinen Formel abzuthun ist eine viel gebräuchliche, sehr be¬<lb/>
queme, aber äußerst bedenkliche Manier; die andere Weise, wie wir sie ver¬<lb/>
sucht haben, in den innern Zusammenhang hineinzugehen ist viel dankbarer,<lb/>
aber auch unendlich schwieriger, und wollen wir hoffen, daß doch einige der<lb/>
Leser Geduld - genug gehabt haben, um uns ihre Aufmerksamkeit bis zu Ende<lb/>
zu schenken.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Aus dem römischen Alterthum.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Ein Landgut in CatoS Zeit.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_374" next="#ID_375"> In einem frühern Aufsatze ist die Tendenz des römischen Grundbesitzes<lb/>
in der spätern Zeit der Republik und nnter den Kaisern, ungeheuere Gebiete<lb/>
zu einer Herrschaft zu vereinigen, und ihre verderblichen Folgen für die Boden-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0140] dies aber natürlich nicht im kleinern Verkehr - daS kleinste französische Gold¬ stück ist bekanntlich das Fünffrankenstück — und müssen für diesen jedenfalls große Silberbeträge im Lande verbleiben. Wo bleibt nun die Hauptmasse deS in Frankreich einwandernden Goldes? Es kann fast keinem Zweifel unterliegen, daß es an den verschiedensten Orten vergraben und aufbewahrt wird, regel¬ mäßig das Schicksal deS Goldes in unsichern Zeiten seiner leichtern TranSpor- tirbarkeit wegen. Kein europäisches Volk hat übrigens eine solche Neigung zum Aufspeichern von Baarschätzen als grade die Franzosen; daS so vergrabene Gold ist aber für den Verkehr so gut wie nicht mehr vorhanden. — Von größerm Einfluß auf den allgemeinen Gang der Dinge sind die wiederholten Mißernten und die andauernd hohen Getreidepreise; aber die Masse kann diese bei einem trotz der Zeitverhältnisse steigenden Wohlstand — eine Folge deS im jetzigen raschen Verkehr nimmer rastenden Begehrs nach neuen Arbeitserzeug¬ nissen — bezahlen. Es ist eben eine der eigenthümlichsten Erscheinungen der Zeit, daß die Krisis mehr nach oben gerichtet ist und den arbeitenden Stand bis jetzt noch weniger berührt hat. Ausbleiben wird dies in weiteren Ver¬ lause schwerlich, wahrscheinlich aber nur unter Mitwirkung von besondern Er¬ eignissen. Die hohen Getreidepreise nehmen aber jedenfalls enorme Capitalien in Anspruch. — Daß endlich auch das Quacksalbern der Regierungen an ge¬ legentlichen sogenannten Mißbräuchen die Krisis mehr erschwert als erleichtert, bedarf kaum eines Beweises. In Deutschland hat man es richtig bis zu einer Papiergeldverlegenheit gebracht, deren Früchte sich noch gar wunderbar und wenig erbaulich gestalten können. Wir wollen schließen, nicht weil sich nicht noch außerordentlich viel sagen läßt, sondern weil wir endlich schließen müssen. Wirthschaftliche Dinge mit einer allgemeinen Formel abzuthun ist eine viel gebräuchliche, sehr be¬ queme, aber äußerst bedenkliche Manier; die andere Weise, wie wir sie ver¬ sucht haben, in den innern Zusammenhang hineinzugehen ist viel dankbarer, aber auch unendlich schwieriger, und wollen wir hoffen, daß doch einige der Leser Geduld - genug gehabt haben, um uns ihre Aufmerksamkeit bis zu Ende zu schenken. Aus dem römischen Alterthum. Ein Landgut in CatoS Zeit. In einem frühern Aufsatze ist die Tendenz des römischen Grundbesitzes in der spätern Zeit der Republik und nnter den Kaisern, ungeheuere Gebiete zu einer Herrschaft zu vereinigen, und ihre verderblichen Folgen für die Boden-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/140
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/140>, abgerufen am 29.06.2024.