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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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griechischen Handschriften zersetzt war, und der Drang nach Wissen und Gelehr¬
samkeit unter der Laienwelt mächtig wurde, kam der Tag, wo aus der alten
Technik der Tapetendrucker unsere Druckschrift sich entwickelte, und aus dieser
schnell die Anfänge moderner Wissenschaft, eine öffentliche Meinung, die Re¬
formation.

Was hier als Beispiel einer bescheidenen und doch im hohen Grade in¬
teressanten Detailforschung kurz skizzirt wurde, ist der Hauptinhalt ver kleinen,
aber sauber und mit sicherer Hand geführten Untersuchung von "r. Ferdinand
Keller, sie selbst ein Muster gelehrter Technik und als Theil einer höchst werth-
vollen Sammlung von Abhandlungen ein erfreuliches Zeichen, wie liebevoll
und gebildet man in der Schweiz aus den heimischen Alterthümern das Alter¬
thum zu verstehen bemüht ist. --




Charakterbilder schweizerischer Hauptstädte.

Schweizerische Touristenblätter. Von Alfred Müller. Leipzig, I. I. Weber.

Der Verfasser ist ein gebildeter Mann, der gut zu sehen und ebensogut
zu schildern versteht. Er kennt nicht blos die Schweiz, sondern auch die
Schweizer ungemein genau und kann uns daher auch das bieten, was dem
gewöhnlichen Touristen versagt ist: Andeutungen über den Charakter und die
Stimmung in den einzelnen Cantonen und Städten. Dadurch gewinnt sein
Buch sein vorzügliches Interesse; denn obwol sich auch manche anmuthige
Schilderung von Gegenden darin findet, so heißt doch die Schweiz nach ihrer
landschaftlichen Seite schildern Wasser ins Meer und Eulen nach Athen tra¬
gen. Nach der Einleitung scheint er ein Deutscher, "ach vielen andern An¬
zeichen ein Schweizer zu sein; aber wie groß er auch von dem ,,Lande der Frei'
heit" denkt, bewahrt ihn seine im Ganzen nüchterne Natur doch meist vor Ueber¬
treibung. Wie hübsch er schildert, mögen die nachstehenden Auszüge aus den
Capiteln zeigen, welche die Städte Genf, Bern und Basel charakterisieren.
Von ersterem sagt er:

Gens, die alte ^ursli-r ^llobrvAum, liegt wunderschön in dem freundli¬
chen Winkel, wo der Seetrichter sich plötzlich in dem Nhonearm verengt, nach
Norden zu die Juragebirge vorbeistreichen und mit den Ausläufern der savoyi-
schen Alpen, dem Salsve und den Voirons einen milden Thalkessel bilden.
Sein kleines Cantongebiet füllt dieses TiefMd beinahe vollständig aus, ver¬
diente aber schon wegen der natürlichen Präformation etwas weitere Grenze


griechischen Handschriften zersetzt war, und der Drang nach Wissen und Gelehr¬
samkeit unter der Laienwelt mächtig wurde, kam der Tag, wo aus der alten
Technik der Tapetendrucker unsere Druckschrift sich entwickelte, und aus dieser
schnell die Anfänge moderner Wissenschaft, eine öffentliche Meinung, die Re¬
formation.

Was hier als Beispiel einer bescheidenen und doch im hohen Grade in¬
teressanten Detailforschung kurz skizzirt wurde, ist der Hauptinhalt ver kleinen,
aber sauber und mit sicherer Hand geführten Untersuchung von »r. Ferdinand
Keller, sie selbst ein Muster gelehrter Technik und als Theil einer höchst werth-
vollen Sammlung von Abhandlungen ein erfreuliches Zeichen, wie liebevoll
und gebildet man in der Schweiz aus den heimischen Alterthümern das Alter¬
thum zu verstehen bemüht ist. —




Charakterbilder schweizerischer Hauptstädte.

Schweizerische Touristenblätter. Von Alfred Müller. Leipzig, I. I. Weber.

Der Verfasser ist ein gebildeter Mann, der gut zu sehen und ebensogut
zu schildern versteht. Er kennt nicht blos die Schweiz, sondern auch die
Schweizer ungemein genau und kann uns daher auch das bieten, was dem
gewöhnlichen Touristen versagt ist: Andeutungen über den Charakter und die
Stimmung in den einzelnen Cantonen und Städten. Dadurch gewinnt sein
Buch sein vorzügliches Interesse; denn obwol sich auch manche anmuthige
Schilderung von Gegenden darin findet, so heißt doch die Schweiz nach ihrer
landschaftlichen Seite schildern Wasser ins Meer und Eulen nach Athen tra¬
gen. Nach der Einleitung scheint er ein Deutscher, »ach vielen andern An¬
zeichen ein Schweizer zu sein; aber wie groß er auch von dem ,,Lande der Frei'
heit" denkt, bewahrt ihn seine im Ganzen nüchterne Natur doch meist vor Ueber¬
treibung. Wie hübsch er schildert, mögen die nachstehenden Auszüge aus den
Capiteln zeigen, welche die Städte Genf, Bern und Basel charakterisieren.
Von ersterem sagt er:

Gens, die alte ^ursli-r ^llobrvAum, liegt wunderschön in dem freundli¬
chen Winkel, wo der Seetrichter sich plötzlich in dem Nhonearm verengt, nach
Norden zu die Juragebirge vorbeistreichen und mit den Ausläufern der savoyi-
schen Alpen, dem Salsve und den Voirons einen milden Thalkessel bilden.
Sein kleines Cantongebiet füllt dieses TiefMd beinahe vollständig aus, ver¬
diente aber schon wegen der natürlichen Präformation etwas weitere Grenze


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/398>, abgerufen am 01.09.2024.