Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.den neuesten Ereignissen unangenehm berührt, die fortdauernde Neigung der Stillleben aus der Vergangenheit Hohenzollerns. In dem wiesenreichen Donauthale, grade da, wo die Höhen weiter aus¬ den neuesten Ereignissen unangenehm berührt, die fortdauernde Neigung der Stillleben aus der Vergangenheit Hohenzollerns. In dem wiesenreichen Donauthale, grade da, wo die Höhen weiter aus¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0223" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103890"/> <p xml:id="ID_661" prev="#ID_660"> den neuesten Ereignissen unangenehm berührt, die fortdauernde Neigung der<lb/> Italiener zu Demonstrationen. Demonstrationen beweisen nichts, sie schaffen<lb/> nichts, sie geben nur Gelegenheit zu gerechten und ungerechten Anklagen und<lb/> schließen, wenn nicht auf das Wort die That augenblicklich folgt, nothwendig<lb/> mit einer retrograden Bewegung. Eine solche ist aber stets bedenklich, so klein<lb/> sie auch sein mag, am meisten in monarchischen Staaten, wo auch bei dem<lb/> besten Willen und der besten Einsicht doch immer dem persönlichen Gefühl<lb/><note type="byline"> I. S.</note> einige Rechnung getragen werden muß. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Stillleben aus der Vergangenheit Hohenzollerns.</head><lb/> <p xml:id="ID_662" next="#ID_663"> In dem wiesenreichen Donauthale, grade da, wo die Höhen weiter aus¬<lb/> einanderrücken und sich allmälig verflachen, und nur einzelne Felsen noch den<lb/> Gebirgszug der Alb bezeichnen, steht hoch über dem Flusse auf einer mächtigen<lb/> Kalksteingruppe eine stattliche Burg mit Zinnen und Thürmen, an deren Fuß<lb/> sich ein Schutz suchendes Häusergewirr eines Städtchens schmiegt. In dem<lb/> Schlosse von Sigmaringen, das zu verschiedenen Zeiten von verschiedenen<lb/> Herrn erbaut worden war, hauste seit dem sechzehnten Jahrhundert daS alte<lb/> Grafengeschlecht der Hohenzollern, daS im siebzehnten gefürstet wurde, und<lb/> nach dem Umsturz des heiligen römischen Reiches zu den deutschen Souveränen<lb/> zählte. Das kleine Fürstenthum, das durch Napoleons Wohlwollen sich um<lb/> mehre Gebietstheile vergrößerte, welche früher reichen Klöstern oder kleinen<lb/> Dynasten angehört hatten, war zu jener Zeit noch ein unbekannter Punkt für<lb/> das übrige Deutschland, da es zwischen verschiedenen Gebieten eingeklemmt und<lb/> mit der Außenwelt weder durch Straßenzüge, noch durch PostVerbindungen in<lb/> Verkehr stand. Durch diese Abgeschiedenheit und das zurückgezogene Leben<lb/> mehrer aufeinander folgender Fürsten erhielt sich ein patriarchalisches Wesen,<lb/> das auf daS ganze Gebiet seinen Einfluß ausübte, und die gewaltsamen Um¬<lb/> wälzungen der französischen Revolution und des Kaiserreiches machten sich nur<lb/> durch zahlreiche Truppendurchmärsche und Kontributionen fühlbar, ohne daß<lb/> das einfache Getriebe des Staatskörpers aus dem Gleichgewichte kam. Auch<lb/> die politischen Neuigkeiten, welche ein alter Bote, dem es eben nicht pressirte,<lb/> wöchentlich zweimal auf der nächsten würtembergischen Post in Gestalt der<lb/> „Allgemeinen" nebst dem Briesfelleisen abholte, verbreiteten sich aus den<lb/> Zwei Exemplaren, wovon eins dem Fürsten, das andere seinem Kanzler zu¬<lb/> kam, eben nicht mit allzugroßer Schnelligkeit, und Schlachten konnten geschla-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0223]
den neuesten Ereignissen unangenehm berührt, die fortdauernde Neigung der
Italiener zu Demonstrationen. Demonstrationen beweisen nichts, sie schaffen
nichts, sie geben nur Gelegenheit zu gerechten und ungerechten Anklagen und
schließen, wenn nicht auf das Wort die That augenblicklich folgt, nothwendig
mit einer retrograden Bewegung. Eine solche ist aber stets bedenklich, so klein
sie auch sein mag, am meisten in monarchischen Staaten, wo auch bei dem
besten Willen und der besten Einsicht doch immer dem persönlichen Gefühl
I. S. einige Rechnung getragen werden muß.
Stillleben aus der Vergangenheit Hohenzollerns.
In dem wiesenreichen Donauthale, grade da, wo die Höhen weiter aus¬
einanderrücken und sich allmälig verflachen, und nur einzelne Felsen noch den
Gebirgszug der Alb bezeichnen, steht hoch über dem Flusse auf einer mächtigen
Kalksteingruppe eine stattliche Burg mit Zinnen und Thürmen, an deren Fuß
sich ein Schutz suchendes Häusergewirr eines Städtchens schmiegt. In dem
Schlosse von Sigmaringen, das zu verschiedenen Zeiten von verschiedenen
Herrn erbaut worden war, hauste seit dem sechzehnten Jahrhundert daS alte
Grafengeschlecht der Hohenzollern, daS im siebzehnten gefürstet wurde, und
nach dem Umsturz des heiligen römischen Reiches zu den deutschen Souveränen
zählte. Das kleine Fürstenthum, das durch Napoleons Wohlwollen sich um
mehre Gebietstheile vergrößerte, welche früher reichen Klöstern oder kleinen
Dynasten angehört hatten, war zu jener Zeit noch ein unbekannter Punkt für
das übrige Deutschland, da es zwischen verschiedenen Gebieten eingeklemmt und
mit der Außenwelt weder durch Straßenzüge, noch durch PostVerbindungen in
Verkehr stand. Durch diese Abgeschiedenheit und das zurückgezogene Leben
mehrer aufeinander folgender Fürsten erhielt sich ein patriarchalisches Wesen,
das auf daS ganze Gebiet seinen Einfluß ausübte, und die gewaltsamen Um¬
wälzungen der französischen Revolution und des Kaiserreiches machten sich nur
durch zahlreiche Truppendurchmärsche und Kontributionen fühlbar, ohne daß
das einfache Getriebe des Staatskörpers aus dem Gleichgewichte kam. Auch
die politischen Neuigkeiten, welche ein alter Bote, dem es eben nicht pressirte,
wöchentlich zweimal auf der nächsten würtembergischen Post in Gestalt der
„Allgemeinen" nebst dem Briesfelleisen abholte, verbreiteten sich aus den
Zwei Exemplaren, wovon eins dem Fürsten, das andere seinem Kanzler zu¬
kam, eben nicht mit allzugroßer Schnelligkeit, und Schlachten konnten geschla-
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