Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.segnen, bis der Vogel hinwegflog; da sprachen wir zusammen: "wir haben Solch gutes Leben und Freude habe ich in Menge bei den Geisen in den Dasselbe um 1745. -- Anfangs wollten mir die Geisen, deren ich bis dreißig Stück hatte, Drei Jahre hütete ich so meine Herde; sie ward immer größer, zuletzt ') Wanzen.
segnen, bis der Vogel hinwegflog; da sprachen wir zusammen: „wir haben Solch gutes Leben und Freude habe ich in Menge bei den Geisen in den Dasselbe um 1745. — Anfangs wollten mir die Geisen, deren ich bis dreißig Stück hatte, Drei Jahre hütete ich so meine Herde; sie ward immer größer, zuletzt ') Wanzen.
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segnen, bis der Vogel hinwegflog; da sprachen wir zusammen: „wir haben
Unrecht gethan, daß wir gewünscht haben, wir könnten fliegen, Gott hat uns
nicht geschaffen zum fliegen, sondern zum gehen. — Ein ander Mal war ich
in einer gar steilen Vertiefung, suchte kleine Strahlen, das sind Krystalle,
deren viel darin gefunden wurden; da sah ich weit oben einen Stein wie ein
Ofen groß daherspringen und dieweil ich nicht entrinnen konnte, bückte ich mich
nieder auf mein Angesicht, da siel der Stein etliche Klaftern über mir nieder
und von da über mich hinaus; denn die Steine springen oft etliche Spieße hoch
in der Luft dahin.
Solch gutes Leben und Freude habe ich in Menge bei den Geisen in den
Bergen gehabt, vieles davon habe ich vergessen. Das weiß ich wol, daß ich selten
ganze Zehen gehabt habe, sondern Hautstücke abgestoßen, große Schrunden, bin
oft übel gefallen, im Sommer mehrentheils ohne Schuhe oder mit Holzschuhen,
großen Durst, daß ich manchmal mir selber in die Hand brünzeln that und
habe das für den Durst getrunken.^ Meine Speise war am Morgen vor Tag
ein Noggenbrei, ist eine Suppe von Roggenmehl gemacht; Käs und Roggen¬
brod gibt man einem in ein Körblein mit auf den Rücken zu tragen, zu Nacht
aber gewellte Käsmilch, doch von alledem ziemlich genug. Im Sommer im
Heu liegen, im Winter auf einem Strohsack voll von Mänteln") und oft von
Läusen, so liegen gemeiniglich die armen Hirtlein, die bei den Bauern in den
Einöden dienen.
Dasselbe um 1745.
— Anfangs wollten mir die Geisen, deren ich bis dreißig Stück hatte,
kein gut thun; das machte mich wild, und ich versucht es, ihnen mit Steinen
und Prügeln, den Meister zu zeigen, aber sie zeigten ihn mir: ich mußte also
die glatten Won' und das Streicheln und Schmeicheln zur Hand nehmen.
Da thaten sie was ich wollte. Auf die vorige Art hingegen verscheucht ich
sie so, daß ich oft nicht mehr wußte, was anfangen, wenn sie alle ins Holz
und Gesträuch liefen, und ich meist rundum keine einzige mehr erblicken konnte,
halbe Tage herumlaufen, pfeifen und jolen, sie an den Galgen verwünschen,
brüllen und lamentiren mußte, bis ich sie wieder bei einander hatte.
Drei Jahre hütete ich so meine Herde; sie ward immer größer, zuletzt
über hundert Köpfe, mir immer lieber, und ich ihnen. Im Herbst und Früh¬
ling fuhren wir aus die benachbarten Berge, oft bis zwei Stunden weit. Im
Sommer hingegen durft ich nirgends hüten, als im Kohlwald; eine mehr als
Stund weite Wüstenei, wo kein recht Stück Vieh weiden kann. Dann gings
zur Aueralp, zum Kloster Sta. Maria gehörig, lauter Wald, oder dann Kohl-
plätz und Gesträuch; mancher dunkle Tobel und steile Felswand, an denen
noch vie beste Geiöweid zu finden war. Bon unsrer Drevschlatt weg hatt ich
') Wanzen.
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