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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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Dattelpalmen, Sykomoren, Lorbeerbäumen, die er allem übrigen vorzieht, weil
er sie mit sich aufwachsen sah; der Baum, welcher ihm das Eisenholz zu
seinen Pfeilen lieferte, die Platane, an welche er die Wiege seiner Kinder
hing, tausend Gegenstände, welche ihm ein Theil seines eignen Selbst zu sein
schienen, denen er Namen gab und die er lange beweinen wird.--

Nach und nach wird das Terrain rein, die verkohlten Stämme fallen und
verschwinden^ das unaufhörlich ausgerissene Kraut macht nützlicheren Gewächsen
den Saft des fruchtbaren Bodens nicht mehr streitig, und die Pflanzung
gewinnt allmälig eine Form. Der Garten umgibt das Haus, die Negerhüt¬
ten erhalten Bewohner, wie die Hürden, deren Geblöck sich jeden Abend mit
dem Gesänge der treuen Begleiterin des Menschen, der Spottdrossel, vermischt,
die ihr Nest in den der Thür am nächsten stehenden Lilas aufgeschlagen und
ihren Lieblingssitz aus der Thürschwelle hat. Schon fahren aus den benach¬
barten Flüssen Piroguen, Böte mit Jägern, die auf Entdeckungen ausgehen,
am Ufer sich lagern, und der Familie Wildpret liefern. Die Umgegend wird
recognoscirt, Wege geebnet, und der erste Ansiedler wird Herr der Landschaft,
.König, Obrigkeit und Bürger, er stellt die Republik dar, bis ein neuer An-
bauer sich neben ihm niederläßt. Mehre folgen und der große Staat des
Sternenbanners hat eine neue Landschaft der riesigen Natur der Tropen abge¬
wonnen.




Bilder ans der deutschen Vergangenheit.
"'"
.'^!!. -'>^ ^'^^ > 2. ,
Leben der Geishirten in der Schwei z.

Der alte Wandertrieb der Schweizer hat von je eine große Anzahl der¬
selben in merkwürdige und abenteuerliche Lagen geführt, und wenn viele in dem
harten Kampf um das Leben sich verloren, so ist doch auch die Zahl sehr groß,
welche dabei ihren Charakter stabilen und endlich in der Fremde oder der Heimath
sich eine tüchtige Eristenz schufen. Von mehren solchen Männern, auch aus
frühern Jahrhunderten, haben wir Beschreibungen des eignen Lebens, die zu
dem Interessantesten gehören, was unsre Literatur von solchen Aufzeichnungen
besitzt. Eine öfter gedruckte ist die Selbstbiographie von Thomas Plater.
(Im Folgenden ist die Ausgabe von Baldinger, Marburg 1793 benutzt).

Thomas Plater, um das Jahr 1499 in einem Gebirgsthale von Wallis
geboren, der Sohn sehr armer Eltern, war erst Hirtenknabe, zog dann als
fahrender. Schüler durch ganz Deutschland bis Berlin, unter den größten Ent¬
behrungen und'den kläglichsten Abenteuern, lernte mit einem unerhörten Fleiß


Dattelpalmen, Sykomoren, Lorbeerbäumen, die er allem übrigen vorzieht, weil
er sie mit sich aufwachsen sah; der Baum, welcher ihm das Eisenholz zu
seinen Pfeilen lieferte, die Platane, an welche er die Wiege seiner Kinder
hing, tausend Gegenstände, welche ihm ein Theil seines eignen Selbst zu sein
schienen, denen er Namen gab und die er lange beweinen wird.—

Nach und nach wird das Terrain rein, die verkohlten Stämme fallen und
verschwinden^ das unaufhörlich ausgerissene Kraut macht nützlicheren Gewächsen
den Saft des fruchtbaren Bodens nicht mehr streitig, und die Pflanzung
gewinnt allmälig eine Form. Der Garten umgibt das Haus, die Negerhüt¬
ten erhalten Bewohner, wie die Hürden, deren Geblöck sich jeden Abend mit
dem Gesänge der treuen Begleiterin des Menschen, der Spottdrossel, vermischt,
die ihr Nest in den der Thür am nächsten stehenden Lilas aufgeschlagen und
ihren Lieblingssitz aus der Thürschwelle hat. Schon fahren aus den benach¬
barten Flüssen Piroguen, Böte mit Jägern, die auf Entdeckungen ausgehen,
am Ufer sich lagern, und der Familie Wildpret liefern. Die Umgegend wird
recognoscirt, Wege geebnet, und der erste Ansiedler wird Herr der Landschaft,
.König, Obrigkeit und Bürger, er stellt die Republik dar, bis ein neuer An-
bauer sich neben ihm niederläßt. Mehre folgen und der große Staat des
Sternenbanners hat eine neue Landschaft der riesigen Natur der Tropen abge¬
wonnen.




Bilder ans der deutschen Vergangenheit.
"'"
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Leben der Geishirten in der Schwei z.

Der alte Wandertrieb der Schweizer hat von je eine große Anzahl der¬
selben in merkwürdige und abenteuerliche Lagen geführt, und wenn viele in dem
harten Kampf um das Leben sich verloren, so ist doch auch die Zahl sehr groß,
welche dabei ihren Charakter stabilen und endlich in der Fremde oder der Heimath
sich eine tüchtige Eristenz schufen. Von mehren solchen Männern, auch aus
frühern Jahrhunderten, haben wir Beschreibungen des eignen Lebens, die zu
dem Interessantesten gehören, was unsre Literatur von solchen Aufzeichnungen
besitzt. Eine öfter gedruckte ist die Selbstbiographie von Thomas Plater.
(Im Folgenden ist die Ausgabe von Baldinger, Marburg 1793 benutzt).

Thomas Plater, um das Jahr 1499 in einem Gebirgsthale von Wallis
geboren, der Sohn sehr armer Eltern, war erst Hirtenknabe, zog dann als
fahrender. Schüler durch ganz Deutschland bis Berlin, unter den größten Ent¬
behrungen und'den kläglichsten Abenteuern, lernte mit einem unerhörten Fleiß


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[0423] Dattelpalmen, Sykomoren, Lorbeerbäumen, die er allem übrigen vorzieht, weil er sie mit sich aufwachsen sah; der Baum, welcher ihm das Eisenholz zu seinen Pfeilen lieferte, die Platane, an welche er die Wiege seiner Kinder hing, tausend Gegenstände, welche ihm ein Theil seines eignen Selbst zu sein schienen, denen er Namen gab und die er lange beweinen wird.— Nach und nach wird das Terrain rein, die verkohlten Stämme fallen und verschwinden^ das unaufhörlich ausgerissene Kraut macht nützlicheren Gewächsen den Saft des fruchtbaren Bodens nicht mehr streitig, und die Pflanzung gewinnt allmälig eine Form. Der Garten umgibt das Haus, die Negerhüt¬ ten erhalten Bewohner, wie die Hürden, deren Geblöck sich jeden Abend mit dem Gesänge der treuen Begleiterin des Menschen, der Spottdrossel, vermischt, die ihr Nest in den der Thür am nächsten stehenden Lilas aufgeschlagen und ihren Lieblingssitz aus der Thürschwelle hat. Schon fahren aus den benach¬ barten Flüssen Piroguen, Böte mit Jägern, die auf Entdeckungen ausgehen, am Ufer sich lagern, und der Familie Wildpret liefern. Die Umgegend wird recognoscirt, Wege geebnet, und der erste Ansiedler wird Herr der Landschaft, .König, Obrigkeit und Bürger, er stellt die Republik dar, bis ein neuer An- bauer sich neben ihm niederläßt. Mehre folgen und der große Staat des Sternenbanners hat eine neue Landschaft der riesigen Natur der Tropen abge¬ wonnen. Bilder ans der deutschen Vergangenheit. "'" .'^!!. -'>^ ^'^^ > 2. , Leben der Geishirten in der Schwei z. Der alte Wandertrieb der Schweizer hat von je eine große Anzahl der¬ selben in merkwürdige und abenteuerliche Lagen geführt, und wenn viele in dem harten Kampf um das Leben sich verloren, so ist doch auch die Zahl sehr groß, welche dabei ihren Charakter stabilen und endlich in der Fremde oder der Heimath sich eine tüchtige Eristenz schufen. Von mehren solchen Männern, auch aus frühern Jahrhunderten, haben wir Beschreibungen des eignen Lebens, die zu dem Interessantesten gehören, was unsre Literatur von solchen Aufzeichnungen besitzt. Eine öfter gedruckte ist die Selbstbiographie von Thomas Plater. (Im Folgenden ist die Ausgabe von Baldinger, Marburg 1793 benutzt). Thomas Plater, um das Jahr 1499 in einem Gebirgsthale von Wallis geboren, der Sohn sehr armer Eltern, war erst Hirtenknabe, zog dann als fahrender. Schüler durch ganz Deutschland bis Berlin, unter den größten Ent¬ behrungen und'den kläglichsten Abenteuern, lernte mit einem unerhörten Fleiß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/423>, abgerufen am 29.06.2024.