Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Sinne behandelt. la boallsur, rief Cousin, nun also lassen sie es schnell
drucken. Ich möchte wol -- meint der Legitimist, aber meine Freunde geben
es nicht zu -- jetzt wäre der Zeitpunkt nicht geeignet u. s. w. Ist das nicht
kostbar, auf ein Versprechen für die Zukunft hin unsterblich werden zu wollen?
Ponsard hat also alle Chancen für sich und wir gönnen es dem Armen gern.
-- Er hat wahrlich mehr Stiefeln in Besuchen zerrissen als der Fauteuil werth
ist. Seine Muse will auch bequem sitzen -- von dichten Lorbeern umschattet,
das wird die schläfrige vollends ü, sou aiss machen.

Die Theater brachten wol manche Neuigkeit, seit ich Ihnen nicht geschrieben,
von der sich berichten ließe, wie den geistvollen Schwank von Mad. de Girardin
der Hut des Uhrmachers -- das interessante aber unkünstlerischc Lebensbild
die l'grisleiis ac ig, ave^äenee, später zur Vermeidung der Tautologie einfach
leg ?arisier>8 geheißen -- jetzt das sittlich gedachte Vaudeville la, cle la
mai8on, die vom Publicum nicht sonderlich goutirte ahmten'ö cZurvö von Angler,
einige Scherze im Varietes u. s. w., aber viel wäre auch früher nicht darüber
zu sagen gewesen, denn alles was Paris an Reizen und Verführungen be¬
sitzt, soll für die Ausstellung aufbewahrt bleiben.---^vis -ra leotour war!"
-- wer seine Frau herbringt, der kaufe ja östreichsche Eisenbahnen und trachte
sie verkauft zu haben, ehe er sich in dieses Sodom wagt. Die französischen
Maler haben ihrerseits Anstrengungen gemacht, um den Kampf mit dem Aus¬
lande ehrenvoll zu bestehen. Wir haben viele Ateliers besucht und manches
Erhebliche gefunden -- ihren eigentlichen Wend können diese Leistungen erst
durch die Vergleichung finden -- also wir wollen sehen.




Der Schauspieler Boguiml Dawison.

Es ist jetzt zehn Jahre her, seit Dawison als fahrender polnischer Scheue
Spieler, der nur gebrochen Deutsch sprach, nach herbem Kampfe mit der Noth
des Lebens in Hamburg ankam und dort von Maurice engagirt wurde. Seit¬
dem haben Hamburg, Wien und Dresden seinen Ruf groß gezogen, und er,
der geborne Pole, gehört in diesem Augenblick zu den wenigen Künstlern, welche
in der deutschen Schauspielkunst eine ehrenvolle Stelle einnehmen.

Ruf und Tüchtigkeit sind ihm schnell gewachsen und er ist in unsrer
Zeit der reisenden Gastspieler auch darin eine auffallende Erscheinung, daß er
einem großen Theil des deutschen Publicums erst als fertiger Künstler, auf dem
Gipfel seiner Kraft, mit festem Spiel und ausgebildeter Technik bekannt wird.
Er gehört keiner der deutschen Schulen an, welche die Traditionen einer bessern
Theaterzeit hier und da noch conservirt haben, auch keinem Stil, der sich z. B.


Sinne behandelt. la boallsur, rief Cousin, nun also lassen sie es schnell
drucken. Ich möchte wol — meint der Legitimist, aber meine Freunde geben
es nicht zu — jetzt wäre der Zeitpunkt nicht geeignet u. s. w. Ist das nicht
kostbar, auf ein Versprechen für die Zukunft hin unsterblich werden zu wollen?
Ponsard hat also alle Chancen für sich und wir gönnen es dem Armen gern.
— Er hat wahrlich mehr Stiefeln in Besuchen zerrissen als der Fauteuil werth
ist. Seine Muse will auch bequem sitzen — von dichten Lorbeern umschattet,
das wird die schläfrige vollends ü, sou aiss machen.

Die Theater brachten wol manche Neuigkeit, seit ich Ihnen nicht geschrieben,
von der sich berichten ließe, wie den geistvollen Schwank von Mad. de Girardin
der Hut des Uhrmachers — das interessante aber unkünstlerischc Lebensbild
die l'grisleiis ac ig, ave^äenee, später zur Vermeidung der Tautologie einfach
leg ?arisier>8 geheißen — jetzt das sittlich gedachte Vaudeville la, cle la
mai8on, die vom Publicum nicht sonderlich goutirte ahmten'ö cZurvö von Angler,
einige Scherze im Varietes u. s. w., aber viel wäre auch früher nicht darüber
zu sagen gewesen, denn alles was Paris an Reizen und Verführungen be¬
sitzt, soll für die Ausstellung aufbewahrt bleiben.---^vis -ra leotour war!«
— wer seine Frau herbringt, der kaufe ja östreichsche Eisenbahnen und trachte
sie verkauft zu haben, ehe er sich in dieses Sodom wagt. Die französischen
Maler haben ihrerseits Anstrengungen gemacht, um den Kampf mit dem Aus¬
lande ehrenvoll zu bestehen. Wir haben viele Ateliers besucht und manches
Erhebliche gefunden — ihren eigentlichen Wend können diese Leistungen erst
durch die Vergleichung finden — also wir wollen sehen.




Der Schauspieler Boguiml Dawison.

Es ist jetzt zehn Jahre her, seit Dawison als fahrender polnischer Scheue
Spieler, der nur gebrochen Deutsch sprach, nach herbem Kampfe mit der Noth
des Lebens in Hamburg ankam und dort von Maurice engagirt wurde. Seit¬
dem haben Hamburg, Wien und Dresden seinen Ruf groß gezogen, und er,
der geborne Pole, gehört in diesem Augenblick zu den wenigen Künstlern, welche
in der deutschen Schauspielkunst eine ehrenvolle Stelle einnehmen.

Ruf und Tüchtigkeit sind ihm schnell gewachsen und er ist in unsrer
Zeit der reisenden Gastspieler auch darin eine auffallende Erscheinung, daß er
einem großen Theil des deutschen Publicums erst als fertiger Künstler, auf dem
Gipfel seiner Kraft, mit festem Spiel und ausgebildeter Technik bekannt wird.
Er gehört keiner der deutschen Schulen an, welche die Traditionen einer bessern
Theaterzeit hier und da noch conservirt haben, auch keinem Stil, der sich z. B.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0514" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99366"/>
          <p xml:id="ID_1801" prev="#ID_1800"> Sinne behandelt. la boallsur, rief Cousin, nun also lassen sie es schnell<lb/>
drucken. Ich möchte wol &#x2014; meint der Legitimist, aber meine Freunde geben<lb/>
es nicht zu &#x2014; jetzt wäre der Zeitpunkt nicht geeignet u. s. w. Ist das nicht<lb/>
kostbar, auf ein Versprechen für die Zukunft hin unsterblich werden zu wollen?<lb/>
Ponsard hat also alle Chancen für sich und wir gönnen es dem Armen gern.<lb/>
&#x2014; Er hat wahrlich mehr Stiefeln in Besuchen zerrissen als der Fauteuil werth<lb/>
ist. Seine Muse will auch bequem sitzen &#x2014; von dichten Lorbeern umschattet,<lb/>
das wird die schläfrige vollends ü, sou aiss machen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1802"> Die Theater brachten wol manche Neuigkeit, seit ich Ihnen nicht geschrieben,<lb/>
von der sich berichten ließe, wie den geistvollen Schwank von Mad. de Girardin<lb/>
der Hut des Uhrmachers &#x2014; das interessante aber unkünstlerischc Lebensbild<lb/>
die l'grisleiis ac ig, ave^äenee, später zur Vermeidung der Tautologie einfach<lb/>
leg ?arisier&gt;8 geheißen &#x2014; jetzt das sittlich gedachte Vaudeville la, cle la<lb/>
mai8on, die vom Publicum nicht sonderlich goutirte ahmten'ö cZurvö von Angler,<lb/>
einige Scherze im Varietes u. s. w., aber viel wäre auch früher nicht darüber<lb/>
zu sagen gewesen, denn alles was Paris an Reizen und Verführungen be¬<lb/>
sitzt, soll für die Ausstellung aufbewahrt bleiben.---^vis -ra leotour war!«<lb/>
&#x2014; wer seine Frau herbringt, der kaufe ja östreichsche Eisenbahnen und trachte<lb/>
sie verkauft zu haben, ehe er sich in dieses Sodom wagt. Die französischen<lb/>
Maler haben ihrerseits Anstrengungen gemacht, um den Kampf mit dem Aus¬<lb/>
lande ehrenvoll zu bestehen. Wir haben viele Ateliers besucht und manches<lb/>
Erhebliche gefunden &#x2014; ihren eigentlichen Wend können diese Leistungen erst<lb/>
durch die Vergleichung finden &#x2014; also wir wollen sehen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Der Schauspieler Boguiml Dawison.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1803"> Es ist jetzt zehn Jahre her, seit Dawison als fahrender polnischer Scheue<lb/>
Spieler, der nur gebrochen Deutsch sprach, nach herbem Kampfe mit der Noth<lb/>
des Lebens in Hamburg ankam und dort von Maurice engagirt wurde. Seit¬<lb/>
dem haben Hamburg, Wien und Dresden seinen Ruf groß gezogen, und er,<lb/>
der geborne Pole, gehört in diesem Augenblick zu den wenigen Künstlern, welche<lb/>
in der deutschen Schauspielkunst eine ehrenvolle Stelle einnehmen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1804" next="#ID_1805"> Ruf und Tüchtigkeit sind ihm schnell gewachsen und er ist in unsrer<lb/>
Zeit der reisenden Gastspieler auch darin eine auffallende Erscheinung, daß er<lb/>
einem großen Theil des deutschen Publicums erst als fertiger Künstler, auf dem<lb/>
Gipfel seiner Kraft, mit festem Spiel und ausgebildeter Technik bekannt wird.<lb/>
Er gehört keiner der deutschen Schulen an, welche die Traditionen einer bessern<lb/>
Theaterzeit hier und da noch conservirt haben, auch keinem Stil, der sich z. B.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0514] Sinne behandelt. la boallsur, rief Cousin, nun also lassen sie es schnell drucken. Ich möchte wol — meint der Legitimist, aber meine Freunde geben es nicht zu — jetzt wäre der Zeitpunkt nicht geeignet u. s. w. Ist das nicht kostbar, auf ein Versprechen für die Zukunft hin unsterblich werden zu wollen? Ponsard hat also alle Chancen für sich und wir gönnen es dem Armen gern. — Er hat wahrlich mehr Stiefeln in Besuchen zerrissen als der Fauteuil werth ist. Seine Muse will auch bequem sitzen — von dichten Lorbeern umschattet, das wird die schläfrige vollends ü, sou aiss machen. Die Theater brachten wol manche Neuigkeit, seit ich Ihnen nicht geschrieben, von der sich berichten ließe, wie den geistvollen Schwank von Mad. de Girardin der Hut des Uhrmachers — das interessante aber unkünstlerischc Lebensbild die l'grisleiis ac ig, ave^äenee, später zur Vermeidung der Tautologie einfach leg ?arisier>8 geheißen — jetzt das sittlich gedachte Vaudeville la, cle la mai8on, die vom Publicum nicht sonderlich goutirte ahmten'ö cZurvö von Angler, einige Scherze im Varietes u. s. w., aber viel wäre auch früher nicht darüber zu sagen gewesen, denn alles was Paris an Reizen und Verführungen be¬ sitzt, soll für die Ausstellung aufbewahrt bleiben.---^vis -ra leotour war!« — wer seine Frau herbringt, der kaufe ja östreichsche Eisenbahnen und trachte sie verkauft zu haben, ehe er sich in dieses Sodom wagt. Die französischen Maler haben ihrerseits Anstrengungen gemacht, um den Kampf mit dem Aus¬ lande ehrenvoll zu bestehen. Wir haben viele Ateliers besucht und manches Erhebliche gefunden — ihren eigentlichen Wend können diese Leistungen erst durch die Vergleichung finden — also wir wollen sehen. Der Schauspieler Boguiml Dawison. Es ist jetzt zehn Jahre her, seit Dawison als fahrender polnischer Scheue Spieler, der nur gebrochen Deutsch sprach, nach herbem Kampfe mit der Noth des Lebens in Hamburg ankam und dort von Maurice engagirt wurde. Seit¬ dem haben Hamburg, Wien und Dresden seinen Ruf groß gezogen, und er, der geborne Pole, gehört in diesem Augenblick zu den wenigen Künstlern, welche in der deutschen Schauspielkunst eine ehrenvolle Stelle einnehmen. Ruf und Tüchtigkeit sind ihm schnell gewachsen und er ist in unsrer Zeit der reisenden Gastspieler auch darin eine auffallende Erscheinung, daß er einem großen Theil des deutschen Publicums erst als fertiger Künstler, auf dem Gipfel seiner Kraft, mit festem Spiel und ausgebildeter Technik bekannt wird. Er gehört keiner der deutschen Schulen an, welche die Traditionen einer bessern Theaterzeit hier und da noch conservirt haben, auch keinem Stil, der sich z. B.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/514
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/514>, abgerufen am 22.07.2024.