Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.Seiten. Nicht ohne Mühe konnte ich mich von den ungestüm mich Umringenden Mrsäe xiäerswis? (Wo wollen Sie hin?) hatte mich der Kaikschi vor Sobald man die dichte Schiffsgruppe passirt hat, welche sich, wie verschieden¬ Seiten. Nicht ohne Mühe konnte ich mich von den ungestüm mich Umringenden Mrsäe xiäerswis? (Wo wollen Sie hin?) hatte mich der Kaikschi vor Sobald man die dichte Schiffsgruppe passirt hat, welche sich, wie verschieden¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0431" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98211"/> <p xml:id="ID_1336" prev="#ID_1335"> Seiten. Nicht ohne Mühe konnte ich mich von den ungestüm mich Umringenden<lb/> freimachen, und es mochten zehn Minuten vergangen sein, bevor ich mit einem<lb/> Kaikschi einen Accord rücksichtlich der Ueberfahrt nach Skutari abgeschlossen.<lb/> Nach vielen Hin- und Herreden hatten sich die anfangs unverschämt gestellten<lb/> Forderungen auf vier oder fünf Piaster allerseits ermäßigt und der, welchen<lb/> ich gewählt, versprach den Dienst für drei und einen halben (sechs Silber¬<lb/> groschen) zu leisten. Dieses Handeln um jede Sache und jederlei Leistung ist<lb/> hier durchaus unvermeidlich und es muß der Unwissenheit über diese Verhält¬<lb/> nisse zugeschrieben werden, wenn Reisende auch zu anderen Zeiten, wie die<lb/> gegenwärtigen, Konstantinopel als den theuersten Ort des Erdbodens schilderten.<lb/> Vor zwei bis vier Jahren konnte , man hier ebenso billig wie in Leipzig leben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1337"> Mrsäe xiäerswis? (Wo wollen Sie hin?) hatte mich der Kaikschi vor<lb/> Abschluß des Handels gefragt, und ich ihm darauf mit Ilarem-sKslIe (Harem-<lb/> Skelle) geantwortet. Dieser Anlandeplatz liegt am Südende von Skutari, dicht<lb/> unter der großen massiven Kaserne, welche früher hon türkischer Infanterie<lb/> und dem Garde-Artillerie-Regimente benutzt wurde, und nunmehr den englischen<lb/> Truppen zur Verfügung gestellt ist. Die Fahrt ist eine der schönsten, welche man<lb/> hier zu Wasser machen kann. Gleich die ersten Ruderschläge sichren das leichte<lb/> Kalk mitten in das dichte Schiffögewimmel, welches den Ausgang des Hafens<lb/> grade an dieser Stelle am belebtesten macht. Nachdem wir zwischen einer<lb/> Anzahl von Dampfern und Transportfahrzeugcn hindurchgefahren, .passirten<lb/> wir dicht unter dem Stern der amerikanischen Kriegscorvette Se. Lewis, desselben<lb/> Schiffes, welches in der Kosta-Angelegenheit sich bekannt gemacht hat. Es ist,<lb/> wie alle Fahrzeuge der Unionsmarine, ein Meisterstück der Schiffsbaukunst.<lb/> Der Stern, Hinterbord, Spiegel, ist kreisförmig gebaut und zählt, obwol das<lb/> Schiff nur eine Corvette ist, also nur eine Kanonenlage führt, vier Stück-<lb/> psorten, von denen allerdings zwei in schräger Richtung liegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1338"> Sobald man die dichte Schiffsgruppe passirt hat, welche sich, wie verschieden¬<lb/> artig auch zusammengesetzt, jederzeit hier stationirt findet, genießt man den<lb/> freien Blick auf beide Ufer des Bosporus. Ohne Frage ist die Aussicht,<lb/> welche sich nordostwärts bietet, die schönste. Das Gestade von Toppanci,<lb/> Findikli, Dolma-Bagdscha, Baschik-Käses und weit hinaus bis Ortakiöj liegt<lb/> frei entfaltet vor den Augen. Ein unendliches Häusergewirre steigt amphi-<lb/> theatralisch über dem schmalen Küstenstreis auf, unterbrochen von den eben<lb/> in größter Ueppigkeit prangenden Gärten und dem weiten Cypresfenhaine,<lb/> der sich oberhalb Findikli ausdehnt und die große Artilleriekaserne von Bev-<lb/> Oglu (Pera) zum Theil den Blicken entzieht. Es ist dies ein Bild, das ge¬<lb/> sehen werden muß, um in seiner mosaikartigen und dabei grandiosen Schönheit<lb/> erfaßt zu werden. Die Beschreibung vermöchte nur einen schwachen Abglanz<lb/> davon zu geben.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0431]
Seiten. Nicht ohne Mühe konnte ich mich von den ungestüm mich Umringenden
freimachen, und es mochten zehn Minuten vergangen sein, bevor ich mit einem
Kaikschi einen Accord rücksichtlich der Ueberfahrt nach Skutari abgeschlossen.
Nach vielen Hin- und Herreden hatten sich die anfangs unverschämt gestellten
Forderungen auf vier oder fünf Piaster allerseits ermäßigt und der, welchen
ich gewählt, versprach den Dienst für drei und einen halben (sechs Silber¬
groschen) zu leisten. Dieses Handeln um jede Sache und jederlei Leistung ist
hier durchaus unvermeidlich und es muß der Unwissenheit über diese Verhält¬
nisse zugeschrieben werden, wenn Reisende auch zu anderen Zeiten, wie die
gegenwärtigen, Konstantinopel als den theuersten Ort des Erdbodens schilderten.
Vor zwei bis vier Jahren konnte , man hier ebenso billig wie in Leipzig leben.
Mrsäe xiäerswis? (Wo wollen Sie hin?) hatte mich der Kaikschi vor
Abschluß des Handels gefragt, und ich ihm darauf mit Ilarem-sKslIe (Harem-
Skelle) geantwortet. Dieser Anlandeplatz liegt am Südende von Skutari, dicht
unter der großen massiven Kaserne, welche früher hon türkischer Infanterie
und dem Garde-Artillerie-Regimente benutzt wurde, und nunmehr den englischen
Truppen zur Verfügung gestellt ist. Die Fahrt ist eine der schönsten, welche man
hier zu Wasser machen kann. Gleich die ersten Ruderschläge sichren das leichte
Kalk mitten in das dichte Schiffögewimmel, welches den Ausgang des Hafens
grade an dieser Stelle am belebtesten macht. Nachdem wir zwischen einer
Anzahl von Dampfern und Transportfahrzeugcn hindurchgefahren, .passirten
wir dicht unter dem Stern der amerikanischen Kriegscorvette Se. Lewis, desselben
Schiffes, welches in der Kosta-Angelegenheit sich bekannt gemacht hat. Es ist,
wie alle Fahrzeuge der Unionsmarine, ein Meisterstück der Schiffsbaukunst.
Der Stern, Hinterbord, Spiegel, ist kreisförmig gebaut und zählt, obwol das
Schiff nur eine Corvette ist, also nur eine Kanonenlage führt, vier Stück-
psorten, von denen allerdings zwei in schräger Richtung liegen.
Sobald man die dichte Schiffsgruppe passirt hat, welche sich, wie verschieden¬
artig auch zusammengesetzt, jederzeit hier stationirt findet, genießt man den
freien Blick auf beide Ufer des Bosporus. Ohne Frage ist die Aussicht,
welche sich nordostwärts bietet, die schönste. Das Gestade von Toppanci,
Findikli, Dolma-Bagdscha, Baschik-Käses und weit hinaus bis Ortakiöj liegt
frei entfaltet vor den Augen. Ein unendliches Häusergewirre steigt amphi-
theatralisch über dem schmalen Küstenstreis auf, unterbrochen von den eben
in größter Ueppigkeit prangenden Gärten und dem weiten Cypresfenhaine,
der sich oberhalb Findikli ausdehnt und die große Artilleriekaserne von Bev-
Oglu (Pera) zum Theil den Blicken entzieht. Es ist dies ein Bild, das ge¬
sehen werden muß, um in seiner mosaikartigen und dabei grandiosen Schönheit
erfaßt zu werden. Die Beschreibung vermöchte nur einen schwachen Abglanz
davon zu geben.
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