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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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Man legt sich ausgestreckt auf eine Art Pritsche, ähnlich denen, die sich in unsern
deutschen Wachtstnben vorzufinden pflegen. Kaweh, -- Kaweh getirr! Kaffee --
bringe Kaffee! hört mau rechts und links die Muselmänner den aufwartenden
Knaben zurufe". Der Genuß dieses Getränks befördert die Transpiration und
ist darum rathsam. Sobald sich dieselbe eingestellt hat, führt der Dschoschnk
(Knabe) uns in das eigentliche Badezimmer, dessen Temperatur etwa um zehn
Grad höher ist. Hier nun ist es, wo man sich abwaschen läßt. Das Kneten
ist dabei die Hauptsache. Ich glaube, daß das Wasser, welches dabei zur An¬
wendung kommt, bis auf sechzig Grad erhitzt ist.

Der Handel in Selanik soll ziemlich bedeutend sein. Die Stadt ist in zu¬
nehmenden Wohlstand begriffen. Man baut an mehren großen und geschmack¬
vollen Häusern. Wahrscheinlich siud fremde Kaufleute ihre Eigenthümer/


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Das mcicedonische Küstenland.

Wenn man in Salonik gelandet ist, hat man alt-macedonischen Boden be¬
treten. Von Kavala an aber war es bereits die Küste vom Reiche Philippos, an der
unser Dampfer entlang steuerte. Der Berg Athos (Monte Santo) ist die gra¬
nitene Mitte dieses Vorlandes, das bis zur Mündung der Salambria (Peneus)
hinreicht.

Am nächsten Morgen stehen die Reitpferde gesattelt, und eine Anzahl an¬
derer ist bereit, die Koffer und Reisetaschen sich aufpacken zu lassen. Das ist
die einzige Art und Weise, die man hier kennt, um einen Reisenden von einem
Orte zum andern zu schassen. Allerdings gibt es Arabas (Wagen) in der Stadt;
sie würden aber, in Anbetracht der schlechten Wege, nnr für die ersten paar Stun¬
den zu benutzen sein. '

Nachdem das Gepäck mehrmals aus- und abgepackt und wiederaufgelcgt
worden, setzt sich der kleine Zug endlich in Bewegung, voran der türkische, der
Straße kundige Postknecht. Die nächste Station, um nach Monastir zu gelan¬
gen, welches zuvörderst das Ziel der Reise ist, heißt Jani Schehir und liegt
10 Stunden weit, oder, nach unserer Rechnung, sieben Meilen. Um dahin zu
gelangen, hat man zunächst eine weite Ebene, das Mündnngsland des Vardar, zu
durchreiten. Links, halb nach rückwärts, liegt das blaue Meer. So oft der
Weg eine Krümmung macht und man die durchrittene Strecke Übersicht, nimmt
das Ange am fernen Hintergrunde eine, wie es scheint bläuliche, thurmartige
Wolke wahr: es ist der Monte Santo.

Die Ebene zeigt weit und breit meistens nur Viehtriften; kleine Herden von
Schafen und Rindvieh, (letzteres unansehnlich und schlecht genährt) werden den
Weg cinhergetriebcn; an den Landleuten fällt es auf, daß sie, fast ohne Aus-


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Man legt sich ausgestreckt auf eine Art Pritsche, ähnlich denen, die sich in unsern
deutschen Wachtstnben vorzufinden pflegen. Kaweh, — Kaweh getirr! Kaffee —
bringe Kaffee! hört mau rechts und links die Muselmänner den aufwartenden
Knaben zurufe». Der Genuß dieses Getränks befördert die Transpiration und
ist darum rathsam. Sobald sich dieselbe eingestellt hat, führt der Dschoschnk
(Knabe) uns in das eigentliche Badezimmer, dessen Temperatur etwa um zehn
Grad höher ist. Hier nun ist es, wo man sich abwaschen läßt. Das Kneten
ist dabei die Hauptsache. Ich glaube, daß das Wasser, welches dabei zur An¬
wendung kommt, bis auf sechzig Grad erhitzt ist.

Der Handel in Selanik soll ziemlich bedeutend sein. Die Stadt ist in zu¬
nehmenden Wohlstand begriffen. Man baut an mehren großen und geschmack¬
vollen Häusern. Wahrscheinlich siud fremde Kaufleute ihre Eigenthümer/


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Das mcicedonische Küstenland.

Wenn man in Salonik gelandet ist, hat man alt-macedonischen Boden be¬
treten. Von Kavala an aber war es bereits die Küste vom Reiche Philippos, an der
unser Dampfer entlang steuerte. Der Berg Athos (Monte Santo) ist die gra¬
nitene Mitte dieses Vorlandes, das bis zur Mündung der Salambria (Peneus)
hinreicht.

Am nächsten Morgen stehen die Reitpferde gesattelt, und eine Anzahl an¬
derer ist bereit, die Koffer und Reisetaschen sich aufpacken zu lassen. Das ist
die einzige Art und Weise, die man hier kennt, um einen Reisenden von einem
Orte zum andern zu schassen. Allerdings gibt es Arabas (Wagen) in der Stadt;
sie würden aber, in Anbetracht der schlechten Wege, nnr für die ersten paar Stun¬
den zu benutzen sein. '

Nachdem das Gepäck mehrmals aus- und abgepackt und wiederaufgelcgt
worden, setzt sich der kleine Zug endlich in Bewegung, voran der türkische, der
Straße kundige Postknecht. Die nächste Station, um nach Monastir zu gelan¬
gen, welches zuvörderst das Ziel der Reise ist, heißt Jani Schehir und liegt
10 Stunden weit, oder, nach unserer Rechnung, sieben Meilen. Um dahin zu
gelangen, hat man zunächst eine weite Ebene, das Mündnngsland des Vardar, zu
durchreiten. Links, halb nach rückwärts, liegt das blaue Meer. So oft der
Weg eine Krümmung macht und man die durchrittene Strecke Übersicht, nimmt
das Ange am fernen Hintergrunde eine, wie es scheint bläuliche, thurmartige
Wolke wahr: es ist der Monte Santo.

Die Ebene zeigt weit und breit meistens nur Viehtriften; kleine Herden von
Schafen und Rindvieh, (letzteres unansehnlich und schlecht genährt) werden den
Weg cinhergetriebcn; an den Landleuten fällt es auf, daß sie, fast ohne Aus-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/451>, abgerufen am 22.07.2024.