Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.deutung Selauiks (SalonichiS) als Ansschissungspunkt für große Truppenmassen In der Stadt selbst bietet sich wenig Sehenswerthes dar. Dagegen ist es Nach keinem Ausfluge zu Land oder zu Wasser pflegt der Orientale zu deutung Selauiks (SalonichiS) als Ansschissungspunkt für große Truppenmassen In der Stadt selbst bietet sich wenig Sehenswerthes dar. Dagegen ist es Nach keinem Ausfluge zu Land oder zu Wasser pflegt der Orientale zu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0450" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97696"/> <p xml:id="ID_1250" prev="#ID_1249"> deutung Selauiks (SalonichiS) als Ansschissungspunkt für große Truppenmassen<lb/> fofort ins hellste Licht treten wird, wenn der Krieg, durch die Landungen der<lb/> beiden Seemächte, größere Dimensionen gewinnt. Gleich wie Varna der best-<lb/> geeignete Küstenort ist, den eine seewärts herangeführte Armee zur Basis nehmen<lb/> möchte, um einem russischen Borgange über den Balkan gegen Stambul in die<lb/> linke Flanke zu fallen, so ist Selauik derjenige, von dem ans sich am vortheil-<lb/> haftesten Gegenoperationen gegen einen russischen Marsch über den kleinen Balkan<lb/> einleiten lassen. Auch würden die Befestigungen der Stadt, um für diesen Fall<lb/> einen Stützpunkt abzugeben, unschwer herzustellen sein.<lb/> '</p><lb/> <p xml:id="ID_1251"> In der Stadt selbst bietet sich wenig Sehenswerthes dar. Dagegen ist es<lb/> von Interesse, die alten Mauern in der Nähe zu betrachten. Sie sind mit einem<lb/> unverwittcrlicheu Mörtel aus Hausteinen, zum Theil von cyclopischer Größe, auf¬<lb/> geführt. Die Höhe übersteigt wol auf den meisten Punkten dreißig Fuß. An<lb/> der Mauer seinen Weg entlang nehmend gelangt man höher und höher, bis<lb/> endlich der Häuserbau aufhört, und man dnrch einen gemauerten Abschnitt in<lb/> die obere Festung kommt, die letztlich von dem oben erwähnten Fort dominirt<lb/> wird. Dieselbe ist ein unregelmäßiges Polygon. Die Ecken, deren Zahl sieben<lb/> sind, nehmen Thürme von außerordentlich großer Mauerstärke ein. Ein flüch¬<lb/> tiges Umschauen schou lehrt, daß mau ein Bauwerk ans byzantinischer Zeit vor<lb/> sich hat. Der Fuß der äußern Mauerfläche ist mit griechischen Inschriften bedeckt,<lb/> dergleichen finden sich auch auf einzelnen, losen, großen Steinen, die nahe am<lb/> Haupteingang liegen. Aus den tiefen Mauerspalten wuchert Epheu in üppigster<lb/> Fülle hervor und windet sich hier und dort um die halbansgebrocheuen Stein-<lb/> massen, die, wie es den Anschein hat, ohne den Beistand dieses stützenden, grü¬<lb/> nen Armes in die Tiefe stürzen würden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1252" next="#ID_1253"> Nach keinem Ausfluge zu Land oder zu Wasser pflegt der Orientale zu<lb/> versäumen, ein Bad zu besuchen. Gelegenheit dazu findet sich selbst in kleinern<lb/> Orten. In Selanik darf mau bereits auf Comfort rechnen. Das Gebäude,<lb/> in welches man eintritt, ist kuppelförmig überwölbt. Der Hauptraum des Jnnern<lb/> besteht aus einer großen Halle, in deren Mitte ein Springbrunnen sprudelt.<lb/> Dies ist der Raum, in dem die Gebadeten sich abkühlen, denn man badet heiß<lb/> oft bis zu einem Temperaturgrade, der einer abendländischen Haut durchaus un¬<lb/> erträglich sein würde, und bedarf, ehe mau an die äußere Luft tritt, einer Ver¬<lb/> mittelung. Knaben, die nur einen Schurz umgeworfen haben, und sonst ganz<lb/> unbekleidet sind, empfangen den Eintretenden sofort, und führen ihn in ein<lb/> Nebengemach, damit er sich seiner Kleider entledige, um ebenfalls mit einem<lb/> Schurz versehen, sich abzukühlen. Während dieses geschieht, wird fleißig Kaffee<lb/> (türkisch Kaweh) aus jenen winzigen kleinen Tassen getrunken, die dem Orient<lb/> eigenthümlich send. Endlich fördern die Knaben auf, in das Badevorgemach ein¬<lb/> zutreten. Hier herrscht eine gesteigerte Temperatur von etwa -t- 3S<> Reaumur.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0450]
deutung Selauiks (SalonichiS) als Ansschissungspunkt für große Truppenmassen
fofort ins hellste Licht treten wird, wenn der Krieg, durch die Landungen der
beiden Seemächte, größere Dimensionen gewinnt. Gleich wie Varna der best-
geeignete Küstenort ist, den eine seewärts herangeführte Armee zur Basis nehmen
möchte, um einem russischen Borgange über den Balkan gegen Stambul in die
linke Flanke zu fallen, so ist Selauik derjenige, von dem ans sich am vortheil-
haftesten Gegenoperationen gegen einen russischen Marsch über den kleinen Balkan
einleiten lassen. Auch würden die Befestigungen der Stadt, um für diesen Fall
einen Stützpunkt abzugeben, unschwer herzustellen sein.
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In der Stadt selbst bietet sich wenig Sehenswerthes dar. Dagegen ist es
von Interesse, die alten Mauern in der Nähe zu betrachten. Sie sind mit einem
unverwittcrlicheu Mörtel aus Hausteinen, zum Theil von cyclopischer Größe, auf¬
geführt. Die Höhe übersteigt wol auf den meisten Punkten dreißig Fuß. An
der Mauer seinen Weg entlang nehmend gelangt man höher und höher, bis
endlich der Häuserbau aufhört, und man dnrch einen gemauerten Abschnitt in
die obere Festung kommt, die letztlich von dem oben erwähnten Fort dominirt
wird. Dieselbe ist ein unregelmäßiges Polygon. Die Ecken, deren Zahl sieben
sind, nehmen Thürme von außerordentlich großer Mauerstärke ein. Ein flüch¬
tiges Umschauen schou lehrt, daß mau ein Bauwerk ans byzantinischer Zeit vor
sich hat. Der Fuß der äußern Mauerfläche ist mit griechischen Inschriften bedeckt,
dergleichen finden sich auch auf einzelnen, losen, großen Steinen, die nahe am
Haupteingang liegen. Aus den tiefen Mauerspalten wuchert Epheu in üppigster
Fülle hervor und windet sich hier und dort um die halbansgebrocheuen Stein-
massen, die, wie es den Anschein hat, ohne den Beistand dieses stützenden, grü¬
nen Armes in die Tiefe stürzen würden.
Nach keinem Ausfluge zu Land oder zu Wasser pflegt der Orientale zu
versäumen, ein Bad zu besuchen. Gelegenheit dazu findet sich selbst in kleinern
Orten. In Selanik darf mau bereits auf Comfort rechnen. Das Gebäude,
in welches man eintritt, ist kuppelförmig überwölbt. Der Hauptraum des Jnnern
besteht aus einer großen Halle, in deren Mitte ein Springbrunnen sprudelt.
Dies ist der Raum, in dem die Gebadeten sich abkühlen, denn man badet heiß
oft bis zu einem Temperaturgrade, der einer abendländischen Haut durchaus un¬
erträglich sein würde, und bedarf, ehe mau an die äußere Luft tritt, einer Ver¬
mittelung. Knaben, die nur einen Schurz umgeworfen haben, und sonst ganz
unbekleidet sind, empfangen den Eintretenden sofort, und führen ihn in ein
Nebengemach, damit er sich seiner Kleider entledige, um ebenfalls mit einem
Schurz versehen, sich abzukühlen. Während dieses geschieht, wird fleißig Kaffee
(türkisch Kaweh) aus jenen winzigen kleinen Tassen getrunken, die dem Orient
eigenthümlich send. Endlich fördern die Knaben auf, in das Badevorgemach ein¬
zutreten. Hier herrscht eine gesteigerte Temperatur von etwa -t- 3S<> Reaumur.
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