Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.Die Gruppen auf der Schlvfibrücke in Berlin. Eine der bedeutendsten Kunsterscheinungen in dem Berlin des letzten Jahres Grenzbote". I. 31
Die Gruppen auf der Schlvfibrücke in Berlin. Eine der bedeutendsten Kunsterscheinungen in dem Berlin des letzten Jahres Grenzbote». I. 31
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0249" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97495"/> </div> </div> <div n="1"> <head> Die Gruppen auf der Schlvfibrücke in Berlin.</head><lb/> <p xml:id="ID_644" next="#ID_645"> Eine der bedeutendsten Kunsterscheinungen in dem Berlin des letzten Jahres<lb/> sind die Gruppen auf der Schloßbrücke. — Wie man hört, war die anfängliche<lb/> Absicht, nur auf die vier Ecken der Brücke je eine Gruppe (einen Krieger mit einer<lb/> Victoria) zu setzen. — Daß später noch für jede Seite zwei Gruppen von Minerven<lb/> mit Kriegern bestimmt wurden, gereicht dem Ganzen zum großen Vortheil; denn mit<lb/> Ausnahme der Drakeschen sind die Victorien (drei sind erst vollendet) ziemlich<lb/> mißlungen, während die drei Gruppen von Minerven (auch hier sehlt noch eine)<lb/> im ganzen vortrefflich sind. — Wen» wir von den Linden kommen, sehen wi'r<lb/> die beiden schwächeren Gruppen zuerst, rechts vou E. Wolff eine Victoria, die<lb/> einem Knaben einen Schild vorhält, auf welchem die Namen Alexander, Cäsar,<lb/> Friedrich stehen. — Die Gegenstände waren, soviel ich weiß, gegeben, — und<lb/> man muß gestehen, dieser ist nicht besonders günstig. — Dennoch, meine ich,<lb/> hätte eine Victoria, die hochbegeistert bei der Erinnerung an jene Helden sie einem<lb/> Jüngling als leuchtendes Beispiel vorhält, immer eine Gruppe von Tiefe der<lb/> Empfindung und Erhabenheit des Ausdrucks gebe» müssen. Dazu gehörte denn<lb/> freilich ein erwachsener Knabe, der dem Jünglingsalter nahe ist. Hier sehen wir<lb/> einen sehr kleinen Burschen, der von Alexander, Cäsar, Friedrich gar wenig ver¬<lb/> stehe» kauu ; und bei einem so undankbaren Lehreramte solchem Schüler gegenüber<lb/> kaun dann die Victoria freilich nicht die rechte Wärme der Begeisterung empfin¬<lb/> den. Sie erscheint daher matt, während der Knabe fast etwas Komisches, jeden¬<lb/> falls Genrehastes in seiner Erscheinung hat. (Die Berliner haben hier mit ihrem<lb/> Witz vom Kadetten so unrecht nicht.) Dennoch sind die Figuren, namentlich die<lb/> Victoria, wenigstens in der Form schön und von einfachem, kräftigem Stil, darin<lb/> wenigstens mit den übrigen Gruppen stimmend, wahrend die von Wiechmanu,<lb/> eine Victoria, die einen im Kampfe fallenden Jüngling in ihren Armen auffängt,<lb/> "und hierin von allen andern unvorteilhaft absticht. Der Gegenstand ist gewiß<lb/> dankbar, aber leider in keiner Weise richtig gefaßt und erschöpfend ausgeführt. — Es<lb/> steht eiuer Victoria nicht wohl an, in beiden Knien gesenkt und mit ganzer körper-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbote». I. 31</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0249]
Die Gruppen auf der Schlvfibrücke in Berlin.
Eine der bedeutendsten Kunsterscheinungen in dem Berlin des letzten Jahres
sind die Gruppen auf der Schloßbrücke. — Wie man hört, war die anfängliche
Absicht, nur auf die vier Ecken der Brücke je eine Gruppe (einen Krieger mit einer
Victoria) zu setzen. — Daß später noch für jede Seite zwei Gruppen von Minerven
mit Kriegern bestimmt wurden, gereicht dem Ganzen zum großen Vortheil; denn mit
Ausnahme der Drakeschen sind die Victorien (drei sind erst vollendet) ziemlich
mißlungen, während die drei Gruppen von Minerven (auch hier sehlt noch eine)
im ganzen vortrefflich sind. — Wen» wir von den Linden kommen, sehen wi'r
die beiden schwächeren Gruppen zuerst, rechts vou E. Wolff eine Victoria, die
einem Knaben einen Schild vorhält, auf welchem die Namen Alexander, Cäsar,
Friedrich stehen. — Die Gegenstände waren, soviel ich weiß, gegeben, — und
man muß gestehen, dieser ist nicht besonders günstig. — Dennoch, meine ich,
hätte eine Victoria, die hochbegeistert bei der Erinnerung an jene Helden sie einem
Jüngling als leuchtendes Beispiel vorhält, immer eine Gruppe von Tiefe der
Empfindung und Erhabenheit des Ausdrucks gebe» müssen. Dazu gehörte denn
freilich ein erwachsener Knabe, der dem Jünglingsalter nahe ist. Hier sehen wir
einen sehr kleinen Burschen, der von Alexander, Cäsar, Friedrich gar wenig ver¬
stehe» kauu ; und bei einem so undankbaren Lehreramte solchem Schüler gegenüber
kaun dann die Victoria freilich nicht die rechte Wärme der Begeisterung empfin¬
den. Sie erscheint daher matt, während der Knabe fast etwas Komisches, jeden¬
falls Genrehastes in seiner Erscheinung hat. (Die Berliner haben hier mit ihrem
Witz vom Kadetten so unrecht nicht.) Dennoch sind die Figuren, namentlich die
Victoria, wenigstens in der Form schön und von einfachem, kräftigem Stil, darin
wenigstens mit den übrigen Gruppen stimmend, wahrend die von Wiechmanu,
eine Victoria, die einen im Kampfe fallenden Jüngling in ihren Armen auffängt,
"und hierin von allen andern unvorteilhaft absticht. Der Gegenstand ist gewiß
dankbar, aber leider in keiner Weise richtig gefaßt und erschöpfend ausgeführt. — Es
steht eiuer Victoria nicht wohl an, in beiden Knien gesenkt und mit ganzer körper-
Grenzbote». I. 31
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |