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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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folgendes Gespräch, das zwei Arbeiter hart neben uns führten, aus unsrer
dreifältigen Träumerei geweckt wurden. "Siehst du diese zwei Häuser jenseits
des Flusses, welche an beiden Seiten der Landstraße stehen?" fragte der eine.
""Ja wol sehe ich sie und was hat es mit ihnen?"" erwiderte der andere.
"M bien" hub der erste wieder an, ",jo äannsrais "Zix ans <Zs la vis <Zk nur
pr-oxriLtairs et amo. ans <Ze la ol<z 6o nur coriLierg-z si ellss etaient a moi."




Londoner Brief.

Es ist wahr geworden, was man zu Anfang des Jahres so oft wieder¬
holen hörte, daß wenn erst der Krieg recht im Zuge ist, wir von diplomati¬
schen Depeschen verschont bleiben werden. Diese Langeweilsplage sind wir
losgeworden, wenigstens wir hier in England. Freilich lesen wir in deutschen
Blättern noch täglich von Noten, die zwischen Berlin, Wien und Petersburg
ab- und zugehen oder gegangen sind, oder gehen sollen; aber das macht dies¬
seits des Kanals keinen Eindruck mehr. Wir haben jetzt andere Depeschen,
thatsächliche, pragmatische, blutige. Was diese enthalten: Listen von Todten
und Verwundeten -- das steht fest, das ist keiner Mißdeutung fähig. Die
abgeschossenen Köpfe und zerfleischten Glieder lassen sich nicht mehr wegdiplo-
matisiren, wie stilistische Ausdrücke; da gibts kein Deuteln und kein Commen¬
tiren mehr. Die Wogen eines blutigen Krieges schlagen über unsern Köpfen
zusammen, daß unsre Augen überall roth und wieder roth sehen. Dieser Krieg
hat gleich bei seinem Allfange eine reichere Bluttaufe aufzuweisen, als die
beiden par sxoLllvnLe langen des -17. und -18. Jahrhunderts bei ihrem Beginn
hatten. Als am 29. März dieses Jahres die Kriegserklärung Frau Britannias
in der Gazette erschien, da hieß es scherzweise: Das ist der Anfang des sieben¬
jährigen Krieges. Mit dem Scherzen hats ein Ende. Dieser Krieg muß
nicht grade so lang wie der siebenjährige werden. Vielleicht wird er länger.
An einen baldigen Frieden, an eine Versöhnung im schönen Monat Mai
glaubt hier keine Pastorenmagd mehr. Glaubt man etwa daran noch in
irgendeinem gesunden Flecken Deutschlands, der außerhalb dem sandigen Weich¬
bild von Charlottenburg liegt? Ich kanns nicht glauben, daß mans glaubt.
Es wäre zu absurd.

Man hat in Deutschland kaum eine Ahnung davon, wie wir hier leben.
Von Thee und Zeitungen. Die Aufregung läßt keinen gesunden Appetit auf¬
kommen. Solide Fleischkost können nur verstockte Bösewichter und Griechen
verdauen. Die Angst um die braven Jungen an der Tschernaja schnürt uns
hier an der Themse die Kehle zu. Wir müssen täglich von Morgen bis Abend


folgendes Gespräch, das zwei Arbeiter hart neben uns führten, aus unsrer
dreifältigen Träumerei geweckt wurden. „Siehst du diese zwei Häuser jenseits
des Flusses, welche an beiden Seiten der Landstraße stehen?" fragte der eine.
„„Ja wol sehe ich sie und was hat es mit ihnen?"" erwiderte der andere.
„M bien" hub der erste wieder an, „,jo äannsrais «Zix ans <Zs la vis <Zk nur
pr-oxriLtairs et amo. ans <Ze la ol<z 6o nur coriLierg-z si ellss etaient a moi."




Londoner Brief.

Es ist wahr geworden, was man zu Anfang des Jahres so oft wieder¬
holen hörte, daß wenn erst der Krieg recht im Zuge ist, wir von diplomati¬
schen Depeschen verschont bleiben werden. Diese Langeweilsplage sind wir
losgeworden, wenigstens wir hier in England. Freilich lesen wir in deutschen
Blättern noch täglich von Noten, die zwischen Berlin, Wien und Petersburg
ab- und zugehen oder gegangen sind, oder gehen sollen; aber das macht dies¬
seits des Kanals keinen Eindruck mehr. Wir haben jetzt andere Depeschen,
thatsächliche, pragmatische, blutige. Was diese enthalten: Listen von Todten
und Verwundeten — das steht fest, das ist keiner Mißdeutung fähig. Die
abgeschossenen Köpfe und zerfleischten Glieder lassen sich nicht mehr wegdiplo-
matisiren, wie stilistische Ausdrücke; da gibts kein Deuteln und kein Commen¬
tiren mehr. Die Wogen eines blutigen Krieges schlagen über unsern Köpfen
zusammen, daß unsre Augen überall roth und wieder roth sehen. Dieser Krieg
hat gleich bei seinem Allfange eine reichere Bluttaufe aufzuweisen, als die
beiden par sxoLllvnLe langen des -17. und -18. Jahrhunderts bei ihrem Beginn
hatten. Als am 29. März dieses Jahres die Kriegserklärung Frau Britannias
in der Gazette erschien, da hieß es scherzweise: Das ist der Anfang des sieben¬
jährigen Krieges. Mit dem Scherzen hats ein Ende. Dieser Krieg muß
nicht grade so lang wie der siebenjährige werden. Vielleicht wird er länger.
An einen baldigen Frieden, an eine Versöhnung im schönen Monat Mai
glaubt hier keine Pastorenmagd mehr. Glaubt man etwa daran noch in
irgendeinem gesunden Flecken Deutschlands, der außerhalb dem sandigen Weich¬
bild von Charlottenburg liegt? Ich kanns nicht glauben, daß mans glaubt.
Es wäre zu absurd.

Man hat in Deutschland kaum eine Ahnung davon, wie wir hier leben.
Von Thee und Zeitungen. Die Aufregung läßt keinen gesunden Appetit auf¬
kommen. Solide Fleischkost können nur verstockte Bösewichter und Griechen
verdauen. Die Angst um die braven Jungen an der Tschernaja schnürt uns
hier an der Themse die Kehle zu. Wir müssen täglich von Morgen bis Abend


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/398>, abgerufen am 28.12.2024.