Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.da wir seine Werke nicht kennen, und da uns die mitgetheilten Proben auch Unter den neuen literarhistorischen Erscheinungen des Auslandes führen Plaudereien aus Wien. Das Wetter ist rauh und trübe, alles so winterlich und doch noch kein da wir seine Werke nicht kennen, und da uns die mitgetheilten Proben auch Unter den neuen literarhistorischen Erscheinungen des Auslandes führen Plaudereien aus Wien. Das Wetter ist rauh und trübe, alles so winterlich und doch noch kein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0310" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98624"/> <p xml:id="ID_1001" prev="#ID_1000"> da wir seine Werke nicht kennen, und da uns die mitgetheilten Proben auch<lb/> keine Vorstellung davon geben. Die größte Begeisterung spricht die Ver¬<lb/> fasserin für Hermann Marggraf aus, von dem sie sagt, er habe sich als<lb/> lyrischer und dramatischer Dichter, als Novellist und Kritiker gleichmäßig<lb/> ausgezeichnet, und bei seinem außerordentlichen Talent und Geschmack seine<lb/> Mission vollkommen begriffen. Sie scheint diesen Dichter ziemlich genau studirt<lb/> zu haben; sie weiß sogar, was er als Student sür Empfindungen bei den<lb/> , Vorlesungen von Steffens gehabt hat/ „Er war mit Fähigkeiten von einer zu<lb/> erhabenen Natur begabt, um von einer Philosophie angezogen zu werden,<lb/> welche u, s. w." —</p><lb/> <p xml:id="ID_1002"> Unter den neuen literarhistorischen Erscheinungen des Auslandes führen<lb/> wir an: Ilistolis alö8 I>ivres ?opulairss, orr <Z<z 1a LMveaturö du Oolporta^e,<lb/> cZsMis 1s XVe Lie-Lif jusqu/a 1'KtabIiss<zu<zue 1a Oommlssion ä'IZxamon<lb/> clös l.ivres ein LolporlaAc:. macle-s Msarä. 2 Vol. ?aris. —</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Plaudereien aus Wien.</head><lb/> <p xml:id="ID_1003" next="#ID_1004"> Das Wetter ist rauh und trübe, alles so winterlich und doch noch kein<lb/> Schnee auf den Dächern und keine rechte Ofenwärme in den Stuben; im Ge¬<lb/> müth entblätterte Herbstfreuden und im Unterleib flüsternde Choleragedanken;<lb/> der Kopf von russischen Sicgesdepeschen durchschwirrt, Sebastopol müde, Krim<lb/> beladen, Valuta zitternd, groß-klein-mittelstaatliche Einigung suchend, West-<lb/> mächtlich bedrängt, russischen Garden bedroht, Preußisch neutralisirt, Spanisch<lb/> getanzt, Chinesisch jongleurt, Vater Ebersberg, unser Großrusse, todt und<lb/> Maler Nanftel an einer Wurst gestorben! — Hier haben sie unsre ganze Tages-<lb/> misere. Wie vieles und gewiß sehr gescheidtes hätte man mitzutheilen, wie<lb/> gern möchte man ein Stündchen gemüthlich verplaudern -— wenn nur die rechte<lb/> Stimmung dazu wäre! Aber ein solcher Winter, der ohne Rücksicht von An¬<lb/> stand den Herbst zur Treppe herabwirft und unangemeldet in jedermanns<lb/> Stube hereinstürzt, und am Arme noch eine so widerliche Maitresse, wie Frau<lb/> Cholera u'mherführt, ein solch ungeschlachter Winter, der sich weder durch Marie<lb/> ,Taglionis süßes Mienenspiel noch durch der Sennoras Pepas und DoloreS<lb/> warme Gelenksprache erweichen läßt, ein Winter voll kosackischer Tücke und<lb/> orientalischer Verwesung, ein Protector der Leichenbitter und Todtengräber, ein<lb/> erklärter Feind aller weltlichen Lust, ein Kriegsschürer und diplomatischer<lb/> Knotenschürzer; ein solch erbärmlicher Winter ist noch nicht dagewesen. Gehen<lb/> Sie durch unsre Staßen — wenn es der scharfe Wind oder der Regenschauer<lb/> erlaubt — und Sie werden die Menschen theilnamlos, ja mit gewisser Scheu</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0310]
da wir seine Werke nicht kennen, und da uns die mitgetheilten Proben auch
keine Vorstellung davon geben. Die größte Begeisterung spricht die Ver¬
fasserin für Hermann Marggraf aus, von dem sie sagt, er habe sich als
lyrischer und dramatischer Dichter, als Novellist und Kritiker gleichmäßig
ausgezeichnet, und bei seinem außerordentlichen Talent und Geschmack seine
Mission vollkommen begriffen. Sie scheint diesen Dichter ziemlich genau studirt
zu haben; sie weiß sogar, was er als Student sür Empfindungen bei den
, Vorlesungen von Steffens gehabt hat/ „Er war mit Fähigkeiten von einer zu
erhabenen Natur begabt, um von einer Philosophie angezogen zu werden,
welche u, s. w." —
Unter den neuen literarhistorischen Erscheinungen des Auslandes führen
wir an: Ilistolis alö8 I>ivres ?opulairss, orr <Z<z 1a LMveaturö du Oolporta^e,
cZsMis 1s XVe Lie-Lif jusqu/a 1'KtabIiss<zu<zue 1a Oommlssion ä'IZxamon
clös l.ivres ein LolporlaAc:. macle-s Msarä. 2 Vol. ?aris. —
Plaudereien aus Wien.
Das Wetter ist rauh und trübe, alles so winterlich und doch noch kein
Schnee auf den Dächern und keine rechte Ofenwärme in den Stuben; im Ge¬
müth entblätterte Herbstfreuden und im Unterleib flüsternde Choleragedanken;
der Kopf von russischen Sicgesdepeschen durchschwirrt, Sebastopol müde, Krim
beladen, Valuta zitternd, groß-klein-mittelstaatliche Einigung suchend, West-
mächtlich bedrängt, russischen Garden bedroht, Preußisch neutralisirt, Spanisch
getanzt, Chinesisch jongleurt, Vater Ebersberg, unser Großrusse, todt und
Maler Nanftel an einer Wurst gestorben! — Hier haben sie unsre ganze Tages-
misere. Wie vieles und gewiß sehr gescheidtes hätte man mitzutheilen, wie
gern möchte man ein Stündchen gemüthlich verplaudern -— wenn nur die rechte
Stimmung dazu wäre! Aber ein solcher Winter, der ohne Rücksicht von An¬
stand den Herbst zur Treppe herabwirft und unangemeldet in jedermanns
Stube hereinstürzt, und am Arme noch eine so widerliche Maitresse, wie Frau
Cholera u'mherführt, ein solch ungeschlachter Winter, der sich weder durch Marie
,Taglionis süßes Mienenspiel noch durch der Sennoras Pepas und DoloreS
warme Gelenksprache erweichen läßt, ein Winter voll kosackischer Tücke und
orientalischer Verwesung, ein Protector der Leichenbitter und Todtengräber, ein
erklärter Feind aller weltlichen Lust, ein Kriegsschürer und diplomatischer
Knotenschürzer; ein solch erbärmlicher Winter ist noch nicht dagewesen. Gehen
Sie durch unsre Staßen — wenn es der scharfe Wind oder der Regenschauer
erlaubt — und Sie werden die Menschen theilnamlos, ja mit gewisser Scheu
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