Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.her, die den Geist der Medicin zu leicht faßlich hielten, um ernste Studien Neue Historische Schriften. Die Sachsen in England. Eine Geschichte des englischen Staatswesens bis aus die Zeit der normannischen Eroberung. Von John Mitchel Kemble. Uebersetzt von Chr. Brandes. 2 Bde. Leipzig, T. O. Weigel. -- Geschichte der politischen Parteiungen alterund neuer Zeit. Von W. Wachs¬ muth. 2. Bd.: Die politischen Parteiungen des Mittelalters. Braunschweig, Schwetschke u. Sohn. -- her, die den Geist der Medicin zu leicht faßlich hielten, um ernste Studien Neue Historische Schriften. Die Sachsen in England. Eine Geschichte des englischen Staatswesens bis aus die Zeit der normannischen Eroberung. Von John Mitchel Kemble. Uebersetzt von Chr. Brandes. 2 Bde. Leipzig, T. O. Weigel. — Geschichte der politischen Parteiungen alterund neuer Zeit. Von W. Wachs¬ muth. 2. Bd.: Die politischen Parteiungen des Mittelalters. Braunschweig, Schwetschke u. Sohn. — <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0258" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98572"/> <p xml:id="ID_818" prev="#ID_817"> her, die den Geist der Medicin zu leicht faßlich hielten, um ernste Studien<lb/> in derselben zu machen und die nach Durchlesung einer Anthropologie sich fähig<lb/> fühlten, aus philosophischer Machtvollkommenheit den ganzen Menschen nachzu-<lb/> construiren,, wie ihn Gott geschaffen haben müßte. Diesen war natürlich mit<lb/> der mühsamen, bescheidenen Art der neueren Forschung umsoweniger gedient,<lb/> da sie derselben weder folgen konnten oder wollten, noch die Resultate abzu¬<lb/> leugnen vermochten. Nach ihnen faßten die Theologen den Vorwurf auf, da<lb/> sie von jeher der Wunder wegen "mit den Aerzten im Streite lagen und selbst<lb/> schon die Schöpfungsgeschichte preisgeben mußten. Von diesen ist die Klage<lb/> über Materialismus denn auch in die noch übrigen Kreise der Gesellschaft ge¬<lb/> drungen, so daß dieses Wort heutzutage wirklich zum Stichworte geworden ist.<lb/> Versteht man darunter die ungerechtfertigte Übertragung naturwissenschaftlicher<lb/> Hypothesen auf heterogene Gebiete (um von dem Gebrauche des Worts zur<lb/> Bezeichnung von Eigennutz und Geldgier, die jetzt nicht schlimmer sind als sie<lb/> immer waren, abzusehen), so hat der Vorwurf Sinn, trifft dann aber nur wenige<lb/> Naturforscher; verlangt man aber von diesen, daß sie umkehren und die Du-<lb/> don'sche Endeckung nicht weiter verfolgen sollen, weil die weiteren Forschungen<lb/> möglicherweise mit den Religionsansichten einiger Religionsparteien in unheil¬<lb/> baren Widerspruch gerathen könnten, so hat er keinen Sinn. Der Natur¬<lb/> forscher mag glauben was er will, aber als bewiesen darf er, wie der Mathe¬<lb/> matiker, nichts ansehen, was nicht bewiesen ist; auf diesem Wege erlangt er<lb/> die sicheren Resultate, welche niemand, der sie kennt, leugnet; wenn nun also<lb/> jemand vom christlichen Standpunkte aus diese Forschungen verwirft, so beweist<lb/> er dadurch nur die Mannhaftigkeit seiner religiösen Ueberzeugung, denn sonst<lb/> müßte er wissen, daß früher oder später ein Wendepunkt eintreten und dann<lb/> Theorien, die ihm jetzt heidnisch erscheinen, gradezu zum Beweise der Richtig¬<lb/> keit christlicher Ueberzeugung ausschlagen müßten. Wir haben also von der<lb/> Naturforschung nur zu verlangen, daß sie ausschließlich materiell-bleibe und<lb/> nur zu verhüten, daß nicht voreilige Hypothesen in ihr oder in andern Wissen¬<lb/> schaften einen unrechtmäßigen Einfluß gewinnen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Neue Historische Schriften.</head><lb/> <list> <item> Die Sachsen in England. Eine Geschichte des englischen Staatswesens bis<lb/> aus die Zeit der normannischen Eroberung. Von John Mitchel Kemble.<lb/> Uebersetzt von Chr. Brandes. 2 Bde. Leipzig, T. O. Weigel. —</item> <item> Geschichte der politischen Parteiungen alterund neuer Zeit. Von W. Wachs¬<lb/> muth. 2. Bd.: Die politischen Parteiungen des Mittelalters. Braunschweig,<lb/> Schwetschke u. Sohn. —</item> </list><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0258]
her, die den Geist der Medicin zu leicht faßlich hielten, um ernste Studien
in derselben zu machen und die nach Durchlesung einer Anthropologie sich fähig
fühlten, aus philosophischer Machtvollkommenheit den ganzen Menschen nachzu-
construiren,, wie ihn Gott geschaffen haben müßte. Diesen war natürlich mit
der mühsamen, bescheidenen Art der neueren Forschung umsoweniger gedient,
da sie derselben weder folgen konnten oder wollten, noch die Resultate abzu¬
leugnen vermochten. Nach ihnen faßten die Theologen den Vorwurf auf, da
sie von jeher der Wunder wegen "mit den Aerzten im Streite lagen und selbst
schon die Schöpfungsgeschichte preisgeben mußten. Von diesen ist die Klage
über Materialismus denn auch in die noch übrigen Kreise der Gesellschaft ge¬
drungen, so daß dieses Wort heutzutage wirklich zum Stichworte geworden ist.
Versteht man darunter die ungerechtfertigte Übertragung naturwissenschaftlicher
Hypothesen auf heterogene Gebiete (um von dem Gebrauche des Worts zur
Bezeichnung von Eigennutz und Geldgier, die jetzt nicht schlimmer sind als sie
immer waren, abzusehen), so hat der Vorwurf Sinn, trifft dann aber nur wenige
Naturforscher; verlangt man aber von diesen, daß sie umkehren und die Du-
don'sche Endeckung nicht weiter verfolgen sollen, weil die weiteren Forschungen
möglicherweise mit den Religionsansichten einiger Religionsparteien in unheil¬
baren Widerspruch gerathen könnten, so hat er keinen Sinn. Der Natur¬
forscher mag glauben was er will, aber als bewiesen darf er, wie der Mathe¬
matiker, nichts ansehen, was nicht bewiesen ist; auf diesem Wege erlangt er
die sicheren Resultate, welche niemand, der sie kennt, leugnet; wenn nun also
jemand vom christlichen Standpunkte aus diese Forschungen verwirft, so beweist
er dadurch nur die Mannhaftigkeit seiner religiösen Ueberzeugung, denn sonst
müßte er wissen, daß früher oder später ein Wendepunkt eintreten und dann
Theorien, die ihm jetzt heidnisch erscheinen, gradezu zum Beweise der Richtig¬
keit christlicher Ueberzeugung ausschlagen müßten. Wir haben also von der
Naturforschung nur zu verlangen, daß sie ausschließlich materiell-bleibe und
nur zu verhüten, daß nicht voreilige Hypothesen in ihr oder in andern Wissen¬
schaften einen unrechtmäßigen Einfluß gewinnen.
Neue Historische Schriften.
Die Sachsen in England. Eine Geschichte des englischen Staatswesens bis
aus die Zeit der normannischen Eroberung. Von John Mitchel Kemble.
Uebersetzt von Chr. Brandes. 2 Bde. Leipzig, T. O. Weigel. —
Geschichte der politischen Parteiungen alterund neuer Zeit. Von W. Wachs¬
muth. 2. Bd.: Die politischen Parteiungen des Mittelalters. Braunschweig,
Schwetschke u. Sohn. —
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |