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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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Die Gracchen und ihre Zeit, Dargestellt von Thaddäus Lau. Hamburg,
Hoffmann u. Campe. --
Lor"in>Li'i)lions sur l'iiis^viro et K I" rö v ol ni i n n tru n c^i i " ", sirincipiilement
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Deutsche Gcschichtsbibliothek, oder Darstellungen aus der Weltgeschichte
für Leser aller Stände. Von O. Klopp. 3. Bd. 2. Heft. Hannover,
Rümpler. --
Die Gründung der verfassungsmäßigen Monarchie in Belgien. Von
/ Ludwig Driesen. Mülheim, nieder. --
Geschichte der Türkei. Von A. v. Lamartine. Deutsch von I. Nordmann.
-I. Lieferung. Wien, Wallishausscr. --

Das erstgenannte Werk gehört zu den bedeutendsten Erscheinungen der
neuesten historischen Literatur, und der Uebersetzer hat sich ein bleibendes Ver¬
dienst erworben, indem er dasselbe mit dem Ernst und mit der Gewissenhaftig¬
keit, die eine classische Leistung in Anspruch nehmen darf, die man aber bei
dem industriellen Treiben unsrer Uebersetzer immer seltener antrifft, ins Deutsche
übertragen hat. Das Werk muß uns Deutsche umsomehr interessiren, da es
gewissermaßen unsrer eignen Literatur angehört. Herr Kemble studirte 1829
unter Jakob Grimm in Göttingen und hat die philologisch-kritische Methode,
der wir die erste anschauliche Kenntniß unsrer eignen Vorzeit zu verdanken
haben, aus die Geschichte seines Vaterlandes angewendet. Für sein tiefes
Studium der ältern Literatur zeugt seine Ausgabe des Beowolf, seine Vor¬
lesungen über die angelsächsische Literatur und sein Loäsx cUplom^tiens asvi
8axa>ni<:i. Das vorliegende Werk, welches gewissermaßen den Abschluß seiner
Forschungen darstellt, erschien 4 in London.

Die Art und Weise, wie man früher die Geschichte darstellte, nämlich
eine Zusammenstellung von Kriegen, Anekdoten und Intriguen nach dem Leit¬
faden der Tradition, würden wir in diesem Werk vergebens suchen. Das, was
man bisher angelsächsische Geschichte genannt hat, macht der Verfasser in einem
Einleitungscapitel unter der Ueberschrift: "Sächsische und wallisische Ueber¬
lieferungen" ab. Der gläubige Sinn früherer Perioden sah in diesen Ueber¬
lieferungen unzweifelhafte Wahrheit; "die schärfere Kritik eines weniger leicht¬
gläubigen Zeitalters, welches erfahrener in der Beurtheilung der Glaubwürdigkeit
und bekannt mit den schwankenden Formen mythischen und epischen Denkens
ist, steht darin nur eine ungeordnete Masse von Ueberlieferungen, entlehnt aus
den verschiedenartigsten Quellen, roh und mit geringer Wahrheitsliebe zusammen¬
gehäuft, so daß darin ein möglichst kleiner Theil historischer Wahrheit mit
einer Menge Fabeln vermischt ist." Die Ausbeute, die man für die Erzählung


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Die Gracchen und ihre Zeit, Dargestellt von Thaddäus Lau. Hamburg,
Hoffmann u. Campe. —
Lor«in>Li'i)lions sur l'iiis^viro et K I» rö v ol ni i n n tru n c^i i « «, sirincipiilement
eonvornnnt le» rsIaUons exleriLu^es. ?i>i- II. v»n öl^jk. V^LLlit,
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Deutsche Gcschichtsbibliothek, oder Darstellungen aus der Weltgeschichte
für Leser aller Stände. Von O. Klopp. 3. Bd. 2. Heft. Hannover,
Rümpler. —
Die Gründung der verfassungsmäßigen Monarchie in Belgien. Von
/ Ludwig Driesen. Mülheim, nieder. —
Geschichte der Türkei. Von A. v. Lamartine. Deutsch von I. Nordmann.
-I. Lieferung. Wien, Wallishausscr. —

Das erstgenannte Werk gehört zu den bedeutendsten Erscheinungen der
neuesten historischen Literatur, und der Uebersetzer hat sich ein bleibendes Ver¬
dienst erworben, indem er dasselbe mit dem Ernst und mit der Gewissenhaftig¬
keit, die eine classische Leistung in Anspruch nehmen darf, die man aber bei
dem industriellen Treiben unsrer Uebersetzer immer seltener antrifft, ins Deutsche
übertragen hat. Das Werk muß uns Deutsche umsomehr interessiren, da es
gewissermaßen unsrer eignen Literatur angehört. Herr Kemble studirte 1829
unter Jakob Grimm in Göttingen und hat die philologisch-kritische Methode,
der wir die erste anschauliche Kenntniß unsrer eignen Vorzeit zu verdanken
haben, aus die Geschichte seines Vaterlandes angewendet. Für sein tiefes
Studium der ältern Literatur zeugt seine Ausgabe des Beowolf, seine Vor¬
lesungen über die angelsächsische Literatur und sein Loäsx cUplom^tiens asvi
8axa>ni<:i. Das vorliegende Werk, welches gewissermaßen den Abschluß seiner
Forschungen darstellt, erschien 4 in London.

Die Art und Weise, wie man früher die Geschichte darstellte, nämlich
eine Zusammenstellung von Kriegen, Anekdoten und Intriguen nach dem Leit¬
faden der Tradition, würden wir in diesem Werk vergebens suchen. Das, was
man bisher angelsächsische Geschichte genannt hat, macht der Verfasser in einem
Einleitungscapitel unter der Ueberschrift: „Sächsische und wallisische Ueber¬
lieferungen" ab. Der gläubige Sinn früherer Perioden sah in diesen Ueber¬
lieferungen unzweifelhafte Wahrheit; „die schärfere Kritik eines weniger leicht¬
gläubigen Zeitalters, welches erfahrener in der Beurtheilung der Glaubwürdigkeit
und bekannt mit den schwankenden Formen mythischen und epischen Denkens
ist, steht darin nur eine ungeordnete Masse von Ueberlieferungen, entlehnt aus
den verschiedenartigsten Quellen, roh und mit geringer Wahrheitsliebe zusammen¬
gehäuft, so daß darin ein möglichst kleiner Theil historischer Wahrheit mit
einer Menge Fabeln vermischt ist." Die Ausbeute, die man für die Erzählung


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[0259] Die Gracchen und ihre Zeit, Dargestellt von Thaddäus Lau. Hamburg, Hoffmann u. Campe. — Lor«in>Li'i)lions sur l'iiis^viro et K I» rö v ol ni i n n tru n c^i i « «, sirincipiilement eonvornnnt le» rsIaUons exleriLu^es. ?i>i- II. v»n öl^jk. V^LLlit, XominK Ä ins- — Deutsche Gcschichtsbibliothek, oder Darstellungen aus der Weltgeschichte für Leser aller Stände. Von O. Klopp. 3. Bd. 2. Heft. Hannover, Rümpler. — Die Gründung der verfassungsmäßigen Monarchie in Belgien. Von / Ludwig Driesen. Mülheim, nieder. — Geschichte der Türkei. Von A. v. Lamartine. Deutsch von I. Nordmann. -I. Lieferung. Wien, Wallishausscr. — Das erstgenannte Werk gehört zu den bedeutendsten Erscheinungen der neuesten historischen Literatur, und der Uebersetzer hat sich ein bleibendes Ver¬ dienst erworben, indem er dasselbe mit dem Ernst und mit der Gewissenhaftig¬ keit, die eine classische Leistung in Anspruch nehmen darf, die man aber bei dem industriellen Treiben unsrer Uebersetzer immer seltener antrifft, ins Deutsche übertragen hat. Das Werk muß uns Deutsche umsomehr interessiren, da es gewissermaßen unsrer eignen Literatur angehört. Herr Kemble studirte 1829 unter Jakob Grimm in Göttingen und hat die philologisch-kritische Methode, der wir die erste anschauliche Kenntniß unsrer eignen Vorzeit zu verdanken haben, aus die Geschichte seines Vaterlandes angewendet. Für sein tiefes Studium der ältern Literatur zeugt seine Ausgabe des Beowolf, seine Vor¬ lesungen über die angelsächsische Literatur und sein Loäsx cUplom^tiens asvi 8axa>ni<:i. Das vorliegende Werk, welches gewissermaßen den Abschluß seiner Forschungen darstellt, erschien 4 in London. Die Art und Weise, wie man früher die Geschichte darstellte, nämlich eine Zusammenstellung von Kriegen, Anekdoten und Intriguen nach dem Leit¬ faden der Tradition, würden wir in diesem Werk vergebens suchen. Das, was man bisher angelsächsische Geschichte genannt hat, macht der Verfasser in einem Einleitungscapitel unter der Ueberschrift: „Sächsische und wallisische Ueber¬ lieferungen" ab. Der gläubige Sinn früherer Perioden sah in diesen Ueber¬ lieferungen unzweifelhafte Wahrheit; „die schärfere Kritik eines weniger leicht¬ gläubigen Zeitalters, welches erfahrener in der Beurtheilung der Glaubwürdigkeit und bekannt mit den schwankenden Formen mythischen und epischen Denkens ist, steht darin nur eine ungeordnete Masse von Ueberlieferungen, entlehnt aus den verschiedenartigsten Quellen, roh und mit geringer Wahrheitsliebe zusammen¬ gehäuft, so daß darin ein möglichst kleiner Theil historischer Wahrheit mit einer Menge Fabeln vermischt ist." Die Ausbeute, die man für die Erzählung 32*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/259>, abgerufen am 29.12.2024.