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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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ist. Nachdem nämlich Waitz in Rankes Jahrbüchern in seiner trefflichen Arbeit
über Heinrich 1. nachgewiesen hat, daß dessen Beiname: "der Vogelsteller"
des historischen Grundes entbehrt, wird sich jetzt aus vielen zum Theil noch
ungedruckten Märchen nachweisen lassen, daß diese Erzählung aus eine Art
von Augurium in den Zeiten des deutschen Heidenthums zurückzuführen ist,
daß die Vögel der Sage ursprünglich Raben waren, die von den Göttern
auf die Königswürde übergingen, weshalb auch untern anderm den Rothbart
im Kyffhäuser die Raben umfliegen. Das Stück im Quickborn, welches hier¬
für mit herbeizuziehen sein wird, und für dessen Mittheilung wir dem Dichter
hier vorläufig unsern Dank sagen, hat die Ueberschrift: "Wat man warm
kann, wenn man blöd de Vageln richtigverstcm deit. En Märker."




Eine Reise in den Cordilleren.*)



Ich sah jetzt, daß man bei der Nacht leichter eine solche Passage ausführt
als bei Tage, denn mir wurde bei dem reißenden rind rasch vorüberstürmenden
Wasser fast schwindlig, obgleich ich sonst wenig zu dergleichen geneigt bin.
Es verloren bisweilen die Pferde festen Fuß und wurden schwimmend rasch
abwärts getrieben, bis sie wieder Grund fanden, und so kamen wir öfters aus
der Reihe, welche wir eingeschlagen hatten. Ein Hund, welcher uns begleitete,
wurde fortgerissen, und wir hatten ihn schon verloren gegeben, als er etwa
nach einer halben Stunde, nachdem wir längst auf dem Trockenen, keuchend
und triefend uns wieder einholte.

Das Thal, in welches wir nach Uebersetzung des Flusses gekommen waren,
war am Anfange ziemlich breit und es standen dort ebenfalls einige vereinzelte
Wohnungen, bald aber wurde es enger, und wir folgten einem seiner Abhänge,
indem wir anfingen, ziemlich steil aufwärts zu reiten.

Bald sahen wir in der immer enger werdenden Schlucht nur noch hier



*) Referate über ein Reisewerk fallen schwer, da sich derartige Schriften einer Analyse
entziehen. Auszüge werden das Publicum am besten orientiren. -- Die obcnstehende Beschreibung
theilen wir als Probe eines Werks mit: Reise in Südamerika von Dr. Frei Herrn
Ernst v. Bibra. 2 Bde. Mannheim, Bassermann u. Mathy- Wir fügen hinzu, daß der
größere Theil des Buchs mit ähnlichem plastischen Talent ausgeführt ist. Die Reise wurde
im April angetreten und umfaßt folgende Punkte: Seefahrt nach Rio Janeiro, Fahrt
um Cap Horn nach Chile, Reise durch Valparaiso) Santjago, über die Cordilleren, Valdivia,
zurück nach Valparaiso, Fahrt nach der Algodonbai lBolivia), nach Peru, von da zurück nach
Europa. Sie stellt uns also die interessantesten Gegenden Südamerikas in anschaulicher
Lebendigkeit dar. --'
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ist. Nachdem nämlich Waitz in Rankes Jahrbüchern in seiner trefflichen Arbeit
über Heinrich 1. nachgewiesen hat, daß dessen Beiname: „der Vogelsteller"
des historischen Grundes entbehrt, wird sich jetzt aus vielen zum Theil noch
ungedruckten Märchen nachweisen lassen, daß diese Erzählung aus eine Art
von Augurium in den Zeiten des deutschen Heidenthums zurückzuführen ist,
daß die Vögel der Sage ursprünglich Raben waren, die von den Göttern
auf die Königswürde übergingen, weshalb auch untern anderm den Rothbart
im Kyffhäuser die Raben umfliegen. Das Stück im Quickborn, welches hier¬
für mit herbeizuziehen sein wird, und für dessen Mittheilung wir dem Dichter
hier vorläufig unsern Dank sagen, hat die Ueberschrift: „Wat man warm
kann, wenn man blöd de Vageln richtigverstcm deit. En Märker."




Eine Reise in den Cordilleren.*)



Ich sah jetzt, daß man bei der Nacht leichter eine solche Passage ausführt
als bei Tage, denn mir wurde bei dem reißenden rind rasch vorüberstürmenden
Wasser fast schwindlig, obgleich ich sonst wenig zu dergleichen geneigt bin.
Es verloren bisweilen die Pferde festen Fuß und wurden schwimmend rasch
abwärts getrieben, bis sie wieder Grund fanden, und so kamen wir öfters aus
der Reihe, welche wir eingeschlagen hatten. Ein Hund, welcher uns begleitete,
wurde fortgerissen, und wir hatten ihn schon verloren gegeben, als er etwa
nach einer halben Stunde, nachdem wir längst auf dem Trockenen, keuchend
und triefend uns wieder einholte.

Das Thal, in welches wir nach Uebersetzung des Flusses gekommen waren,
war am Anfange ziemlich breit und es standen dort ebenfalls einige vereinzelte
Wohnungen, bald aber wurde es enger, und wir folgten einem seiner Abhänge,
indem wir anfingen, ziemlich steil aufwärts zu reiten.

Bald sahen wir in der immer enger werdenden Schlucht nur noch hier



*) Referate über ein Reisewerk fallen schwer, da sich derartige Schriften einer Analyse
entziehen. Auszüge werden das Publicum am besten orientiren. — Die obcnstehende Beschreibung
theilen wir als Probe eines Werks mit: Reise in Südamerika von Dr. Frei Herrn
Ernst v. Bibra. 2 Bde. Mannheim, Bassermann u. Mathy- Wir fügen hinzu, daß der
größere Theil des Buchs mit ähnlichem plastischen Talent ausgeführt ist. Die Reise wurde
im April angetreten und umfaßt folgende Punkte: Seefahrt nach Rio Janeiro, Fahrt
um Cap Horn nach Chile, Reise durch Valparaiso) Santjago, über die Cordilleren, Valdivia,
zurück nach Valparaiso, Fahrt nach der Algodonbai lBolivia), nach Peru, von da zurück nach
Europa. Sie stellt uns also die interessantesten Gegenden Südamerikas in anschaulicher
Lebendigkeit dar. —'
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/179>, abgerufen am 28.12.2024.