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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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ner Freunde, der es ins Französische übersetzte und einige Zeit nach Franklins
Tod herausgab. Aus dieser Ausgabe wurde es ins Englische zurückübersetzt und
dann später von Jared Sparks seiner großen Lebensbeschreibung zu Grunde
gelegt. Der gegenwärtige Band geht bis zu Franklins Ankunft in England 1757.
Soweit reichen überhaupt nur Franklins Memoiren. Er hatte zwar die Absicht,
sie weiter fortzusetzen, aber seine vielfachen Beschäftigungen sowie die Abnahme
seiner Gesundheit hielten ihn davon zurück. -- Als Anhang ist ein Reisejournal
von London nach Philadelphia hinzugefügt; ferner eine Denkschrift über die
Erziehung, Auszüge aus seinem Tagebuche und Franklins Testament. Ob
das Buch nach der Ausgabe von Sparks fortgesetzt werden soll, haben die
Herausgeber nicht angegeben. -- Diese Denkwürdigkeiten einer der interessan¬
testen Persönlichkeiten aus der Geschichte sind um so bedeutender, da sie ganz
in das Detail eingehen und uus die amerikanischen Sitten versinnlichen.

Der zweite Band enthält die Gedichte von William Cullen Bryant.
Der Dichter nimmt unter den Amerikanern entweder den ersten oder den zweiten
Platz ein, da in dem Ansehen unter seinem Volk nur Longfellow mit ihm wett¬
eifern kann. 1794 geboren, erregte er schon im -13. Jahre dnrch eine politische
Satire ein gewisses Aufsehen. Sein berühmtestes Gedicht "Thanatopsiö" er¬
schien 181", das Lehrgedicht über die Entwicklung des Menschengeschlechts:
The Agcs, 1821. Seine Gedichte zeichnen sich vornehmlich durch ein sehr
lebhaftes Naturgefühl aus. Er empfindet mit großer Wärme die landschaft¬
lichen Schönheiten und hat die Gabe, sie in ansprechenden Schilderungen
wiederzugeben. Tiefere Gedanken finden 'sich in seinen Gedichten weniger.
Dafür werden wir aber auch bei ihm nicht durch die Ucberschwenglichkeiten ge-
^re, die sich bei den amerikanischen Dichtern so häufig einstellen, wenn sie in
Netze der deutscheu Metaphysik gerathen. Seine Sprache ist ernst und wür-
d'g, von einer gewissen zarten Melancholie gefärbt, die nicht ohne Reiz ist.
^' verdient ganz entschieden, in Deutschland genauer bekannt zu werden. --


Zur Geschichte des Dramas/ Von Joseph Freiherrn von Eichendorff.
Leipzig, Brockhaus. --

Schon bei Gelegenheit des früheren Buchs, in welchem Eichendorff seine
^nsichtcm über die Romantik auseinandersetzte, in welchem er gleichsam als
Vorkämpfer der wahren Romantik gegen die falschen Propheten derselben auf-
^"l, sprachen wir eS aus, daß er uns trotz aller scheinbaren und wirklichen
Abweichung mit seinem Princip doch näher stände als die eigentliche Schule,
^lese Bemerkung drängt sich uns auch bei der vorliegenden Schrift auf und
wir wollen uns bemühen, sie bestimmt zu formuliren.
Die romantische Schule ging darauf aus, eine poetische Atmosphäre künst-
hervorzubringen, die sie in der Wirklichkeit vermißte. Sie stellte künstlerische


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ner Freunde, der es ins Französische übersetzte und einige Zeit nach Franklins
Tod herausgab. Aus dieser Ausgabe wurde es ins Englische zurückübersetzt und
dann später von Jared Sparks seiner großen Lebensbeschreibung zu Grunde
gelegt. Der gegenwärtige Band geht bis zu Franklins Ankunft in England 1757.
Soweit reichen überhaupt nur Franklins Memoiren. Er hatte zwar die Absicht,
sie weiter fortzusetzen, aber seine vielfachen Beschäftigungen sowie die Abnahme
seiner Gesundheit hielten ihn davon zurück. — Als Anhang ist ein Reisejournal
von London nach Philadelphia hinzugefügt; ferner eine Denkschrift über die
Erziehung, Auszüge aus seinem Tagebuche und Franklins Testament. Ob
das Buch nach der Ausgabe von Sparks fortgesetzt werden soll, haben die
Herausgeber nicht angegeben. — Diese Denkwürdigkeiten einer der interessan¬
testen Persönlichkeiten aus der Geschichte sind um so bedeutender, da sie ganz
in das Detail eingehen und uus die amerikanischen Sitten versinnlichen.

Der zweite Band enthält die Gedichte von William Cullen Bryant.
Der Dichter nimmt unter den Amerikanern entweder den ersten oder den zweiten
Platz ein, da in dem Ansehen unter seinem Volk nur Longfellow mit ihm wett¬
eifern kann. 1794 geboren, erregte er schon im -13. Jahre dnrch eine politische
Satire ein gewisses Aufsehen. Sein berühmtestes Gedicht „Thanatopsiö" er¬
schien 181«, das Lehrgedicht über die Entwicklung des Menschengeschlechts:
The Agcs, 1821. Seine Gedichte zeichnen sich vornehmlich durch ein sehr
lebhaftes Naturgefühl aus. Er empfindet mit großer Wärme die landschaft¬
lichen Schönheiten und hat die Gabe, sie in ansprechenden Schilderungen
wiederzugeben. Tiefere Gedanken finden 'sich in seinen Gedichten weniger.
Dafür werden wir aber auch bei ihm nicht durch die Ucberschwenglichkeiten ge-
^re, die sich bei den amerikanischen Dichtern so häufig einstellen, wenn sie in
Netze der deutscheu Metaphysik gerathen. Seine Sprache ist ernst und wür-
d'g, von einer gewissen zarten Melancholie gefärbt, die nicht ohne Reiz ist.
^' verdient ganz entschieden, in Deutschland genauer bekannt zu werden. —


Zur Geschichte des Dramas/ Von Joseph Freiherrn von Eichendorff.
Leipzig, Brockhaus. —

Schon bei Gelegenheit des früheren Buchs, in welchem Eichendorff seine
^nsichtcm über die Romantik auseinandersetzte, in welchem er gleichsam als
Vorkämpfer der wahren Romantik gegen die falschen Propheten derselben auf-
^"l, sprachen wir eS aus, daß er uns trotz aller scheinbaren und wirklichen
Abweichung mit seinem Princip doch näher stände als die eigentliche Schule,
^lese Bemerkung drängt sich uns auch bei der vorliegenden Schrift auf und
wir wollen uns bemühen, sie bestimmt zu formuliren.
Die romantische Schule ging darauf aus, eine poetische Atmosphäre künst-
hervorzubringen, die sie in der Wirklichkeit vermißte. Sie stellte künstlerische


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[0497] ner Freunde, der es ins Französische übersetzte und einige Zeit nach Franklins Tod herausgab. Aus dieser Ausgabe wurde es ins Englische zurückübersetzt und dann später von Jared Sparks seiner großen Lebensbeschreibung zu Grunde gelegt. Der gegenwärtige Band geht bis zu Franklins Ankunft in England 1757. Soweit reichen überhaupt nur Franklins Memoiren. Er hatte zwar die Absicht, sie weiter fortzusetzen, aber seine vielfachen Beschäftigungen sowie die Abnahme seiner Gesundheit hielten ihn davon zurück. — Als Anhang ist ein Reisejournal von London nach Philadelphia hinzugefügt; ferner eine Denkschrift über die Erziehung, Auszüge aus seinem Tagebuche und Franklins Testament. Ob das Buch nach der Ausgabe von Sparks fortgesetzt werden soll, haben die Herausgeber nicht angegeben. — Diese Denkwürdigkeiten einer der interessan¬ testen Persönlichkeiten aus der Geschichte sind um so bedeutender, da sie ganz in das Detail eingehen und uus die amerikanischen Sitten versinnlichen. Der zweite Band enthält die Gedichte von William Cullen Bryant. Der Dichter nimmt unter den Amerikanern entweder den ersten oder den zweiten Platz ein, da in dem Ansehen unter seinem Volk nur Longfellow mit ihm wett¬ eifern kann. 1794 geboren, erregte er schon im -13. Jahre dnrch eine politische Satire ein gewisses Aufsehen. Sein berühmtestes Gedicht „Thanatopsiö" er¬ schien 181«, das Lehrgedicht über die Entwicklung des Menschengeschlechts: The Agcs, 1821. Seine Gedichte zeichnen sich vornehmlich durch ein sehr lebhaftes Naturgefühl aus. Er empfindet mit großer Wärme die landschaft¬ lichen Schönheiten und hat die Gabe, sie in ansprechenden Schilderungen wiederzugeben. Tiefere Gedanken finden 'sich in seinen Gedichten weniger. Dafür werden wir aber auch bei ihm nicht durch die Ucberschwenglichkeiten ge- ^re, die sich bei den amerikanischen Dichtern so häufig einstellen, wenn sie in Netze der deutscheu Metaphysik gerathen. Seine Sprache ist ernst und wür- d'g, von einer gewissen zarten Melancholie gefärbt, die nicht ohne Reiz ist. ^' verdient ganz entschieden, in Deutschland genauer bekannt zu werden. — Zur Geschichte des Dramas/ Von Joseph Freiherrn von Eichendorff. Leipzig, Brockhaus. — Schon bei Gelegenheit des früheren Buchs, in welchem Eichendorff seine ^nsichtcm über die Romantik auseinandersetzte, in welchem er gleichsam als Vorkämpfer der wahren Romantik gegen die falschen Propheten derselben auf- ^"l, sprachen wir eS aus, daß er uns trotz aller scheinbaren und wirklichen Abweichung mit seinem Princip doch näher stände als die eigentliche Schule, ^lese Bemerkung drängt sich uns auch bei der vorliegenden Schrift auf und wir wollen uns bemühen, sie bestimmt zu formuliren. Die romantische Schule ging darauf aus, eine poetische Atmosphäre künst- hervorzubringen, die sie in der Wirklichkeit vermißte. Sie stellte künstlerische Hrenzboten. IQ. >,8Ul. 62

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/497>, abgerufen am 27.07.2024.