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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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etwa die Kost eines Tages. Die erste Ladung Steinkohlen wird dagegen in
der Regel erst zu Tage gefördert, nachdem Hunderte und Tausende vorläufig aus¬
gegeben sind. Auf der andern Seite gibt es außer dem Eisen in der ganzen
Natur keinen Stoff, der dem Beschäftigung suchenden Capital so nützlich und
Zu jeder denkbaren Anlage so unentbehrlich wäre, wie die Steinkohle. Da nun
das Capital hauptsächlich darauf ausgeht, sich selbst unaufhörlich wiederzu-
erzeugen, so holt gleichsam jede verbrannte Kohle eine andere aus dem dunkeln
Schoß des Planeten herauf. Dasselbe aber ist es mit der Entwicklung der
Wissenschaften. Geognosie und Oryktognosie reichen sich die Hand, um die
Mächtigkeit vorhandener Kohlenschichten zu bestimmen und neue aufzudecken.
Selbst die historischen Wissenschaften haben Antheil an diesem Fortschritt --
denn es ist ein Capitel aus der Kulturgeschichte der Menschheit, das wir eben
>n flüchtigen Umrissen vorgetragen haben, und das wir vielleicht später einmal
Ut seine ferneren Beziehungen verfolgen.




Politische Broschüren.

Voraussichtlich wird in kurzer Zeit die politische Presse überhaupt Ferien
haben, denn sobald das Bundesprcßgesetz in allen Staaten gesetzliche Geltung
haben wird, ist es wol kaum eine Uebertreibung, wenn man annimmt, daß
sich die Darstellung der einheimischen Zustände auf das bescheidene Maß zurück¬
führen wird, welches vor 1840 die Hände- und Spenersche Zeitung mit so ma߬
voller Besonnenheit zu beobachten wußte. Civis wird sein Gutachten darüber
abgeben, in welchem Laden man die besten Lichte sür eine Illumination zu Königs-
S-eburtstag einkauft; unus i>ro umltlK wird gegen die Schleppkleider der Damen
kühne Worte sagen; a. b, e und das übrige Alphabet wird bescheidene Wünsche
"ber die zweckmäßigste Einrichtung der Fleischhallen seinen Mitbürgern nicht
^'enthalten, und F. von Bülow wird dem deutschen Volke verkünden, daß das
Christenthum eine Religion der Liebe sei, daß Scheiterhaufen namentlich bei
^ jetzigen.Theurung der Holzpreise eine Vergeudung des Materials wären
und daß die Jesuiten sich zuweilen recht häßlich benommen hätten. So wird
GewerbSstnn aufblühen, die bürgerlichen Interessen werden erstarken und.
Publicum wird zufrieden sein. Nur ein kleiner Umstand wird seine
Behaglichkeit stören. Im Faust sagt ein würdiger Seifensieder auf einem
^paziergang:


Nichts Bessers weis, ich mir an Sonn- und Feiertagen,
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten weit in der Türkei
Die Völker aufeinander schlagen,

^renzboten. III. i

etwa die Kost eines Tages. Die erste Ladung Steinkohlen wird dagegen in
der Regel erst zu Tage gefördert, nachdem Hunderte und Tausende vorläufig aus¬
gegeben sind. Auf der andern Seite gibt es außer dem Eisen in der ganzen
Natur keinen Stoff, der dem Beschäftigung suchenden Capital so nützlich und
Zu jeder denkbaren Anlage so unentbehrlich wäre, wie die Steinkohle. Da nun
das Capital hauptsächlich darauf ausgeht, sich selbst unaufhörlich wiederzu-
erzeugen, so holt gleichsam jede verbrannte Kohle eine andere aus dem dunkeln
Schoß des Planeten herauf. Dasselbe aber ist es mit der Entwicklung der
Wissenschaften. Geognosie und Oryktognosie reichen sich die Hand, um die
Mächtigkeit vorhandener Kohlenschichten zu bestimmen und neue aufzudecken.
Selbst die historischen Wissenschaften haben Antheil an diesem Fortschritt —
denn es ist ein Capitel aus der Kulturgeschichte der Menschheit, das wir eben
>n flüchtigen Umrissen vorgetragen haben, und das wir vielleicht später einmal
Ut seine ferneren Beziehungen verfolgen.




Politische Broschüren.

Voraussichtlich wird in kurzer Zeit die politische Presse überhaupt Ferien
haben, denn sobald das Bundesprcßgesetz in allen Staaten gesetzliche Geltung
haben wird, ist es wol kaum eine Uebertreibung, wenn man annimmt, daß
sich die Darstellung der einheimischen Zustände auf das bescheidene Maß zurück¬
führen wird, welches vor 1840 die Hände- und Spenersche Zeitung mit so ma߬
voller Besonnenheit zu beobachten wußte. Civis wird sein Gutachten darüber
abgeben, in welchem Laden man die besten Lichte sür eine Illumination zu Königs-
S-eburtstag einkauft; unus i>ro umltlK wird gegen die Schleppkleider der Damen
kühne Worte sagen; a. b, e und das übrige Alphabet wird bescheidene Wünsche
"ber die zweckmäßigste Einrichtung der Fleischhallen seinen Mitbürgern nicht
^'enthalten, und F. von Bülow wird dem deutschen Volke verkünden, daß das
Christenthum eine Religion der Liebe sei, daß Scheiterhaufen namentlich bei
^ jetzigen.Theurung der Holzpreise eine Vergeudung des Materials wären
und daß die Jesuiten sich zuweilen recht häßlich benommen hätten. So wird
GewerbSstnn aufblühen, die bürgerlichen Interessen werden erstarken und.
Publicum wird zufrieden sein. Nur ein kleiner Umstand wird seine
Behaglichkeit stören. Im Faust sagt ein würdiger Seifensieder auf einem
^paziergang:


Nichts Bessers weis, ich mir an Sonn- und Feiertagen,
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten weit in der Türkei
Die Völker aufeinander schlagen,

^renzboten. III. i
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[0353] etwa die Kost eines Tages. Die erste Ladung Steinkohlen wird dagegen in der Regel erst zu Tage gefördert, nachdem Hunderte und Tausende vorläufig aus¬ gegeben sind. Auf der andern Seite gibt es außer dem Eisen in der ganzen Natur keinen Stoff, der dem Beschäftigung suchenden Capital so nützlich und Zu jeder denkbaren Anlage so unentbehrlich wäre, wie die Steinkohle. Da nun das Capital hauptsächlich darauf ausgeht, sich selbst unaufhörlich wiederzu- erzeugen, so holt gleichsam jede verbrannte Kohle eine andere aus dem dunkeln Schoß des Planeten herauf. Dasselbe aber ist es mit der Entwicklung der Wissenschaften. Geognosie und Oryktognosie reichen sich die Hand, um die Mächtigkeit vorhandener Kohlenschichten zu bestimmen und neue aufzudecken. Selbst die historischen Wissenschaften haben Antheil an diesem Fortschritt — denn es ist ein Capitel aus der Kulturgeschichte der Menschheit, das wir eben >n flüchtigen Umrissen vorgetragen haben, und das wir vielleicht später einmal Ut seine ferneren Beziehungen verfolgen. Politische Broschüren. Voraussichtlich wird in kurzer Zeit die politische Presse überhaupt Ferien haben, denn sobald das Bundesprcßgesetz in allen Staaten gesetzliche Geltung haben wird, ist es wol kaum eine Uebertreibung, wenn man annimmt, daß sich die Darstellung der einheimischen Zustände auf das bescheidene Maß zurück¬ führen wird, welches vor 1840 die Hände- und Spenersche Zeitung mit so ma߬ voller Besonnenheit zu beobachten wußte. Civis wird sein Gutachten darüber abgeben, in welchem Laden man die besten Lichte sür eine Illumination zu Königs- S-eburtstag einkauft; unus i>ro umltlK wird gegen die Schleppkleider der Damen kühne Worte sagen; a. b, e und das übrige Alphabet wird bescheidene Wünsche "ber die zweckmäßigste Einrichtung der Fleischhallen seinen Mitbürgern nicht ^'enthalten, und F. von Bülow wird dem deutschen Volke verkünden, daß das Christenthum eine Religion der Liebe sei, daß Scheiterhaufen namentlich bei ^ jetzigen.Theurung der Holzpreise eine Vergeudung des Materials wären und daß die Jesuiten sich zuweilen recht häßlich benommen hätten. So wird GewerbSstnn aufblühen, die bürgerlichen Interessen werden erstarken und. Publicum wird zufrieden sein. Nur ein kleiner Umstand wird seine Behaglichkeit stören. Im Faust sagt ein würdiger Seifensieder auf einem ^paziergang: Nichts Bessers weis, ich mir an Sonn- und Feiertagen, Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei, Wenn hinten weit in der Türkei Die Völker aufeinander schlagen, ^renzboten. III. i

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/353>, abgerufen am 27.07.2024.