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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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unentbehrliche Material zur Wärmeerzeugung hcrvorzuwühlen. Holz und Torf
hören auf, unsren Herden und Oefen als vornehmste Speise zu dienen, und
machen der billigen Kohle Platz. Der Chronologie nach mußte man freilich
den Torf in der culturgeschichtlichen Reihe hinter das Holz rücken. Allein
wenn man seine charakteristischen Merkmale betrachtet, ist der Torf so gut ein
auöstcrbcnder Brennstoff wie das Holz, und nur die Kohle in ihren verschiedenen
Naturformen darf für das siegreiche Feuerungsmittel der Zukunft gelten. Nur
weil die Wälder, obwol an sich von einer höher getriebenen Cultur ebenfalls
in den Begriff der Einöden und wüsten Striche zu bringen, doch der Reize
und der raschen Vortheile mehr versprechen, und daneben allgemeiner verbreitet
sind als die Moore, wagt sich die vorwärtstastende Hand des Menschen im
ganzen eher an jene als an diese. Sind aber die Nachbarlande großer Moore
von wildwachsenden Baumwuchs erst einmal soweit frei, daß der Regel nach
kein ausgewachsenes, kernhafteö Holz mehr verbrannt wird, so werden sie an
die Ausbeutung der Torflager schon mit einem Eifer gehen, der auch die tiefste
Mächtigkeit des Vorraths bald erschöpft. Zwar läßt sich ein Torfmoor bei
beständiger mäßiger Nutzung Jahrhunderte lang beinahe ebensogut wie ein Wald
erhalten; allein die Sache ist grade, daß in einem gewissen Zeitpunkt das Maß der
Nutzung überall unausbleiblich verlassen wird, weil keine anderen Brennstoffe
bei erhöhtem Bedarf billiger zu haben sind, und die Abtorfung der Moorstrecken
zudem in den Besitz culturfähigen Landes setzt.

Trotzdem wird der Torf noch einige Jahre länger als das Holz aus den
Herden derjenigen Gegenden erscheinen, denen er eigenthümlich ist. Er wird
aus der Geschichte der FeuerungSmittel erst nach dem Brennholz verschwinden,
weil er sich der Kohle in ihrem wichtigsten Vorzug dadurch nähert, daß er
halb die Breite und halb die Tiefe der Erdoberfläche ausfüllt. Aber ver¬
schwinden wird auch er vor der billigen und leicht zu befördernden Kohle-
Man sieht schon heute deutlich die Grenzen in der brennbaren Ausbeute der
Moore, während die Steinkohlenschätze des einzigen Europas unerschöpflich
scheinen. Was das Holz betrifft, so wird es in seiner natürlichen Erscheinungs¬
form nicht etwa völlig untergehen, weil es aufhören soll, künstliche Wärme z"
erzeugen. Das Ende des menschlichen Nutzholzverbrauchs ist noch nicht ab¬
zusehen, und so hat eS auch noch keine Gefahr, daß wir den köstlichen Schatten
der Wälder ganz aus der Wirklichkeit streichen müßten, von Obstbaumpflanzungen
und Lindenalleen ganz zu schweigen.

Der Forschritt der materiellen Cultur und die Alleinherrschaft der Stein¬
kohle auf unsren Herden leisten sich gegenseitig bei jedem Schritte neuen Vor¬
schub. Die Kohle, welche zuweilen sehr tief unter unsren Füßen liegt, ist ohne
Anwendung großer Capitalien meistens nicht zu heben. Um Torf oder Ho^
zu gewinnen, braucht man bekanntlich nur die Art oder den Spaten, und dazu


unentbehrliche Material zur Wärmeerzeugung hcrvorzuwühlen. Holz und Torf
hören auf, unsren Herden und Oefen als vornehmste Speise zu dienen, und
machen der billigen Kohle Platz. Der Chronologie nach mußte man freilich
den Torf in der culturgeschichtlichen Reihe hinter das Holz rücken. Allein
wenn man seine charakteristischen Merkmale betrachtet, ist der Torf so gut ein
auöstcrbcnder Brennstoff wie das Holz, und nur die Kohle in ihren verschiedenen
Naturformen darf für das siegreiche Feuerungsmittel der Zukunft gelten. Nur
weil die Wälder, obwol an sich von einer höher getriebenen Cultur ebenfalls
in den Begriff der Einöden und wüsten Striche zu bringen, doch der Reize
und der raschen Vortheile mehr versprechen, und daneben allgemeiner verbreitet
sind als die Moore, wagt sich die vorwärtstastende Hand des Menschen im
ganzen eher an jene als an diese. Sind aber die Nachbarlande großer Moore
von wildwachsenden Baumwuchs erst einmal soweit frei, daß der Regel nach
kein ausgewachsenes, kernhafteö Holz mehr verbrannt wird, so werden sie an
die Ausbeutung der Torflager schon mit einem Eifer gehen, der auch die tiefste
Mächtigkeit des Vorraths bald erschöpft. Zwar läßt sich ein Torfmoor bei
beständiger mäßiger Nutzung Jahrhunderte lang beinahe ebensogut wie ein Wald
erhalten; allein die Sache ist grade, daß in einem gewissen Zeitpunkt das Maß der
Nutzung überall unausbleiblich verlassen wird, weil keine anderen Brennstoffe
bei erhöhtem Bedarf billiger zu haben sind, und die Abtorfung der Moorstrecken
zudem in den Besitz culturfähigen Landes setzt.

Trotzdem wird der Torf noch einige Jahre länger als das Holz aus den
Herden derjenigen Gegenden erscheinen, denen er eigenthümlich ist. Er wird
aus der Geschichte der FeuerungSmittel erst nach dem Brennholz verschwinden,
weil er sich der Kohle in ihrem wichtigsten Vorzug dadurch nähert, daß er
halb die Breite und halb die Tiefe der Erdoberfläche ausfüllt. Aber ver¬
schwinden wird auch er vor der billigen und leicht zu befördernden Kohle-
Man sieht schon heute deutlich die Grenzen in der brennbaren Ausbeute der
Moore, während die Steinkohlenschätze des einzigen Europas unerschöpflich
scheinen. Was das Holz betrifft, so wird es in seiner natürlichen Erscheinungs¬
form nicht etwa völlig untergehen, weil es aufhören soll, künstliche Wärme z»
erzeugen. Das Ende des menschlichen Nutzholzverbrauchs ist noch nicht ab¬
zusehen, und so hat eS auch noch keine Gefahr, daß wir den köstlichen Schatten
der Wälder ganz aus der Wirklichkeit streichen müßten, von Obstbaumpflanzungen
und Lindenalleen ganz zu schweigen.

Der Forschritt der materiellen Cultur und die Alleinherrschaft der Stein¬
kohle auf unsren Herden leisten sich gegenseitig bei jedem Schritte neuen Vor¬
schub. Die Kohle, welche zuweilen sehr tief unter unsren Füßen liegt, ist ohne
Anwendung großer Capitalien meistens nicht zu heben. Um Torf oder Ho^
zu gewinnen, braucht man bekanntlich nur die Art oder den Spaten, und dazu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/352>, abgerufen am 08.01.2025.