Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.Publicum näher zu führen, kann uns nur willkommen sein, schon als Symptom der Noch machen wir aus eine deutsche Monatsschrift aufmerksam, die seit dem -I. Januar Französische LiteratNV. -- Mit dem 'K.Bande hat Barante seine aus¬ 30*
Publicum näher zu führen, kann uns nur willkommen sein, schon als Symptom der Noch machen wir aus eine deutsche Monatsschrift aufmerksam, die seit dem -I. Januar Französische LiteratNV. — Mit dem 'K.Bande hat Barante seine aus¬ 30*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0243" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96948"/> <p xml:id="ID_686" prev="#ID_685"> Publicum näher zu führen, kann uns nur willkommen sein, schon als Symptom der<lb/> wiedererwachenden Neigung für diese echte Poesie, die noch lange fortleben wird, wenn<lb/> der Schwulst der modernen Weltschmerzdichter lange vergessen ist, — Ferner: „Gedichte<lb/> von Alfr. Tennyson. Uebersetzt von W. Hertzberg." (Dessau, Katz.) Tennyson ist<lb/> eine hoch poetische Natur, seine Empfindungen find edel, stark und bewegt, und der Fluß<lb/> derselben melodisch. Aber er gehört zu jener Schule der Shelley, Bailey, Browning<lb/> n. s. w., die geflissentlich jeden Stil und jede Kunstform abwirft, die Gestalt und<lb/> Physiognomie in eine reizende, aber zerflossene romantische Dämmerung begräbt und sich<lb/> die unmögliche Aufgabe stellt, bloße Stimmung ohne Object zu entwickeln. Aber Ten¬<lb/> nyson ist der bedeutendste dieser Schule, und verdient wol in Deutschland näher be¬<lb/> kannt zu werden. Dem Uebersetzer ist es wenigstens theilweise gelungen (ganz ist es<lb/> bei einer so ausgedehnten'Sammlung nicht möglich), den zarten poetischen Duft des<lb/> Originals festzuhalten. — Endlich: „Rose und Distel, Poesien aus England und<lb/> Schottland, übertragen von GiSbert Joh. Vincke." (Dessau, Katz). Eine schöne<lb/> Auswahl historisch interessanter Gedichte und Volkslieder, meistens gut übersetzt; mir<lb/> hätte der Uebersetzer das bekannte Gedicht „Eward! Edward!" nicht an die Spitze stel¬<lb/> len sollen, denn die Hcrdcrsche Uebertragung ist in ihrer Einfachheit viel schöner und<lb/> ausdrucksvoller. —</p><lb/> <p xml:id="ID_687"> Noch machen wir aus eine deutsche Monatsschrift aufmerksam, die seit dem -I. Januar<lb/> d. I. in London erscheint: „Deutsches Athenäum. Zeitschrift für deutsche Litera¬<lb/> tur und Kunst." Der Leitartikel der ersten Nummer beginnt mit folgenden Worten:<lb/> „Wie verrottet und vollständig abgenutzt das ganze poetisch litterarische System Dentsch-<lb/> lands ist, wird ein jeder bemerken, der nur einigermaßen im Staude ist, unsere Ver¬<lb/> hältnisse zu verfolgen. Daß die Zeitungen jetzt sämmtlich von den Regierungen cdidirt<lb/> <M. das Wort kommt später noch einige Male vor) und geschrieben werden, kann man<lb/> unmittelbar behaupten; denn die Erbärmlichkeit der deutschen Zeitungsprcssc, mit Aus¬<lb/> nahme einiger Nord- und Westdeutschen Zeitungen, ist zu offenbar, als daß es sich<lb/> von irgend einer Seite in Frage stellen ließ. . . Die Nationalzeitung ist in<lb/> Preußen verboten, so daß die Presse jetzt in der That in Regierungsbauten ist"<lb/> u. s. w. — Wenn man erfindet, sollte man das Gesetz der Wahrscheinlichkeit beobach¬<lb/> ten, und der Redacteur einer Zeitschrift für deutsche Literatur sollte wenigstens soviel<lb/> wissen, daß die Nationalzeitung in Berlin erscheint, daß Berlin in Preußen liegt, und<lb/> daß ein Verbot sür Preußen also das Aufhören der Nationalzeitung überhaupt bedin¬<lb/> gen würde. — Uebrigens erfahren wir bereits im 3. Hefte, daß die Ansicht von der<lb/> Erbärmlichkeit der deutschen Literatur nicht über die Zeitungen hinausgeht; so werden<lb/> S. i „die Ritter vom Geist" der großartigste Roman Deutschlands genannt, ,,in wel¬<lb/> chem deutsches Leben mit großer männlicher Kraft, lebendig, geistreich und künstlerisch<lb/> dargestellt worden ist. Gutzkow hat in diesem Meisterwerk den Roman endlich in jene<lb/> Höhe gebracht, wonach wir (Göthe u. s. w.) hundert volle Jahre vergeblich gestrebt<lb/> haben." Was wollen wir also noch weiter? —</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Französische LiteratNV.</head> <p xml:id="ID_688" next="#ID_689"> — Mit dem 'K.Bande hat Barante seine aus¬<lb/> führliche und, wenigstens im ganzen, objectiv gehaltene Geschichte des Nationaleonvcnts<lb/> beendet. — Auch die vortreffliche Monographie von Charles de Remusat über<lb/> Bolingbrokc und seine Zeit hat ihre Vollendung gesunden. — Gustave Planche</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 30*</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0243]
Publicum näher zu führen, kann uns nur willkommen sein, schon als Symptom der
wiedererwachenden Neigung für diese echte Poesie, die noch lange fortleben wird, wenn
der Schwulst der modernen Weltschmerzdichter lange vergessen ist, — Ferner: „Gedichte
von Alfr. Tennyson. Uebersetzt von W. Hertzberg." (Dessau, Katz.) Tennyson ist
eine hoch poetische Natur, seine Empfindungen find edel, stark und bewegt, und der Fluß
derselben melodisch. Aber er gehört zu jener Schule der Shelley, Bailey, Browning
n. s. w., die geflissentlich jeden Stil und jede Kunstform abwirft, die Gestalt und
Physiognomie in eine reizende, aber zerflossene romantische Dämmerung begräbt und sich
die unmögliche Aufgabe stellt, bloße Stimmung ohne Object zu entwickeln. Aber Ten¬
nyson ist der bedeutendste dieser Schule, und verdient wol in Deutschland näher be¬
kannt zu werden. Dem Uebersetzer ist es wenigstens theilweise gelungen (ganz ist es
bei einer so ausgedehnten'Sammlung nicht möglich), den zarten poetischen Duft des
Originals festzuhalten. — Endlich: „Rose und Distel, Poesien aus England und
Schottland, übertragen von GiSbert Joh. Vincke." (Dessau, Katz). Eine schöne
Auswahl historisch interessanter Gedichte und Volkslieder, meistens gut übersetzt; mir
hätte der Uebersetzer das bekannte Gedicht „Eward! Edward!" nicht an die Spitze stel¬
len sollen, denn die Hcrdcrsche Uebertragung ist in ihrer Einfachheit viel schöner und
ausdrucksvoller. —
Noch machen wir aus eine deutsche Monatsschrift aufmerksam, die seit dem -I. Januar
d. I. in London erscheint: „Deutsches Athenäum. Zeitschrift für deutsche Litera¬
tur und Kunst." Der Leitartikel der ersten Nummer beginnt mit folgenden Worten:
„Wie verrottet und vollständig abgenutzt das ganze poetisch litterarische System Dentsch-
lands ist, wird ein jeder bemerken, der nur einigermaßen im Staude ist, unsere Ver¬
hältnisse zu verfolgen. Daß die Zeitungen jetzt sämmtlich von den Regierungen cdidirt
<M. das Wort kommt später noch einige Male vor) und geschrieben werden, kann man
unmittelbar behaupten; denn die Erbärmlichkeit der deutschen Zeitungsprcssc, mit Aus¬
nahme einiger Nord- und Westdeutschen Zeitungen, ist zu offenbar, als daß es sich
von irgend einer Seite in Frage stellen ließ. . . Die Nationalzeitung ist in
Preußen verboten, so daß die Presse jetzt in der That in Regierungsbauten ist"
u. s. w. — Wenn man erfindet, sollte man das Gesetz der Wahrscheinlichkeit beobach¬
ten, und der Redacteur einer Zeitschrift für deutsche Literatur sollte wenigstens soviel
wissen, daß die Nationalzeitung in Berlin erscheint, daß Berlin in Preußen liegt, und
daß ein Verbot sür Preußen also das Aufhören der Nationalzeitung überhaupt bedin¬
gen würde. — Uebrigens erfahren wir bereits im 3. Hefte, daß die Ansicht von der
Erbärmlichkeit der deutschen Literatur nicht über die Zeitungen hinausgeht; so werden
S. i „die Ritter vom Geist" der großartigste Roman Deutschlands genannt, ,,in wel¬
chem deutsches Leben mit großer männlicher Kraft, lebendig, geistreich und künstlerisch
dargestellt worden ist. Gutzkow hat in diesem Meisterwerk den Roman endlich in jene
Höhe gebracht, wonach wir (Göthe u. s. w.) hundert volle Jahre vergeblich gestrebt
haben." Was wollen wir also noch weiter? —
Französische LiteratNV. — Mit dem 'K.Bande hat Barante seine aus¬
führliche und, wenigstens im ganzen, objectiv gehaltene Geschichte des Nationaleonvcnts
beendet. — Auch die vortreffliche Monographie von Charles de Remusat über
Bolingbrokc und seine Zeit hat ihre Vollendung gesunden. — Gustave Planche
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