Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.Ob es als gutes oder böses Omen für die kommenden Dinge zu deuten ist, Nachgelassene Schriften von Anselm Feuerbach. i> Bde. Braunschweig, Bieweg und Sohn. Anselm Feuerbach war der älteste Sohn des berühmten Juristen, der Bruder Ob es als gutes oder böses Omen für die kommenden Dinge zu deuten ist, Nachgelassene Schriften von Anselm Feuerbach. i> Bde. Braunschweig, Bieweg und Sohn. Anselm Feuerbach war der älteste Sohn des berühmten Juristen, der Bruder <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0198" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96903"/> <p xml:id="ID_533"> Ob es als gutes oder böses Omen für die kommenden Dinge zu deuten ist,<lb/> daß es seil 24 Stunden in den oberen Schichten der Atmosphäre heult und<lb/> braust? Ein wahrer Wirbelsturm weht ohne Unterlaß über Stambul her, und<lb/> läßt, dem bloßen Auge von meiner Wohnung aus sichtbar, die Wellen der Pro-<lb/> pontis hoch nud schäumend am Gestade von Skutari zerschellen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Nachgelassene Schriften von Anselm Feuerbach.</head><lb/> <p xml:id="ID_534"> i> Bde. Braunschweig, Bieweg und Sohn.</p><lb/> <p xml:id="ID_535" next="#ID_536"> Anselm Feuerbach war der älteste Sohn des berühmten Juristen, der Bruder<lb/> des ebenso berühmten Philosophen Ludwig Feuerbach. Er war 1798 geboren<lb/> und hatte von der frühesten Zeit ein großes Interesse am Alterthum und nament¬<lb/> lich an der alten Kunst genommen. Ans der Universität Erlangen verfiel er durch<lb/> den Einfluß Kanne'S einer phantastisch-mystischen Richtung. Er trat zum Stu-<lb/> dium der Theologie über und vertiefte sich in ein krankhaftes Grübeln. „Kanne's<lb/> Vorträge waren mit vielem Geist und einem großen Apparat von Sprachgelehr-<lb/> samkcit ausgestattet. Dies, sowie Anselm's ganzes, sarkastisches und tief gemüth¬<lb/> liches Wesen, in Verbindung mit dem, durch die Dichter jener Zeit angeregten,<lb/> romantischen Geiste, der-sich überhaupt damals der deutschen Jngend bemächtigt<lb/> und sie für die Mystik empfänglicher gemacht hatte, dies Alles erklärte den mäch¬<lb/> tigen Einfluß, welchen Kanne ans Anselm's Geistes- und Scelenstimung ausübte.<lb/> Kanne rühmte sich sogar persönlicher Erscheinungen des Heilandes, und eiferte<lb/> seine Schüler an, sich desselben Glückes theilhaftig zu machen. So durchwachte<lb/> der arme Jüngling nun in wahnsinnigen Gebeten die Nächte, auf Erscheinungen und<lb/> Offenbarungen harrend, die er dem Himmel abringen zu müssen glaubte. Sein gan¬<lb/> zes Leben und Streben erschien ihm auf einmal in verdammenswerthen Lichte."<lb/> Diese religiöse Stimmung ging endlich in eine wirkliche Krankheit aus, und<lb/> namentlich durch deu Einfluß der Frau Elise von der Recke und ihres Freundes, des<lb/> Dichters Tiedge, wurde der Jüngling der Vernunft und dem Studium der Philo¬<lb/> logie wieder zugeführt. Ju Heidelberg, wo er seit 1820 studirte, übte namentlich<lb/> Schlosser einen großen Einfluß auf ihn ans, 182S erlangte er eine Anstellung<lb/> am Gymnasium zu Speier und wirkte dort ans eine sehr verdienstliche Weise, ob¬<lb/> gleich sein Leben durch beständige Krankheit, durch lästige Berufsgeschäfte, durch den<lb/> Tod seiner Frau und ähnliche Umstände getrübt wurde. 1833 erschien sein Haupt¬<lb/> werk, der „Vatikanische Apollo", eine archäologische Abhandlung, die einen<lb/> sehr großen Anklang fand und infolge deren er 1836 als Professor nach Freiburg<lb/> berufen wurde. 1839 gelang es ihm, ein lange mit der größten Sehnsucht ge¬<lb/> hegtes Vorhaben, die Reise nach Italien, auszuführen. Er brachte von dort ans</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0198]
Ob es als gutes oder böses Omen für die kommenden Dinge zu deuten ist,
daß es seil 24 Stunden in den oberen Schichten der Atmosphäre heult und
braust? Ein wahrer Wirbelsturm weht ohne Unterlaß über Stambul her, und
läßt, dem bloßen Auge von meiner Wohnung aus sichtbar, die Wellen der Pro-
pontis hoch nud schäumend am Gestade von Skutari zerschellen.
Nachgelassene Schriften von Anselm Feuerbach.
i> Bde. Braunschweig, Bieweg und Sohn.
Anselm Feuerbach war der älteste Sohn des berühmten Juristen, der Bruder
des ebenso berühmten Philosophen Ludwig Feuerbach. Er war 1798 geboren
und hatte von der frühesten Zeit ein großes Interesse am Alterthum und nament¬
lich an der alten Kunst genommen. Ans der Universität Erlangen verfiel er durch
den Einfluß Kanne'S einer phantastisch-mystischen Richtung. Er trat zum Stu-
dium der Theologie über und vertiefte sich in ein krankhaftes Grübeln. „Kanne's
Vorträge waren mit vielem Geist und einem großen Apparat von Sprachgelehr-
samkcit ausgestattet. Dies, sowie Anselm's ganzes, sarkastisches und tief gemüth¬
liches Wesen, in Verbindung mit dem, durch die Dichter jener Zeit angeregten,
romantischen Geiste, der-sich überhaupt damals der deutschen Jngend bemächtigt
und sie für die Mystik empfänglicher gemacht hatte, dies Alles erklärte den mäch¬
tigen Einfluß, welchen Kanne ans Anselm's Geistes- und Scelenstimung ausübte.
Kanne rühmte sich sogar persönlicher Erscheinungen des Heilandes, und eiferte
seine Schüler an, sich desselben Glückes theilhaftig zu machen. So durchwachte
der arme Jüngling nun in wahnsinnigen Gebeten die Nächte, auf Erscheinungen und
Offenbarungen harrend, die er dem Himmel abringen zu müssen glaubte. Sein gan¬
zes Leben und Streben erschien ihm auf einmal in verdammenswerthen Lichte."
Diese religiöse Stimmung ging endlich in eine wirkliche Krankheit aus, und
namentlich durch deu Einfluß der Frau Elise von der Recke und ihres Freundes, des
Dichters Tiedge, wurde der Jüngling der Vernunft und dem Studium der Philo¬
logie wieder zugeführt. Ju Heidelberg, wo er seit 1820 studirte, übte namentlich
Schlosser einen großen Einfluß auf ihn ans, 182S erlangte er eine Anstellung
am Gymnasium zu Speier und wirkte dort ans eine sehr verdienstliche Weise, ob¬
gleich sein Leben durch beständige Krankheit, durch lästige Berufsgeschäfte, durch den
Tod seiner Frau und ähnliche Umstände getrübt wurde. 1833 erschien sein Haupt¬
werk, der „Vatikanische Apollo", eine archäologische Abhandlung, die einen
sehr großen Anklang fand und infolge deren er 1836 als Professor nach Freiburg
berufen wurde. 1839 gelang es ihm, ein lange mit der größten Sehnsucht ge¬
hegtes Vorhaben, die Reise nach Italien, auszuführen. Er brachte von dort ans
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