Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.Ich hatte noch nicht Gelegenheit, Ihnen von dem kleinen Unfälle zu melden, Die Witterung ist heiß und auch bei Nacht sinkt das Thermometer (Neau- In den wirklichen Staatsgeschäften haben wir einige Zeit Muße gehabt, Wir sind gewiß sehr damit zufrieden, daß der preußische Staat seine große Grenzboten. III. 48S3. 63
Ich hatte noch nicht Gelegenheit, Ihnen von dem kleinen Unfälle zu melden, Die Witterung ist heiß und auch bei Nacht sinkt das Thermometer (Neau- In den wirklichen Staatsgeschäften haben wir einige Zeit Muße gehabt, Wir sind gewiß sehr damit zufrieden, daß der preußische Staat seine große Grenzboten. III. 48S3. 63
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Ich hatte noch nicht Gelegenheit, Ihnen von dem kleinen Unfälle zu melden,
der dem zur Reparatur hierher gesendeten französischen Dreidecker passirt ist. Der
„Friedland" war ins Dock gebracht worden. Während der Herausschaffung des
Wassers hatte man das auf dem Kiel gründende Schiff abgesteift (mit Streben
gestützt) und glaubte die Reparatur vornehmen zu können, als ein Windstoß
das ungeheure Gebäude aus der Balance warf, die Streben wie Rohr zerbrachen
und der Dreidecker auf die Seite stürzte. Hierdurch ist der Schaden viel größer
geworden, als er zu Anfang war. Uebrigens liegt das Linienschiff jetzt bereits
wieder im innern Hase» und schickt sich an, ehestens wieder ins Dock zu gehen.
Es wird sich zu dem Ende vorerst aber noch bedentend erleichtern.
Die Witterung ist heiß und auch bei Nacht sinkt das Thermometer (Neau-
murscher Scala) nicht unter 20 Grad. Wir hatten Nächte, in denen es sich
auf noch höherem Standpunkte erhielt. Mit dieser Glut verglichen war der An¬
fang dieses Monats kühl zu nennen. Dennoch ist die Vegetation üppig, und
die vielen Glasfläche» zeigen sich minder verbrannt, wie in andern Jahren, wo
eine andauernde Hitze herrschte. Im Publicum redet man viel von Eisenbahn-
projecten, nud es ist gewiß, daß nach Ablauf der politischen Krisis hier eine
Epoche von großer industrieller Unternehmungslust beginnen wird.
In den wirklichen Staatsgeschäften haben wir einige Zeit Muße gehabt,
da die große Frage, welche gegenwärtig ganz Europa bewegt, in Berlin wol
kaum gefordert werden könnte. Wir haben die Zeit theils zum Ausdruck unserer
Sympathien, theils zu kleinen Intriguen benutzt.
Wir sind gewiß sehr damit zufrieden, daß der preußische Staat seine große
Vorzeit nicht vergißt; wir wünschten im Gegentheil, daß er sich lebhafter und
dauernder daran erinnern möchte. Gewiß waren sowol die Tage der Schlacht bei
Roßbach, als der Schlacht bei Großbeeren Tage unvergänglichen Ruhmes für
unser Volk, und es ist erhebend für jedes preußische Gefühl, daß, wenn auch
nur im Spiel, das Bild jener glorreichen Vergangenheit uns wieder aufgeht;
aber wir finden die bestimmten Sympathien, die man in diesem Augenblick damit
ausdrückt, wenigstens einseitig. Als wir bei Roßbach die Franzosen schlugen,
hatten wir es zugleich mit den Russen und Oestreichern zu thun, und wenn wir
auch mit Recht diejenigen Erinnerungen schlummern lassen, die jene beiden Staa¬
ten, nachmals unsere treuen Verbündeten, kränken könnten, wenigstens es ver¬
meiden, diejenige Seite an ihnen hervorzuheben, die eine solche Kränkung ver¬
anlassen könnte, so ist doch wenigstens gegenwärtig kein Grund vorhanden, grade
Grenzboten. III. 48S3. 63
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