Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.^ Es ist lange her, daß ich keine Botschaft gesendet habe. Warum anch kleine ^ Es ist lange her, daß ich keine Botschaft gesendet habe. Warum anch kleine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0148" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96323"/> </div> <div n="1"> <head> ^</head><lb/> <p xml:id="ID_470" next="#ID_471"> Es ist lange her, daß ich keine Botschaft gesendet habe. Warum anch kleine<lb/> Interessen niederschreiben, während die Welt das Ohr an den Boden legt, um<lb/> dem ersten Kanonenschuß am Bosporus zu lauschen? Vorüber sind die Zeiten,<lb/> wo die Türkei noch weit hinten lag; sie liegt jetzt unmittelbar vor den Donan-<lb/> mündungcn, diese vor unserem Markt. Vom Ministertische der baierischen Kam¬<lb/> mer ists anch schon oft versichert worden, die Donau sei dem süddeutschen —<lb/> man sagte der Kürze halber: deutschen — Lebe» viel wichtiger, als der Rhein;<lb/> an ihren Usern lägen viel ungehobelte Schätze des Ostens und Oestreich halte<lb/> ihre Mündungen männiglich geöffnet. An den baierischen Volksvertretern liegts<lb/> anch nicht, daß trotzdem die Actien des Main-Donankanals weniger gelten, als<lb/> zu Karl des Großen Zeiten, und daß die baierische Douandampfschiffahrt mir im¬<lb/> mer Dividenden aus den Scckeln der Steuerpflichtigen zieht. Wie viel weniger<lb/> mag die Nachricht jener Frankfurter Correspondenz einer officiösen Zeitung be¬<lb/> zweifelt werden, welche uns versichert, daß der Bundestag deshalb keine Ferien<lb/> halten könne, weil er bei, der Lösung der orientalischen Frage am Platze sein<lb/> müsse. Laut sagts auch kein Mensch, daß dies genau wie die Kathedererinnerung<lb/> eines diplomatistrenden Kopfes klingt; aber im Vertrauen darf mans schon sagen,<lb/> daß sogar sehr ernste Staatsmänner herzlich darüber gelacht haben. Wahr<lb/> bleibts dagegen, daß die BundeötagSferien wahrscheinlich nnr kurze Wochen dauern<lb/> werden, wenn auch nicht grade der orientalischen Frage halber. Der Bundestag<lb/> würde schwerlich ein Votum gegen die friedliche Occupirung der Donanmündun-<lb/> gen durch eine Besetzung der Donaufürstenthümer mit russischen Armeen abgeben.<lb/> Er könnte allenfalls nur die Aufstellung eines östreichischen Bevbachtnugsheeres<lb/> gutheißen, um später der Eiureichung einer Liquidation entgegenzusehen, welche<lb/> nzit viel besserem Rechte die deutsche Steuerpflichtigkeit in Anspruch nehmen könnte,<lb/> als jene von 106 Millionen Fi. für die ungarischen, galizischen, croatische»,<lb/> venetianisch-lombardischen, Prager und Wiener Kämpfe und für den sardinischen<lb/> Krieg. Eine solche Ausdehnung der Bnndesbefugniß ist für praktische Leute nicht<lb/> eben wünschenswerth, so lange sie nnr Pflichten und Verpflichtungen, aber kein<lb/> Recht und keine Macht erzengen soll. Schon die jetzige Millioneuliquidativn<lb/> Oestreichs drückt schwer genng. Wenn die östreichische Korrespondenz versichert,<lb/> Oestreich habe jene 106 Millionen nicht zur Liquidation angemeldet, so weiß doch<lb/> jedermann, daß damit der Wahrheit ein Schnippchen geschlagen wird. Oestreich<lb/> hatte zuerst die Berechnung dcukschriftlich aufgestellt, »in die von ihm vorgeschla¬<lb/> gene summarische Kompensation aller militärischen Anstrengungen der Bundes-<lb/> staaten in den Jahren 1848 und 1849 plausibel einzuführen. Aber nachdem der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0148]
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Es ist lange her, daß ich keine Botschaft gesendet habe. Warum anch kleine
Interessen niederschreiben, während die Welt das Ohr an den Boden legt, um
dem ersten Kanonenschuß am Bosporus zu lauschen? Vorüber sind die Zeiten,
wo die Türkei noch weit hinten lag; sie liegt jetzt unmittelbar vor den Donan-
mündungcn, diese vor unserem Markt. Vom Ministertische der baierischen Kam¬
mer ists anch schon oft versichert worden, die Donau sei dem süddeutschen —
man sagte der Kürze halber: deutschen — Lebe» viel wichtiger, als der Rhein;
an ihren Usern lägen viel ungehobelte Schätze des Ostens und Oestreich halte
ihre Mündungen männiglich geöffnet. An den baierischen Volksvertretern liegts
anch nicht, daß trotzdem die Actien des Main-Donankanals weniger gelten, als
zu Karl des Großen Zeiten, und daß die baierische Douandampfschiffahrt mir im¬
mer Dividenden aus den Scckeln der Steuerpflichtigen zieht. Wie viel weniger
mag die Nachricht jener Frankfurter Correspondenz einer officiösen Zeitung be¬
zweifelt werden, welche uns versichert, daß der Bundestag deshalb keine Ferien
halten könne, weil er bei, der Lösung der orientalischen Frage am Platze sein
müsse. Laut sagts auch kein Mensch, daß dies genau wie die Kathedererinnerung
eines diplomatistrenden Kopfes klingt; aber im Vertrauen darf mans schon sagen,
daß sogar sehr ernste Staatsmänner herzlich darüber gelacht haben. Wahr
bleibts dagegen, daß die BundeötagSferien wahrscheinlich nnr kurze Wochen dauern
werden, wenn auch nicht grade der orientalischen Frage halber. Der Bundestag
würde schwerlich ein Votum gegen die friedliche Occupirung der Donanmündun-
gen durch eine Besetzung der Donaufürstenthümer mit russischen Armeen abgeben.
Er könnte allenfalls nur die Aufstellung eines östreichischen Bevbachtnugsheeres
gutheißen, um später der Eiureichung einer Liquidation entgegenzusehen, welche
nzit viel besserem Rechte die deutsche Steuerpflichtigkeit in Anspruch nehmen könnte,
als jene von 106 Millionen Fi. für die ungarischen, galizischen, croatische»,
venetianisch-lombardischen, Prager und Wiener Kämpfe und für den sardinischen
Krieg. Eine solche Ausdehnung der Bnndesbefugniß ist für praktische Leute nicht
eben wünschenswerth, so lange sie nnr Pflichten und Verpflichtungen, aber kein
Recht und keine Macht erzengen soll. Schon die jetzige Millioneuliquidativn
Oestreichs drückt schwer genng. Wenn die östreichische Korrespondenz versichert,
Oestreich habe jene 106 Millionen nicht zur Liquidation angemeldet, so weiß doch
jedermann, daß damit der Wahrheit ein Schnippchen geschlagen wird. Oestreich
hatte zuerst die Berechnung dcukschriftlich aufgestellt, »in die von ihm vorgeschla¬
gene summarische Kompensation aller militärischen Anstrengungen der Bundes-
staaten in den Jahren 1848 und 1849 plausibel einzuführen. Aber nachdem der
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