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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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welche der demokratische Bonapartismus in Frankreich für sich hat, indem sie
Zugeständnisse macht, welche Napoleon I. niemals gebilligt haben würde. Was
geschieht? Der Cleruü, der den Untergang der Welt prophezeiht, weil die Au¬
torität "ut Hierarchie ihren Credit im Geiste und Herzen des moderne" Staates
verloren, giebt nnn selbst das Beispiel innerer Zwietracht und Auflösung, Hohe
Prälaten streiten sich in den wichtigsten Angelegenheiten ihres Berufs herum, wie
die Redner einer gesetzgebenden Versammlung, so selbst darthnend, daß selbst
die abgeschlossene Priesterkaste nicht außerhalb ihrer Zeit stehen kann, Sie wol¬
len das Unmögliche, weil sie Zustände wieder herbeizuführen suchen, welche kei¬
nerlei Boden und ganz verdorrte Wurzeln haben. Der Erzbischof von Paris
und die andern Bischöfe mögen gute Höflinge sein können, aber sie sind nicht
mehr so subordiuatiouSfähig, wie sie es im eigenen Interesse sein mußten.

Die Regierung läßt das geschehen, denn auch sie ist nicht cvnscgucut genug
in ihrem Streben, sie kann es auch nicht sein, weil sie trotz aller Concessionen
nicht unbedingt auf den französischen Clerus zähle" darf. Ihre nächste Sorge ist
jetzt, dem neuen Gebäude durch die Salbung vom Papste die letzte Weihe zu
verleihen, und die Kathedrale von Notre-Dame soll auch schou in einigen Tagen
für diese letzte Feierlichkeit hergerichtet werden. Wir wissen nicht, ob der Papst,
wie es heißt, seine Hierhcrlnnft zugesagt habe, allein es ist gewiß, daß die Re¬
gierung in Wien und in Rom Alles gethan, um ihren Willen durchzusetzen.
Wir sagen bei dieser Gelegenheit, was wir bei Gelegenheit der Kaiserproclama-
tion und bei Gelegenheit der Heirath gesagt -- von ihrem Standpunkte ans
begingen der Kaiser von Oestreich sowol als der Papst einen groben Fehler,
wenn sie sich in den Wunsch der frauzöstscheu Regierung nicht fügte".

Ponsard's neues Lustspiel in Versen und in fünf Akten ist gestern zum ersten
Male zur Ausführung gekommen. Es soll, so viel nur vou allen Seiten gesagt
wird, sehr gefallen haben. Ich selbst konnte der ersten Vorstellung nicht bei¬
wohnen und muß daher mein Urtheil ans nächstens versparen. Madame George
Sand ist vom Lande hereingekommen, um sich mit der Direction der Gymnase
über die Aufführung eines neuen Lustspiels zu verständigen, doch wird Angler's
Stück zunächst über diese Bühne gehen. Die Eröffnung der Kunstausstellung ist
auf den 15. Mai verschoben worden.


Der Verfassnngskampf in Spanien.

Die Cortes sind am i. März
in Madrid zusammengetreten und die Opposition hat sofort in beiden Häusern,
namentlich aber im Senat, ihre Angriffe auf das Ministerium Noucali mit einer
Heftigkeit und Energie begonnen, die "ach den neuesten Nachrichten die Stellung
des Ccibiuets bereits gefährdet zu haben scheinen. Das Parlament wurde ohne
Thronrede durch Verlesung einer Königl. Ordonnanz seitens des Ministerpräsi-
'enden eröffnet. Der Kongreß ernannte unter Leitung des Alterspräsidenten die


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welche der demokratische Bonapartismus in Frankreich für sich hat, indem sie
Zugeständnisse macht, welche Napoleon I. niemals gebilligt haben würde. Was
geschieht? Der Cleruü, der den Untergang der Welt prophezeiht, weil die Au¬
torität »ut Hierarchie ihren Credit im Geiste und Herzen des moderne» Staates
verloren, giebt nnn selbst das Beispiel innerer Zwietracht und Auflösung, Hohe
Prälaten streiten sich in den wichtigsten Angelegenheiten ihres Berufs herum, wie
die Redner einer gesetzgebenden Versammlung, so selbst darthnend, daß selbst
die abgeschlossene Priesterkaste nicht außerhalb ihrer Zeit stehen kann, Sie wol¬
len das Unmögliche, weil sie Zustände wieder herbeizuführen suchen, welche kei¬
nerlei Boden und ganz verdorrte Wurzeln haben. Der Erzbischof von Paris
und die andern Bischöfe mögen gute Höflinge sein können, aber sie sind nicht
mehr so subordiuatiouSfähig, wie sie es im eigenen Interesse sein mußten.

Die Regierung läßt das geschehen, denn auch sie ist nicht cvnscgucut genug
in ihrem Streben, sie kann es auch nicht sein, weil sie trotz aller Concessionen
nicht unbedingt auf den französischen Clerus zähle» darf. Ihre nächste Sorge ist
jetzt, dem neuen Gebäude durch die Salbung vom Papste die letzte Weihe zu
verleihen, und die Kathedrale von Notre-Dame soll auch schou in einigen Tagen
für diese letzte Feierlichkeit hergerichtet werden. Wir wissen nicht, ob der Papst,
wie es heißt, seine Hierhcrlnnft zugesagt habe, allein es ist gewiß, daß die Re¬
gierung in Wien und in Rom Alles gethan, um ihren Willen durchzusetzen.
Wir sagen bei dieser Gelegenheit, was wir bei Gelegenheit der Kaiserproclama-
tion und bei Gelegenheit der Heirath gesagt — von ihrem Standpunkte ans
begingen der Kaiser von Oestreich sowol als der Papst einen groben Fehler,
wenn sie sich in den Wunsch der frauzöstscheu Regierung nicht fügte».

Ponsard's neues Lustspiel in Versen und in fünf Akten ist gestern zum ersten
Male zur Ausführung gekommen. Es soll, so viel nur vou allen Seiten gesagt
wird, sehr gefallen haben. Ich selbst konnte der ersten Vorstellung nicht bei¬
wohnen und muß daher mein Urtheil ans nächstens versparen. Madame George
Sand ist vom Lande hereingekommen, um sich mit der Direction der Gymnase
über die Aufführung eines neuen Lustspiels zu verständigen, doch wird Angler's
Stück zunächst über diese Bühne gehen. Die Eröffnung der Kunstausstellung ist
auf den 15. Mai verschoben worden.


Der Verfassnngskampf in Spanien.

Die Cortes sind am i. März
in Madrid zusammengetreten und die Opposition hat sofort in beiden Häusern,
namentlich aber im Senat, ihre Angriffe auf das Ministerium Noucali mit einer
Heftigkeit und Energie begonnen, die »ach den neuesten Nachrichten die Stellung
des Ccibiuets bereits gefährdet zu haben scheinen. Das Parlament wurde ohne
Thronrede durch Verlesung einer Königl. Ordonnanz seitens des Ministerpräsi-
'enden eröffnet. Der Kongreß ernannte unter Leitung des Alterspräsidenten die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/523>, abgerufen am 26.12.2024.