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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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des Hrn. v. Prokesch-Osten, die bedenkliche Wendung der österreichisch-preuß.
Zollverhandlungen, die berufenen Prvgrammartikel der N. Münchener Ztg. --
Alles deutet darauf hin, daß wir in Gefahr stehen, wieder in die tiefsten Wirbel
jener Unsicherheit und Verwirrung zurückgestoßen zu werde", deren alllähmende
Kraft just am Jahreswechsel gebrochen schien. Die gesellschaftlichen Einflüsse der
offiziellen Vertreter aller gegensätzlichen Systeme und Prinzipien im und beim
Bundestage empfinden sich aber in so engen Verhältnissen, wie die unserigen,
wenn man auch im größer" Publicum ihrer Quellen sich nickt genau bewußt
wird. Es liegt ein Reisbaues über Allem, was sich Gesellschaft nennt, und wenn
auch die Feusier glänzend in die Nacht hinauöleuchten, die Equipagen rollen, die
Stickereien der Galauniformen blitzen und z" dem Diamantenschmuck der Damen
sogar noch Goldflittern im Haar und an den Roben verstreut sind - die Cere¬
monien machen kein Gesellschaftsleben. Da hatte nun wohl die Allg. Zeitung
Recht, wenn sie die Salons des prcnß. Gesandten v. Bismark-Schönhausen als
den "Glanzpunkt" der diesjährigen Saison bekennen mußte. Doch sind sie es
nicht nur wegen des Glanzes und eleganten Arrangements, Ueberflnßcs und feiner
Auswahl der Erfrischungen, prächtiger Toiletten und guter Musik. Deal dies Alles
ist der Frankfurter Reichthum gewohnt. Weniger gewohnt war man dagegen bis¬
her, Wissenschaft und Kunst als eben so gute Zntrittsberechtignngen in die Kreise
der "hohen Gesellschaft" anzusehen, wie Geld, Ahnen und Rang. Vorderhand
stehen in dieser Beziehung die Soireen im preuß. Gesaudtschaftshotel in jenen
Kreisen noch ohne Milbewerbung da. Auch der französische Gesandte hat seinem
ersten Auftreten ans gänzlicher gesellschaftlichen Zurückgezogenheit diesen zwar
nicht schimmernden, aber wohlthuenden und belebenden Glanz beizufügen nicht
für nöthig erachtet. Unterdessen hat sich aber das Publikum des "Tannhäusers"
bemächtigt, um ein Interesse zu gewinnen. Doch davon ein anderes Mal.


Eine geheimnißvolle Erscheinung auf dem euro¬
päischen Geldmarkt. Zu einer Zeit, wo in Europa und Amerika allgemeine
Besorgnis! herrscht, daß der Ueberfluß der neuentdeckten Goldmassen den Werth der
edlen Metalle drücken und folglich den Werth anderer Gegenstände heben wird, in
einer Zeit, wo nach Schätzung der englische" Geldmänner an fünfzig Millionen
Pf. Se. nen entdecktes Gold auf den Markt und in die Münze" geworfen sind,
nach einem Jahre allgemeine" Friedens und großer Blüthe des Handels auf der
ganzen <?rde, ist plötzlich eine Erscheinung eingetreten, so widersprechend allen
Erfahrungen des Handels ""d so merkwürdig, daß sie den erfahrensten Ban¬
quiers außerordentlich und "".erklärlich dünkt. Es zeigt sich plötzlich statt des
vorausgesetzten Ueberflusses a" Gelo el" nngewöhnlicker und drohender Mangel
a" edlem Metall. Seit dem August vorigen Jahres sind ans der Bank von


des Hrn. v. Prokesch-Osten, die bedenkliche Wendung der österreichisch-preuß.
Zollverhandlungen, die berufenen Prvgrammartikel der N. Münchener Ztg. —
Alles deutet darauf hin, daß wir in Gefahr stehen, wieder in die tiefsten Wirbel
jener Unsicherheit und Verwirrung zurückgestoßen zu werde», deren alllähmende
Kraft just am Jahreswechsel gebrochen schien. Die gesellschaftlichen Einflüsse der
offiziellen Vertreter aller gegensätzlichen Systeme und Prinzipien im und beim
Bundestage empfinden sich aber in so engen Verhältnissen, wie die unserigen,
wenn man auch im größer» Publicum ihrer Quellen sich nickt genau bewußt
wird. Es liegt ein Reisbaues über Allem, was sich Gesellschaft nennt, und wenn
auch die Feusier glänzend in die Nacht hinauöleuchten, die Equipagen rollen, die
Stickereien der Galauniformen blitzen und z» dem Diamantenschmuck der Damen
sogar noch Goldflittern im Haar und an den Roben verstreut sind - die Cere¬
monien machen kein Gesellschaftsleben. Da hatte nun wohl die Allg. Zeitung
Recht, wenn sie die Salons des prcnß. Gesandten v. Bismark-Schönhausen als
den „Glanzpunkt" der diesjährigen Saison bekennen mußte. Doch sind sie es
nicht nur wegen des Glanzes und eleganten Arrangements, Ueberflnßcs und feiner
Auswahl der Erfrischungen, prächtiger Toiletten und guter Musik. Deal dies Alles
ist der Frankfurter Reichthum gewohnt. Weniger gewohnt war man dagegen bis¬
her, Wissenschaft und Kunst als eben so gute Zntrittsberechtignngen in die Kreise
der „hohen Gesellschaft" anzusehen, wie Geld, Ahnen und Rang. Vorderhand
stehen in dieser Beziehung die Soireen im preuß. Gesaudtschaftshotel in jenen
Kreisen noch ohne Milbewerbung da. Auch der französische Gesandte hat seinem
ersten Auftreten ans gänzlicher gesellschaftlichen Zurückgezogenheit diesen zwar
nicht schimmernden, aber wohlthuenden und belebenden Glanz beizufügen nicht
für nöthig erachtet. Unterdessen hat sich aber das Publikum des „Tannhäusers"
bemächtigt, um ein Interesse zu gewinnen. Doch davon ein anderes Mal.


Eine geheimnißvolle Erscheinung auf dem euro¬
päischen Geldmarkt. Zu einer Zeit, wo in Europa und Amerika allgemeine
Besorgnis! herrscht, daß der Ueberfluß der neuentdeckten Goldmassen den Werth der
edlen Metalle drücken und folglich den Werth anderer Gegenstände heben wird, in
einer Zeit, wo nach Schätzung der englische» Geldmänner an fünfzig Millionen
Pf. Se. nen entdecktes Gold auf den Markt und in die Münze» geworfen sind,
nach einem Jahre allgemeine» Friedens und großer Blüthe des Handels auf der
ganzen <?rde, ist plötzlich eine Erscheinung eingetreten, so widersprechend allen
Erfahrungen des Handels »»d so merkwürdig, daß sie den erfahrensten Ban¬
quiers außerordentlich und »».erklärlich dünkt. Es zeigt sich plötzlich statt des
vorausgesetzten Ueberflusses a» Gelo el» nngewöhnlicker und drohender Mangel
a» edlem Metall. Seit dem August vorigen Jahres sind ans der Bank von


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[0303] des Hrn. v. Prokesch-Osten, die bedenkliche Wendung der österreichisch-preuß. Zollverhandlungen, die berufenen Prvgrammartikel der N. Münchener Ztg. — Alles deutet darauf hin, daß wir in Gefahr stehen, wieder in die tiefsten Wirbel jener Unsicherheit und Verwirrung zurückgestoßen zu werde», deren alllähmende Kraft just am Jahreswechsel gebrochen schien. Die gesellschaftlichen Einflüsse der offiziellen Vertreter aller gegensätzlichen Systeme und Prinzipien im und beim Bundestage empfinden sich aber in so engen Verhältnissen, wie die unserigen, wenn man auch im größer» Publicum ihrer Quellen sich nickt genau bewußt wird. Es liegt ein Reisbaues über Allem, was sich Gesellschaft nennt, und wenn auch die Feusier glänzend in die Nacht hinauöleuchten, die Equipagen rollen, die Stickereien der Galauniformen blitzen und z» dem Diamantenschmuck der Damen sogar noch Goldflittern im Haar und an den Roben verstreut sind - die Cere¬ monien machen kein Gesellschaftsleben. Da hatte nun wohl die Allg. Zeitung Recht, wenn sie die Salons des prcnß. Gesandten v. Bismark-Schönhausen als den „Glanzpunkt" der diesjährigen Saison bekennen mußte. Doch sind sie es nicht nur wegen des Glanzes und eleganten Arrangements, Ueberflnßcs und feiner Auswahl der Erfrischungen, prächtiger Toiletten und guter Musik. Deal dies Alles ist der Frankfurter Reichthum gewohnt. Weniger gewohnt war man dagegen bis¬ her, Wissenschaft und Kunst als eben so gute Zntrittsberechtignngen in die Kreise der „hohen Gesellschaft" anzusehen, wie Geld, Ahnen und Rang. Vorderhand stehen in dieser Beziehung die Soireen im preuß. Gesaudtschaftshotel in jenen Kreisen noch ohne Milbewerbung da. Auch der französische Gesandte hat seinem ersten Auftreten ans gänzlicher gesellschaftlichen Zurückgezogenheit diesen zwar nicht schimmernden, aber wohlthuenden und belebenden Glanz beizufügen nicht für nöthig erachtet. Unterdessen hat sich aber das Publikum des „Tannhäusers" bemächtigt, um ein Interesse zu gewinnen. Doch davon ein anderes Mal. Eine geheimnißvolle Erscheinung auf dem euro¬ päischen Geldmarkt. Zu einer Zeit, wo in Europa und Amerika allgemeine Besorgnis! herrscht, daß der Ueberfluß der neuentdeckten Goldmassen den Werth der edlen Metalle drücken und folglich den Werth anderer Gegenstände heben wird, in einer Zeit, wo nach Schätzung der englische» Geldmänner an fünfzig Millionen Pf. Se. nen entdecktes Gold auf den Markt und in die Münze» geworfen sind, nach einem Jahre allgemeine» Friedens und großer Blüthe des Handels auf der ganzen <?rde, ist plötzlich eine Erscheinung eingetreten, so widersprechend allen Erfahrungen des Handels »»d so merkwürdig, daß sie den erfahrensten Ban¬ quiers außerordentlich und »».erklärlich dünkt. Es zeigt sich plötzlich statt des vorausgesetzten Ueberflusses a» Gelo el» nngewöhnlicker und drohender Mangel a» edlem Metall. Seit dem August vorigen Jahres sind ans der Bank von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/303>, abgerufen am 26.12.2024.