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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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beitrag für die größten gesellschaftliche" Annehmlichkeiten nicht zu theuer findet.
Ohne Unterschied des politische", religiöse" "ut finanzielle" Bekenntnisses sind
Großjährigkeit und Ehrenhaftigkeit die einzigen Vorbedingungen des Eintritts, wel¬
chen erst neuerdings eine Ballotage controlirt. Daß dieselbe zufällig einmal gegen
eine Persönlichkeit entschied, welche allerdings die Großjährigkeit bis zum Pensions-
alter überschritten hat, mag vielleicht die Veranlassung zu einem empörend calnm-
uiatorischeu Artikel über diese Gesellschaft im ultramontane" "Mainzer Journal"
gegeben haben, dessen Vaterstadt mit ihrer ttluxiliuim; ^mxllrlcm!^', freilich keines¬
wegs ohne Einfluß auf die ehrenhaften Beweggründe der Abstimmung geblieben
war, welche dem Aspiranten die Aufnahme versagte.

Die Weltverhältnisse, wie sie in unser Frankfurter Leben hereinrage", Habens
denn auch gemacht, daß der Fasching gesellschaftlich so flau verfloß. Zu den alten
Gegensätzen sind immer neue getreten, haben sich ausgeglichene wieder erhoben,
und Jeder fühlt die tausend feinen Fesseln, welche nicht klirrend, aber zerrend
und umspinnend, ein freies Ausschreibe" für die eigene Partei, Idee, Sache eben
so ""möglich machen, wie einen offnen Kampf gegen die Feinde. Es ist wahr-
haft schmerzlich, wie seit den Iesnitenmissione" und dem Erstehen eines katholischen
Kirchenblattes nnter Herrn Beda Weber's Leitung, namentlich der confessionelle
Friede oder die confessionelle Neutralität getrübt ist. Die Stadt hatte sich den
Iesuitcumissioueu gegeuüber musterhaft, wenn auch natürlich kritisch verhalten.
Wir haben aber im Ganze" ""r etwa 7000 Katholiken gegen mehr als ii,000
Protestanten. Bloß den zelotischer Ausschreitungen der Herren Jesuiten, welche
gegen das Ende ihres missionarischen Wirkens hervortraten, antwortete evange¬
lische Wissenschaft und Ueberzeugung der Stadtgeistlichen. Schon hatte sich die
diesfällsige Aufregung gelegt, als Herr B. Weber von der Aufforderung zu Gaben
für den Bau einer besondern katholische" Kirche in Bockenheim (die Katholiken
haben in Frankfurt ehe" so viel Kirche", nämliche, wie die Protestanten, und
darunter den Dom) in seinein Kirchenblatte zu allerlei Angriffen gegen die evan¬
gelische Kirche und endlich zu einer gehässigen Denunziation gegen dieselben un-
glückliche" Madiai'sche" Eheleute vorschritt, sür welche das ganze protestantische Eu¬
ropa seine Stimme erhebt. Null wogt, a" diese Thatsachen gebunden, der con-
fessionelle Sturm von Neuem, und die confessionellen Gegensätze treten aber¬
mals schroffer in das Leben"). Sie sind von den politischen untrennbar, wie
diese von den handelspolitischen. Die osterr. Demonstration dnrch Ernennung



') Der "Frankfurter Vvltsboie" v. ^,1. Januar, No. et, bemerkt nnter Anderem: "die
Seelensischerei, die Convertirungssucht h.u die weiteste Ausbreitung gewonnen, und während
das hier erscheinende Katholische Kirchenblatt sich ohne Unterlaß beschwert, daß die Protestan¬
ten in diesem Bestreben vorausginge", -- wovon wir allerdings i" Frankfurt nichts bemerkt
haben. - können wir ans dem Made der sämmtlichen protestantischen Geistlichen vernehmen,
wie sie gewissermaßen in jeder Hütte den EutführungSversuchen von anderer Seite in den Weg
treten müssen."

beitrag für die größten gesellschaftliche» Annehmlichkeiten nicht zu theuer findet.
Ohne Unterschied des politische», religiöse» »ut finanzielle» Bekenntnisses sind
Großjährigkeit und Ehrenhaftigkeit die einzigen Vorbedingungen des Eintritts, wel¬
chen erst neuerdings eine Ballotage controlirt. Daß dieselbe zufällig einmal gegen
eine Persönlichkeit entschied, welche allerdings die Großjährigkeit bis zum Pensions-
alter überschritten hat, mag vielleicht die Veranlassung zu einem empörend calnm-
uiatorischeu Artikel über diese Gesellschaft im ultramontane» „Mainzer Journal"
gegeben haben, dessen Vaterstadt mit ihrer ttluxiliuim; ^mxllrlcm!^', freilich keines¬
wegs ohne Einfluß auf die ehrenhaften Beweggründe der Abstimmung geblieben
war, welche dem Aspiranten die Aufnahme versagte.

Die Weltverhältnisse, wie sie in unser Frankfurter Leben hereinrage», Habens
denn auch gemacht, daß der Fasching gesellschaftlich so flau verfloß. Zu den alten
Gegensätzen sind immer neue getreten, haben sich ausgeglichene wieder erhoben,
und Jeder fühlt die tausend feinen Fesseln, welche nicht klirrend, aber zerrend
und umspinnend, ein freies Ausschreibe» für die eigene Partei, Idee, Sache eben
so »»möglich machen, wie einen offnen Kampf gegen die Feinde. Es ist wahr-
haft schmerzlich, wie seit den Iesnitenmissione» und dem Erstehen eines katholischen
Kirchenblattes nnter Herrn Beda Weber's Leitung, namentlich der confessionelle
Friede oder die confessionelle Neutralität getrübt ist. Die Stadt hatte sich den
Iesuitcumissioueu gegeuüber musterhaft, wenn auch natürlich kritisch verhalten.
Wir haben aber im Ganze» »»r etwa 7000 Katholiken gegen mehr als ii,000
Protestanten. Bloß den zelotischer Ausschreitungen der Herren Jesuiten, welche
gegen das Ende ihres missionarischen Wirkens hervortraten, antwortete evange¬
lische Wissenschaft und Ueberzeugung der Stadtgeistlichen. Schon hatte sich die
diesfällsige Aufregung gelegt, als Herr B. Weber von der Aufforderung zu Gaben
für den Bau einer besondern katholische» Kirche in Bockenheim (die Katholiken
haben in Frankfurt ehe» so viel Kirche», nämliche, wie die Protestanten, und
darunter den Dom) in seinein Kirchenblatte zu allerlei Angriffen gegen die evan¬
gelische Kirche und endlich zu einer gehässigen Denunziation gegen dieselben un-
glückliche» Madiai'sche» Eheleute vorschritt, sür welche das ganze protestantische Eu¬
ropa seine Stimme erhebt. Null wogt, a» diese Thatsachen gebunden, der con-
fessionelle Sturm von Neuem, und die confessionellen Gegensätze treten aber¬
mals schroffer in das Leben"). Sie sind von den politischen untrennbar, wie
diese von den handelspolitischen. Die osterr. Demonstration dnrch Ernennung



') Der „Frankfurter Vvltsboie" v. ^,1. Januar, No. et, bemerkt nnter Anderem: „die
Seelensischerei, die Convertirungssucht h.u die weiteste Ausbreitung gewonnen, und während
das hier erscheinende Katholische Kirchenblatt sich ohne Unterlaß beschwert, daß die Protestan¬
ten in diesem Bestreben vorausginge», — wovon wir allerdings i» Frankfurt nichts bemerkt
haben. - können wir ans dem Made der sämmtlichen protestantischen Geistlichen vernehmen,
wie sie gewissermaßen in jeder Hütte den EutführungSversuchen von anderer Seite in den Weg
treten müssen."
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/302>, abgerufen am 21.06.2024.