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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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nette zurückkehrte. Verläßt die französische Occnpationsarmce den Kirchenstaat, so würde
höchstwahrscheinlich hald eine neue Revolution ausbrechen; Pius IX. würde wieder fliehen
müssen, und eine Republik und eine bewaffnete Einmischung würde abermals die unaus¬
bleibliche Folge sein.

Für diese Ansicht spricht die Verbreitung liberaler, und sogar revolutionairer Ideen
durch ganz Italien, und der unvertilgbare Haß der Italiener gegen jede fremde Herr¬
schaft. Ist diese Stimmung ein Uebel, so muß sie doch als vorhanden anerkannt werden,
und da sie ohne Heilmittel ist, muß man mit Rücksicht auf sie seine Maßregeln treffen.
Eine Aufhebung der weltlichen Herrschaft des Papstes ist dazu der einzige Weg, und
das hat auch Napoleon selbst erkannt, als er Italien zu einem Königreiche machte.
Will Ludwig Napoleon wirklich die Ideen seines Onkels ausführen, so muß er ihm
auch hierin folgen.

Daß der Präsident diesen Ansichten nicht fremd ist, hat sein Verhalten bei der
Expedition nach Rom gezeigt, wo er, im Widerspruch mit der Nationalversammlung,
das liberale Interesse vertrat. Möglich wäre es allerdings, daß dies auch ein. Zug
seiner sein angelegten Taktik, die Nationalversammlung vollständig in Mißcredit zu bringen,
war, aber man behauptet, daß der Präsident noch ganz neuerdings Versuche gemacht
habe, diese Ansichten zur Geltung zu bringen. Der neuliche Besuch des Fürsten von
Ccmino in Italien soll nicht ohne seine Kenntniß und ohne seine Billigung unternommen
worden sein. Jedenfalls ist der Fürst mit einem Paß des auswärtigen Ministeriums
gereist und wurde in Civita Vecchia als officielle Person empfangen. Wenn der Herr
von Rayncval Nichts that, um den Widerspruch des Papstes gegen einen Besuch des
Fürsten in Rom zu heben, so mögen die ultramontanen Tendenzen dieses Gesandten
daran schuld sei", die er aber-bei seiner gegenwärtigen Anwesenheit in Paris als nicht
mehr zeitgemäß corrigiren lassen dürste.

Demnach würde also auch der Abzug der französischen Armee aus Rom nicht als eine
wirkliche Concession gegen den Fürsten Schwarzenberg erscheinen, und sich mit Frank¬
reichs Interesse recht wohl vertragen. So stand denn Nichts dem vollkommenen Einver¬
ständnisse zwischen Frankreich und Oestreich entgegen, und die größte Harmonie herrschte
zwischen ihnen. Der Fürst glaubte auch die Zustimmung Rußlands zu seiner Politik
erlangen zu können, fand aber hier den entschiedensten Widerspruch. Seitdem wurde
sein Verhältniß zu dem Präsidenten etwas kälter, doch schmeichelte man sich in Paris
immer noch mit dem sichern Besitze seiner Freundschaft, als sein unerwarteter Tod das
Verhältniß ganz löste. Wie sich seitdem die Beziehungen zwischen dem Wiener Hose
und dem Cabinet des Elysvc gestaltet haben, wissen wir nicht zu sagen.


Das Maifest. Pariser Botschaft.

-- Der Moniteur hat Recht be¬
halten. Das Kaiserreich ist von den Prätoriancrn des Marsfcldcs noch nicht procla-
mirt worden, und der hohe Senat wird das Verdienst haben, Frankreichs von allen
officiellen Journalen wiederholt verlangte Wiedergeburt zu Stande zu bringen. Im
Gefühle der Negierung hat sich sowol die Armee, als auch die ungewöhnlich zahlreiche
Zuschauerschaft nur zu sehr an das Commnniauv des Moniteurs gehalten, denn ihre
Haltung war eine ziemlich nüchterne. Louis Bonaparte wurde mit sehr ehrfurchtsvoller
Stille von seinen allcrgctrcucstcn Unterthanen en Ilordo empfangen, und selbst dem
Commando der ins Kchcimnisi gezogenen Officiere wurde nicht mit jener begeisterten


nette zurückkehrte. Verläßt die französische Occnpationsarmce den Kirchenstaat, so würde
höchstwahrscheinlich hald eine neue Revolution ausbrechen; Pius IX. würde wieder fliehen
müssen, und eine Republik und eine bewaffnete Einmischung würde abermals die unaus¬
bleibliche Folge sein.

Für diese Ansicht spricht die Verbreitung liberaler, und sogar revolutionairer Ideen
durch ganz Italien, und der unvertilgbare Haß der Italiener gegen jede fremde Herr¬
schaft. Ist diese Stimmung ein Uebel, so muß sie doch als vorhanden anerkannt werden,
und da sie ohne Heilmittel ist, muß man mit Rücksicht auf sie seine Maßregeln treffen.
Eine Aufhebung der weltlichen Herrschaft des Papstes ist dazu der einzige Weg, und
das hat auch Napoleon selbst erkannt, als er Italien zu einem Königreiche machte.
Will Ludwig Napoleon wirklich die Ideen seines Onkels ausführen, so muß er ihm
auch hierin folgen.

Daß der Präsident diesen Ansichten nicht fremd ist, hat sein Verhalten bei der
Expedition nach Rom gezeigt, wo er, im Widerspruch mit der Nationalversammlung,
das liberale Interesse vertrat. Möglich wäre es allerdings, daß dies auch ein. Zug
seiner sein angelegten Taktik, die Nationalversammlung vollständig in Mißcredit zu bringen,
war, aber man behauptet, daß der Präsident noch ganz neuerdings Versuche gemacht
habe, diese Ansichten zur Geltung zu bringen. Der neuliche Besuch des Fürsten von
Ccmino in Italien soll nicht ohne seine Kenntniß und ohne seine Billigung unternommen
worden sein. Jedenfalls ist der Fürst mit einem Paß des auswärtigen Ministeriums
gereist und wurde in Civita Vecchia als officielle Person empfangen. Wenn der Herr
von Rayncval Nichts that, um den Widerspruch des Papstes gegen einen Besuch des
Fürsten in Rom zu heben, so mögen die ultramontanen Tendenzen dieses Gesandten
daran schuld sei», die er aber-bei seiner gegenwärtigen Anwesenheit in Paris als nicht
mehr zeitgemäß corrigiren lassen dürste.

Demnach würde also auch der Abzug der französischen Armee aus Rom nicht als eine
wirkliche Concession gegen den Fürsten Schwarzenberg erscheinen, und sich mit Frank¬
reichs Interesse recht wohl vertragen. So stand denn Nichts dem vollkommenen Einver¬
ständnisse zwischen Frankreich und Oestreich entgegen, und die größte Harmonie herrschte
zwischen ihnen. Der Fürst glaubte auch die Zustimmung Rußlands zu seiner Politik
erlangen zu können, fand aber hier den entschiedensten Widerspruch. Seitdem wurde
sein Verhältniß zu dem Präsidenten etwas kälter, doch schmeichelte man sich in Paris
immer noch mit dem sichern Besitze seiner Freundschaft, als sein unerwarteter Tod das
Verhältniß ganz löste. Wie sich seitdem die Beziehungen zwischen dem Wiener Hose
und dem Cabinet des Elysvc gestaltet haben, wissen wir nicht zu sagen.


Das Maifest. Pariser Botschaft.

— Der Moniteur hat Recht be¬
halten. Das Kaiserreich ist von den Prätoriancrn des Marsfcldcs noch nicht procla-
mirt worden, und der hohe Senat wird das Verdienst haben, Frankreichs von allen
officiellen Journalen wiederholt verlangte Wiedergeburt zu Stande zu bringen. Im
Gefühle der Negierung hat sich sowol die Armee, als auch die ungewöhnlich zahlreiche
Zuschauerschaft nur zu sehr an das Commnniauv des Moniteurs gehalten, denn ihre
Haltung war eine ziemlich nüchterne. Louis Bonaparte wurde mit sehr ehrfurchtsvoller
Stille von seinen allcrgctrcucstcn Unterthanen en Ilordo empfangen, und selbst dem
Commando der ins Kchcimnisi gezogenen Officiere wurde nicht mit jener begeisterten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/364>, abgerufen am 05.12.2024.